Schulstart in Afghanistan: Millionen Mädchen ausgeschlossen
22. März 2025
In Afghanistan hat das neue Schuljahr begonnen. Doch eine immer größer werdende Gruppe hat seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban keinen Zugang mehr zu höherer Bildung: ältere Mädchen. Ab der siebten Klasse ist für sie Schluss - und das schon das vierte Jahr in Folge.
Laut UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, sind in dem Land 2,2 Millionen Mädchen von dem Schulverbot betroffen. Die Konsequenzen seien für die jungen Frauen und das ganze Land katastrophal, sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. Das Verbot habe negative Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, die Wirtschaft und die Zukunft der Nation.
In der Vergangenheit hatten die Taliban verkündet, Bildung für ältere Mädchen lediglich aussetzen zu wollen, bis nicht näher genannte Bedingungen dafür geschaffen seien. Bislang wurde in dieser Richtung allerdings nichts unternommen. Anfang dieses Jahres kritisierte der stellvertretende Außenminister der Taliban, Mohammad Abbas Staniksai, das Bildungsverbot als unislamisch.
Zerstörte Mädchenträume
Die 14-jährige Parwana aus der Stadt Herat wollte eigentlich Ärztin werden, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Nun könne sie seit zwei Jahren keine Schule mehr besuchen. "Ich bin sehr traurig, dass ich meinen Wunsch und den meiner Familie nicht erfüllen kann." Um sich von ihrer Einsamkeit und Trauer abzulenken, besuche sie einen Nähkurs.
Einige private Lehrinstitute bieten Mädchen und Frauen Kurse in einzelnen Fächern an, meistens in Fremdsprachen. Diese sind für viele ehemalige Schülerinnen und Studentinnen eine der letzten Möglichkeiten, zumindest im begrenzten Rahmen lernen zu können, sie ersetzen jedoch keine formale Schulbildung.
Kinderhilfswerk warnt vor katastrophalen Konsequenzen
"Wenn diesen fähigen, aufgeweckten jungen Mädchen weiterhin eine Ausbildung verweigert wird, dann werden die Auswirkungen über Generationen hinweg zu spüren sein", warnt die UNICEF-Exekutivdirektorin. "Je weniger Mädchen eine Ausbildung erhalten, desto höher ist ihr Risiko einer Kinderheirat - mit negativen Auswirkungen für ihr Wohlergehen und ihre Gesundheit", betont Russell.
"Zusätzlich wird das Land einen Mangel qualifizierter weiblicher Gesundheitsmitarbeiterinnen erfahren." Das gefährde wiederum Menschenleben, denn mit weniger Ärztinnen und Hebammen erhielten Mädchen sowie Frauen nicht die benötigte medizinische Behandlung und Unterstützung. "Wir schätzen, dass die Müttersterblichkeit um weitere 1600 Fälle und die Säuglingssterblichkeit um über 3500 Fälle steigen werden", so die Exekutivdirektorin. Trotz des Verbots habe UNICEF 445.000 Kindern durch gemeindebasiertes Lernen Zugang zu Bildung ermöglicht - 64 Prozent davon seien Mädchen.
AR/jj (dpa, epd, kna)