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Homestory Deutschland

Helen Whittle13. November 2012

Seit Jahrhunderten leben schwarze Menschen in Deutschland. Die Ausstellung "Homestory Deutschland" - derzeit zu sehen in Köln - verleiht den Afrikanern, Afro-Amerikanern und Afro-Deutschen eine Stimme.

Ausstellung Homestory Deutschland. Eine junge Frau zeigt auf eines der Porträts. Foto: ISD Bund
Bild: ISD-Bund

Oktoberfest, Holocaust, Berliner Mauer. Viele Menschen im Ausland haben direkt diese Begriffe vor Augen, wenn man sie fragt, was ihnen zu Deutschland einfällt. Doch diese Schlagworte reflektieren natürlich nicht die ganze Realität eines Landes, in dem bereits ein Fünftel der Einwohner ausländische Wurzeln hat. Und viele davon haben afrikanische oder afro-amerikanische Vorfahren. Stolz nennen sie sich selbst "Schwarze Deutsche". Ihnen ist nun eine Ausstellung in Köln gewidmet: "Homestory Deutschland: Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart". Erzählt wird ihre Geschichte der vergangenen drei Jahrhunderte.

Die Ausstellung will vor allem deutlich machen, dass schwarze Menschen nicht nur hier leben, sondern dass sie auch Deutsche sind. "Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit", sagt Jonas Behre, Vorsitzender der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD). "Ist es aber nicht und das obwohl schwarze Menschen seit sehr langer Zeit in Deutschland leben. Das macht sich bemerkbar in alltäglicher Diskriminierung und alltäglicher Ausgrenzung." Behre wurde in Eritrea geboren, hat aber praktisch sein gesamtes Leben in Deutschland verbracht.

Wall of Fame

Das Herzstück der Ausstellung ist die "Wall of Fame", die die Lebensgeschichten von 27 Schwarzen, die in den vergangenen 300 Jahren in Deutschland gelebt haben, in den Fokus rückt. Es werden aber nicht nur berühmte Schwarze vorgestellt, sondern auch unbekannte Persönlichkeiten. So sollen Vorurteile beseitigt werden.

So lernt man in der Ausstellung Henriette Alexander kennen, die Anfang des 19. Jahrhunderts aus einer der damals deutschen Kolonien nach Deutschland kam. Im Alter von acht Jahren wurde sie in ein Armenhaus gesteckt, ohne Hoffnung auf Schule oder gar eine Ausbildung.

Die Geschichte der Henriette Alexander, danaben ein Porträt der Aktivistin May AyimBild: DW/N.Schwarzbeck

Bei einer Stuttgarter Familie bekam sie später Arbeit als Kindermädchen. Eines Tages, als sie mit den Kindern spazieren ging, kam sie mit einer Frau auf der Straße ins Gespräch, gab ihr schließlich ihre Adresse. Am nächsten Tag tauchte diese Frau an der Haustür auf und bot an, Henrietta bei sich aufzunehmen. Das neue "Zuhause" war allerdings ein Zirkus, in dem Henrietta zwei Jahre lang gezwungen wurde, als "afrikanische Sensation" aufzutreten.

Das Recht, in Deutschland zu leben

In einer anderen Biografie wird der afro-deutsche Schauspieler, Journalist und Aktivist Theodor Wonja Michael vorgestellt, der 1925 in Hamburg geboren wurde. Sein Vater zog 1904 von Kamerun nach Deutschland. Michael wäre gerne Archäologe oder Völkerkundler geworden, aber aufgrund seiner Hautfarbe wurde ihm eine höhere Ausbildung verwehrt.

Theodor Wonja MichaelBild: ISD-Bund

Als junger Mann standen ihm nur wenige Berufswege offen. So wirkte er als Schauspieler in Kolonialfilmen wie "Völkerschauen", sowie ethnologischen Ausstellungen oder "menschlichen Zoos" mit, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Deutschland populär waren. Nach Kriegsende hatte Michael große Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden. Schließlich wurde er Theaterschauspieler. "Afro-deutsch bedeutet, dass man zwei Hintergründe hat, nämlich einen deutschen und einen afrikanischen," sagte Michael. Inzwischen sieht er in seiner afro-deutschen Identität sogar einen Vorteil, weil er Einblick in zwei Kulturen habe.

Mehr als nur eine Ausstellung

"Homestory Deutschland" war in den vergangenen sechs Jahren bereits in verschiedenen afrikanischen Ländern zu sehen, darunter im Senegal, Malawi, Südafrika und Uganda. Nun macht die Ausstellung zum ersten Mal in Deutschland Station. Sie wurde organisiert von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland mit Unterstützung des Bundesinstituts für Politische Bildung und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).

Mitglieder ethnischer Minderheiten kämpfen bereits seit geraumer Zeit darum, als Teil der deutschen Gesellschaft akzeptiert zu werden: als deutsche Bürger. Als die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes während der Eröffnungsrede der Ausstellung betonte, wie wichtig es sei, dass sich Einwanderer in die deutsche Gesellschaft integrieren, verursachten diese Bemerkungen ebenfalls eine heiße Debatte.

Ein Blick auf die eigenen Wurzeln in Deutschland. Seit Jahren ist die Wanderausstellung gut besuchtBild: DW/N.Schwarzbeck

Homestory Deutschland soll eben nicht "die Anderen" darstellen - sondern schwarze Deutsche, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Menschen, die den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben und sich selbst als Deutsche begreifen. "Ich halte gar nichts von der Integrationsdebatte. Es geht nicht um Integration, sondern um Gleichberechtigung für alle," sagte Behre.

Homestory Deutschland läuft noch bis zum 25. November 2012 in der Alten Feuerwache in Köln. Danach wandert die Ausstellung nach Nürnberg (Januar-Februar 2013), anschließend nach Hamburg (März 2013).

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