Schwarz-rote Sondierung, die Dritte
17. Oktober 2013Dunkel-graue Regenwolken umhüllen das Regierungsviertel in Berlin, der kalte Nieselregen vertreibt die Touristen von den Straßen. Kein gemütliches Wetter also, wenn sich die Vertreter von Union und SPD am Donnerstagnachmittag (17.10.2013) zu ihrer dritten Sondierungsrunde treffen. Danach soll die Entscheidung fallen, ob sie offiziell Koalitionsgespräche eingehen. Die zweite Runde am Montag war stürmisch verlaufen, strittige Themen wie Steuererhöhungen und Mindestlohn nach Angaben von Teilnehmern zum Teil recht kontrovers diskutiert worden.
Doch trotz der trüben Vorzeichen: Nach dem Scheitern der parallelen Sondierungen zwischen Union und Grünen signalisiert CSU-Chef Horst Seehofer Kompromissbereitschaft. Er sei bereit, den von der SPD geforderten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro unter Auflagen zu akzeptieren, so der CSU-Politiker in einem am Zeitungsinterview. Allerdings dürfe es im Gegenzug keine Steuererhöhungen geben.
Er ist damit der erste führende Unionspolitiker, der vor dem Treffen ein Einschwenken beim Thema Mindestlohn andeutet. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warnte dahingegen in einem Zeitungsinterview vor einem zu frühen Entgegenkommen. "Die Koalitionsverhandlungen sind der Ort für notwendige Kompromisse und nicht die Sondierungsgespräche." Über eine konkrete Ausgestaltung des Mindestlohnes gebe es noch "erhebliche Differenzen." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Mittwoch gewarnt, dass zu hohe Mindestlöhne Arbeitsstellen vernichten könnten.
Mindestlohn zentrales Thema der SPD
Der einheitliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde war eines der Wahlkampfthemen der Sozialdemokraten und gilt als zentrale Bedingung der SPD für ein Bündnis. CSU-Chef Seehofer sagte, es sei offensichtlich, dass die SPD schon vor der offiziellen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen einen Erfolg brauche, den sie am Wochenende ihren Mitgliedern präsentieren könne. "Deshalb muss man nach einem Weg suchen, der die Einführung eines Mindestlohnes gewährleistet, aber nicht Arbeitsplätze kostet." Wenn das gewährleistet sei, könne er einem solchen Plan zustimmen.
Am Sonntag sollen SPD-Delegierte bei ihrem Parteikonvent entscheiden, ob Koalitionsverhandlungen über ein gemeinsames Regierungsprogramm aufgenommen werden sollen. Eine große Koalition erscheint nach dem Scheitern der schwarz-grünen Sondierungsgespräche am Dienstag als die derzeit wahrscheinlichste Regierungskonstellation. Allerdings ist die Parteibasis einem solchen Bündnis gegenüber skeptisch eingestellt. Führende SPD-Politiker haben immer wieder betont, dass es keinen "Automatismus" in Richtung große Koalition gebe.
Einlenken auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft?
Auch beim Thema Flüchtlingspolitik und doppelte Staatsbürgerschaft hat Zeitungsberichten zufolge CSU-Chef Seehofer ein Umdenken bei der Union in Aussicht gestellt. Teilnehmern zufolge habe er bei den Sondierungsgesprächen mit den Grünen "Gesprächsbereitschaft" seitens seiner Partei signalisiert. Nachdem CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich in der Sitzung Argumente gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vorgebracht hatte, die sowohl SPD als auch Grüne fordern, habe Seehofer nach Angaben von Teilnehmern erklärt: "Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe hier meine Gesprächsbereitschaft namens der gesamten CSU mitgeteilt." Die doppelte Staatsbürgerschaft gilt derzeit nur für EU-Bürger sowie ausgewählte Staaten, wie etwa die USA. In der Flüchtlingspolitik habe sich der CSU-Chef zudem kritisch zu Massenunterkünften und der Fixierung der Politik auf Sachleistungen für Asylbewerber geäußert.
Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, zeigte sich indes offen für ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis. Wenn die Union der SPD in Fragen wie Rente und Neuordnung des Arbeitsmarktes nicht entgegenkommen könne, so Barth in einem am Donnerstag erschienenen Zeitungsinterview, "muss in der Partei über alle möglichen Konstellationen nachgedacht werden. Dazu zählen auch Sondierungen mit Grünen und Linken." Führende SPD-Politiker hatten sich bisher kategorisch gegen ein Bündnis mit der Linkspartei ausgesprochen.