Sicherer als mit dem Tor-Browser surfen geht nicht. Aber autoritäre Regime steigern die Rechnerkapazitäten. So könnten sie Tors Zwiebel vielleicht irgendwann knacken. Der Browser schützt sich nun mit längeren Adressen.
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Menschen, die Wert auf einen hohen Schutz ihrer Privatsphäre legen oder aus politischen Gründen auf diesen Schutz angewiesen sind, können Webseiten mit Tor aufrufen, ohne dabei Spuren im Netz zu hinterlassen. Dafür benötigen Nutzerinnen und Nutzer einen Tor-Browser. Mit diesem wird ihr Internet-Verkehr automatisch über mehrere Tor-Server geleitet, die mit einer eigenen Verschlüsselung für Anonymisierung sorgen. Erst dann geht es zum eigentlichen Ziel: Dem Webserver, den sie besuchen wollen.
Diesen Vorgang nennt man Routing. Weil die Tor-Server ihre Verschlüsselung auf die Verschlüsselung der anderen Server legen, erinnert das ganze an Zwiebelschichten. Tor steht für "The Onion Routing" ― der Name ist Programm.
Tor ist vom Design her sicher geplant. Aus diesem Grund gab es auch kaum größere Sicherheitsvorfälle zu Lasten von Tor-Usern oder den Betreibern von Onion-Service Webseiten. Der Tor-Browser, der auf dem bekannten Firefox-Browser aufbaut, wird vom Tor-Projekt laufend weiterentwickelt und abgesichert.
China Internetzensur trifft Unternehmen
02:38
Auch die Deutsche Welle macht mit
Inhalteanbieter, die ihre Angebote direkt im Tor-Netzwerk anbieten möchten, betreiben dafür einen sogenannten Onion-Service. Das ist ein Webserver, der direkt an das Tor-Netzwerk angebunden ist. Diese Webseiten erkennt man an der Endung .onion. Sie sind nur über den Tor-Browser abrufbar.
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Auch die Deutsche Welle betreibt schon länger einen eigenen Onion-Service, und erleichtert damit Nutzern in aller Welt den anonymen Zugang zu freien Medien ― insbesondere den Menschen, die Repressionen wegen der Nutzung solcher freier Medien befürchten müssen. Auch für Journalisten kann Tor ein nützliches Werkzeug sein, etwa wenn sie nicht regulär recherchieren können, weil sie von staatlichen Akteuren und Geheimdiensten verfolgt werden. Das ist von entscheidender Bedeutung, weil schon die Angst vor Überwachung sonst schnell zur Selbstzensur führen kann.
Tor schützt nicht nur die Anonymität der Nutzer, sondern bietet ihnen auch in zensierten Märkten Wege hin zu freien Informationen.
So blockieren autoritäre Staaten oft Inhalte von internationalen Informationsanbietern, wie der DW, der BBC oder der New York Times. Mit Tor kann diese staatliche Zensur umgangen werden. Die bisherige Adresse der Deutschen Welle lautete: https://dwnewsvdyyiamwnp.onion Doch diese ändert sich jetzt.
Absicherung gegen Brute-Force-Angriffe
Wie man an der schlecht lesbaren und sehr langen Zeichenfolge der Onion-Service-Adressen schon erkennt, ist hier Kryptografie im Spiel. Tor hat kein zentrales Domain System, welches gut lesbare Webadressen wie z.B. dw.com auf IP-Adressen von Computern weiterleitet.
Die Adressvergabe erfolgt dezentral und besteht aus einem kryptografischen Schlüssel. Das macht sie besonders sicher. Ein Teil dieses Schlüssels ist die Onion-Service-Adresse.
Durch rohe Gewalt, auf englisch "brute force", können Angreifer einen solchen Schlüssel allerdings herausbekommen. Bisher nutzen sie diese Attacken meist zum Hacken von Passwörtern.
Je länger der Schlüssel bzw. das Passwort, desto schwieriger wird solch ein Angriff. Dafür braucht es dann sehr viel Rechenpower.
Stromfresser Bitcoin
01:35
This browser does not support the video element.
Bitcoin-Farmen als Code-Knacker?
Genau diese gigantische Rechenpower steht allerdings einigen autoritären Regimes mittlerweile zur Verfügung ― in Form von Bitcoin-Mining-Farmen. In den letzten Monaten ist die Rechenkapazität in Ländern wie China oder dem Iran sehr schnell gewachsen.
Das Tor-Projekt hat daraufhin beschlossen, nur noch Adressen mit einer Länge von 56 Zeichen zu unterstützen und dafür den "Onion v3-Standard" verabschiedet. Adressen in dem neuen Standard gelten nicht nur aufgrund der größeren Länge, sondern auch aufgrund weiterer moderner kryptografischer Funktionen für die nächsten Jahre als sicher.
Die neue Onion-Service-Adresse der DW lautet ab sofort:
Weil diese v3 Adressen sehr schwer zu lesen und zu merken sind, reicht im Tor-Browser auch die Eingabe der öffentlich bekannten Adressen aus, zum Beispiel dw.com. Der Tor-Browser bietet dann an, die komplizierte Tor Adresse einmalig und bei zukünftigen Seitenaufrufen automatisch zu nutzen.
Aber Vorsicht: Weil bei dieser Prozedur kurzzeitig das sichere Tor Netzwerk verlassen wird, sollten Nutzer, die das höchste Maß an Anonymität benötigen, ausschließlich die lange kryptografische v3 Tor Adresse verwenden!
Iranische Filmemacher: Erfolgreich trotz Zensur
Regisseure aus dem Iran unterliegen strengen staatlichen Auflagen. Dennoch gelingt es ihnen immer wieder, die Einschränkungen kreativ zu umgehen. Diese Filmemacher haben sich auch international einen Namen gemacht.
