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Politik

Scholz spricht mit saudischem Kronprinzen über "alle Fragen"

24. September 2022

Der Bundeskanzler braucht Energie, der saudische Kronprinz Reputation - Mohammed bin Salman ist nach einem schrecklichen Verbrechen endgültig auf der Weltbühne zurück.

Saudi-Arabien | Bundeskanzler Olaf Scholz und Mohammed bin Salman
Kräftiger Handschlag: Gast und Gastgeber proben die neue NormalitätBild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Bei seinem Treffen mit dem saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman in Dschidda hat Bundeskanzler Olaf Scholz nach eigener Darstellung auch den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi erwähnt. "Wir haben alle Fragen besprochen, die sich um Fragen von Bürger- und Menschenrechten drehen", sagte der SPD-Politiker nach der Begegnung auf eine Reporterfrage. "Das gehört sich so. Und Sie können davon ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist." Auch die Meinungsfreiheit sei Thema der Unterredung gewesen. Details nannte Scholz jedoch nicht.

Der Kronprinz wird vom US-Geheimdienst für die brutale Tötung des saudischen Regierungskritikers im Generalkonsulat des Landes in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht. Der Thronfolger bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein. Der Mord hatte zu einer internationalen Isolierung Mohammed bin Salmans geführt und die deutsch-saudischen Beziehungen stark abkühlen lassen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs indes ist die Golfmonarchie im Westen angesichts wegfallender russischer Öl- und Gaslieferungen zu neuer Wertschätzung gelangt.

Airbus, Thyssenkrupp, Siemens Energy ...

Scholz, der von einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, plant mit Saudi-Arabien eine enge Energiepartnerschaft. Diese soll sich nicht nur auf fossile Rohstoffe, sondern auch auf Wasserstoff und erneuerbare Energien erstrecken, wie der Kanzler nach dem Empfang im königlichen Palast des Friedens ausführte. Die Begegnung mit dem Kronprinzen hatte mit einem kräftigen Handschlag begonnen, der als symbolisches Zeichen für die Normalisierung der Beziehungen stand.

Scholz sucht am Golf die Spur zwischen dem neuen Energiehunger Europas und den Mahnungen von MenschenrechtlernBild: ANDREAS RINKE/REUTERS

Der Frage, ob Mohammed bin Salman eine Lockerung der deutschen Rüstungsexportregelungen von ihm verlangt habe, wich Scholz aus. "Alle wissen, dass wir hier eine sehr strikte Politik verfolgen. Und entlang dieser Regeln ist es in den letzten Jahren ja auch zu Entscheidungen gekommen, die gut abgewogen waren. Und wir werden weiter gut abgewogene Entscheidungen treffen", sagte er.

Big Five mal zwei

Das Königreich zählt nach Recherchen des Friedensforschungsinstituts SIPRI zu den fünf größten Rüstungsimporteuren weltweit, Deutschland wiederum gehört zu den fünf größten Exporteuren. Unter der Ampel-Regierung ist aber keine einzige Ausfuhr an die Saudis mehr genehmigt worden. Grund ist ein Rüstungsexportstopp, der wegen Riads Beteiligung am Krieg im Nachbarland Jemen und wegen des Khashoggi-Mordes bereits seit November 2018 gilt. Die rot-grün-gelbe Koalition machte auch von einer Ausnahmeregel für europäische Gemeinschaftsprojekte keinen Gebrauch mehr.

Ob unter dem Porträt von König Salman über den deutschen Rüstungsexportstopp gesprochen wurde, sagte Scholz nicht Bild: Saudi Press Agency /AP/picture alliance

Für die Vereinigten Arabischen Emirate, das nächste Reiseziel des deutschen Regierungschefs, werden in einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei zehn Genehmigungen im Wert von gut 219.000 Euro aufgeführt. Für das ebenfalls wegen seiner Menschenrechtslage vielfach kritisierte Katar - das Scholz danach besucht - gibt das Ressort des Grünen-Politikers Robert Habeck 46 Einzelgenehmigungen an. Der Gesamtwert der dorthin gelieferten Rüstungsgüter belief sich demnach auf 20,7 Millionen Euro.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen bezeichnete Scholz als "Handlungsreisenden" mit einer "schäbigen Doppelmoral". Zwar wolle die Bundesregierung kein Öl und Gas aus Russland mehr, doch setze sie nun "auf Energiedeals mit blutigen Diktaturen am Golf". Dagdelen fürchtet nach eigenen Worten, dass der Besuch in den drei Ländern "den Weg zu neuen Waffenlieferungen freizumachen droht".

jj/kle (dpa, afp, rtr)