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Mehr Schulden durch Sonderfonds

20. Oktober 2009

Milliardenschwere Haushaltslöcher stopfen und gleichzeitig Steuern senken ist schwierig. Union und FDP prüfen jetzt die Einrichtung eines Schattenetats. Die Opposition spricht von einem Haushaltstrick

Steffen Kampeter hält eine Rede (Foto: dpa)
Steffen Kampeter (CDU) will mehr "Transparenz" durch SchattenhaushaltBild: picture alliance/dpa

Die Union (CDU/CSU) und FDP prüfen in ihren Koalitionsverhandlungen die Einrichtung eines Sonderfonds. Im Gespräch sind offenbar 50 bis 60 Milliarden Euro. Mit einer solchen Regelung könnte das erwartete Minus in den Sozialkassen so ausgelagert werden, dass es nicht mehr in der Neuverschuldung des Bundes auftaucht. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Schattenhaushalt.

"Es geht nicht um Verschleierung", sagte CDU-Finanzexperte Steffen Kampeter am Dienstag (20.10.2009) in Berlin. Vielmehr solle transparent werden, welche Lasten die Finanzkrise den Sozialsystemen aufbürde. Eine endgültige Entscheidung darüber soll bis zum Wochenende fallen.

Die Neuverschuldung ist künftig laut Grundgesetz beschränktBild: dpa - Fotoreport

Verdeckte Neuverschuldung über Sonderfonds

Die so genannten Sonderfonds des Bundes dienen zur Finanzierung von besonderen Aufgaben. Es gibt dabei durchaus auch Sonderfonds, die mittels Bundeshaushalt finanziert werden. Beispielsweise das Sondervermögen zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, das durch die große Koalition geschaffen wurde.

Daneben gibt es aber auch Sonderfonds, die ihr Geld außerhalb des Bundesetats beziehen. Dazu zählt der "Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung", der zur Bankenrettung während der Finanzkrise eingerichtet wurde. Bei diesen Fonds werden Kredite "verdeckt" aufgenommen, sie werden also auf dem freien Kapitalmarkt beschafft. Zwar müssen alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushaltsplan aufgeführt werden, bei Sondervermögen reicht es aber aus, die Zuführung und Ablieferung zu vermerken. Bei der Berechnung des Staatsdefizits für den EU-Stabilitätspakt werden sie allerdings weiter berücksichtigt.

Die Kosten der Krise im Sozialsystem

Nach der im Juni beschlossenen Schuldenbremse im Grundgesetz muss der Bund eigentlich bis 2016 dafür sorgen, dass die Neuverschuldung maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt. Ohne Steuererhöhungen müssten alleine in den kommenden vier Jahren deshalb rund 30 Milliarden Euro gespart werden. Eine Erhöhung der Neuverschuldung des Bundes durch einen "verdeckten" Sonderfonds würde im Bundeshaushalt aber gar nicht auftauchen.

Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler - Sonderfonds tauchen darauf nicht aufBild: AP

Auch Sonderfonds sind nach dem neuen Grundgesetzartikel deshalb eigentlich verboten. Bis 2010 gilt aber eine Übergangsregelung. Ein ganz neuer Fonds ist nach Ansicht der Haushaltsexperten von Union und FDP vielleicht auch gar nicht notwendig, die künftige Bundesregierung könnte auf bestehende Sonderfonds zurückgreifen, beispielsweise auf den "Investions- und Tilgungsfonds", den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur Finanzierung des zweiten Konjunkturpaktes aufgelegt hat. Dort könnten nach Vorstellung von Union und FDP Ausgaben ausgelagert werden, die bisher nicht als Krisenkosten abgerechnet wurden, etwa Teile aus dem für 2010 erwarteten Defizit im Gesundheitswesen von 7,8 Milliarden Euro.

Steuersenkung durch Schattenhaushalt

Scharfe Kritik gegen diese Überlegungen kam von der Opposition. SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte, die versprochenen Steuersenkungen sollten damit auf Pump finanziert werden "und die daraus resultierenden Schulden werden in Schattenhaushalten versteckt". Linke-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch warnte die künftige Koalition vor Haushaltstricks, um "leere Wahlversprechen zu kaschieren".

Dietmar Bartsch sieht Sonderfonds als "Haushaltstrick"Bild: picture-alliance/dpa


Auch die CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Günther Oettinger und Jürgen Rüttgers, fürchten Finanzierungslücken durch allzu üppige Steursenkungen. Rüttgers sagte, er gehe nicht davon aus, dass die künftige Koalition die Schuldenbremse durch einen Schattenetat aushebeln will.

Am Mittwoch beginnen die Schlussberatungen über den Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP. Am Wochenende sollen die Verhandlungen dann abgeschlossen sein.

Autor: Martin Heidelberger (dpa, afp, ap)
Redaktion: Thomas Grimmer

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