Bild: picture-alliance/dpa/Cannes Film Festival
Mohammad Rasoulof
Kurz nachdem der Regisseur mit "A Man of Integrity" 2017 einen Preis beim Filmfest Cannes gewonnen hatte, kehrte er in den Iran zurück. Die Behörden dort beschlagnahmten seinen Pass und untersagten ihm das Filmemachen. Im Juli 2019 wurde er zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt, die er noch nicht antreten musste. Und es gelang ihm, den Berlinale-Beitrag "Es gibt kein Böses" (Foto) zu drehen.
Bild: picture-alliance/dpa/Cosmopol
Abdolreza Kahani
Abdolreza Kahani wanderte 2015 nach Frankreich aus, nachdem drei seiner Filme in der Islamischen Republik verboten worden waren. Zudem war er daran gehindert worden, sie bei internationalen Festivals einzureichen. "Wir sind in die Zensur hineingeboren. Die Zensur betrifft nicht nur Literatur, Musik und Film. Die Zensur beginnt im Inneren des Hauses", sagte er jüngst in einem Interview.
Bild: picture-alliance/dpa/A. I. Bänsch
Kianoush Ayari
Im Iran kann es Jahre dauern, bis man eine Vorführgenehmigung erhält: Der Film "The Paternal House" von 2012 wurde erst im vergangenen Jahr gezeigt, nachdem Kianoush Ayari sich bereit erklärt hatte, Änderungen vorzunehmen. Nur eine Woche später wurde der Film wieder verboten. Daraufhin verurteilten 200 Filmschaffende in einem offenen Brief die staatliche Zensur und forderten Meinungsfreiheit.
Bild: Iranian Film Festival
Asghar Farhadi
Er ist einer der wenigen Regisseure, die zweimal den Oscar für den besten ausländischen Film gewonnen haben: 2012 für "Nader und Simin - Eine Trennung" und 2017 für "The Salesman" (Foto). Asghar Farhadi boykottierte die zweite Zeremonie, die kurz nach einem Dekret des US-Präsidenten Donald Trump stattfand, das Bürgern aus sieben muslimischen Ländern die Einreise in die USA verwehrte.
Bild: picture-alliance/dpa/Cannes Film Festival
Bahman Ghobadi
Der iranisch-kurdische Filmemacher Bahman Ghobadi führte Regie beim ersten kurdischsprachigen Spielfilm der Welt: "Zeit der trunkenen Pferde" (Foto) aus dem Jahr 2000. Nach seinem Film über die Underground-Musikszene in Teheran, "Perserkatzen kennt doch keiner" (2009), floh er aus dem Iran, da Geheimdienstagenten ihn bedroht hatten. Beide Filme wurden in Cannes ausgezeichnet.
Bild: Filmfest München 2016
Marjane Satrapi
Nachdem sie den Iran als junge Erwachsene endgültig verließ, musste sich die Autorin und Filmemacherin Marjane Satrapi nicht mehr mit den iranischen Behörden auseinandersetzen. Die Verfilmung ihres bekanntesten Comics "Persepolis" gewann 2007 den Preis der Jury in Cannes. Sie erzählt, wie schnell ein Teenager in Teheran in Schwierigkeiten mit der Polizei geraten kann.
Bild: picture-alliance/dpa/Prokino Filmverleih
Mohsen Makhmalbaf
"Reise nach Kandahar" von 2001 wurde kurz vor den Anschlägen vom 11. September veröffentlicht und erzählt vom Schicksal afghanischer Frauen während des Taliban-Regimes. Viele Filme Makhmalbafs sind im Iran verboten. Nachdem Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten gewählt wurde, zog er nach Frankreich. 2014 wurden die Filmfestspiele von Venedig mit seinem Film "The President" (Foto) eröffnet.
Bild: FILMFEST MÜNCHEN/20 Steps Production
Samira Makhmalbaf
Mohsen Makhmalbafs Tochter ist eine der einflussreichsten Regisseurinnen der iranischen Neuen Welle. "Der Apfel" war ihr erster Spielfilm und wurde 1998 beim Filmfestival in Cannes uraufgeführt. Sie drehte ihn mit 17 Jahren. Zwei Jahre später gewann sie mit "Schwarze Tafeln" (Foto) in Cannes den Preis der Jury. Später saß sie selbst in den Jurys der Filmfestivals von Cannes, Venedig und Berlin.
Bild: Imago Images/Mary Evans AF Archive Artificial Eye
Jafar Panahi
Jafar Panahi, der 1995 mit seinem Spielfilmdebüt "Der weiße Ballon" in Cannes ausgezeichnet wurde, erhielt trotz zunehmender Einschränkungen im Iran weiterhin internationale Anerkennung. Seit 2010 ist es ihm verboten, Filme zu drehen und das Land zu verlassen, aber es gelang ihm dennoch, heimlich weitere Filme zu inszenieren, darunter "Taxi Teheran" (2015) und "Drei Gesichter" (Foto) von 2018.
Bild: J. Panahi
Shirin Neshat
Ein Jahrzehnt nach dem Gewinn des internationalen Preises auf der Biennale von Venedig wurde ihr Spielfilmdebüt "Women Without Men" im Jahr 2009 bei den Filmfestspielen von Venedig ausgezeichnet. Heute lebt sie im Exil in New York. "Ich stehe dem Westen kritisch gegenüber, aber Künstlerinnen im Iran sind immer noch mit Zensur, Folter und manchmal auch mit der Hinrichtung konfrontiert", sagt sie.