In "normalen" Jahren nehmen an der Prozession in Manila zu Ehren der Jesus-Statue rund drei Millionen Philippiner teil. Dieses Jahr war sie abgesagt worden. Es kamen dennoch mehr als genug.
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Hunderttausende Philippiner haben zum Fest des "Schwarzen Nazareners" die Verbote von Kirchen und Behörden missachtet. Trotz der Corona-Pandemie strömten sie zur berühmten schwarzen Jesus-Statue in der Kirche in Manilas Stadtteil Quiapo. Fotos und Videos auf den Webseiten philippinischer Medien zeigten lange Schlangen von Gläubigen.
Massiver Anstieg von Corona-Fällen befürchtet
Experten befürchten in der Folge einen massiven Anstieg der COVID-19-Fälle in Manila. "Wir werden wirklich ein Wunder brauchen, um ein Superspreader-Ereignis zu stoppen", sagte ein Experte des Gesundheitsministeriums dem Nachrichtenportal PhilStar. Die Philippinen sind nach Indonesien das am zweitstärksten von Corona betroffene Land Südostasiens.
Die Stadtverwaltung von Manila und die Erzdiözese Manila hatten die jährlich am 9. Januar stattfindende Prozession mit der Statue des Schwarzen Nazareners in diesem Jahr wegen der Corona-Krise abgesagt. Trotz des Verbots waren nach Schätzungen der Polizei bereits am Morgen 400.000 Menschen nach Quiapo gekommen. Diese Zahl könnte bis zum Ende des Tages auf eine Million ansteigen, wird ein Polizeisprecher zitiert.
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15 Messen, 6000 Polizeibeamte
Neben der Absage der Prozession hatte die Erzdiözese Manila zudem die Zahl der Gottesdienste in der Quiapo-Basilika auf 15 Messen mit je maximal 400 Menschen beschränkt. Mehr als 6000 Polizeibeamte versuchten, im Bereich der Gotteshauses Corona-gemäße Abstandsregeln durchzusetzen, hatten dabei aber nicht immer Erfolg.
Mit gewöhnlich bis zu drei Millionen Teilnehmern ist die Prozession des "Schwarzen Nazareners" eines der populärsten religiösen Feste der mehrheitlich katholischen Philippinen. Im vergangenen Jahr nahmen nach Angaben der Polizei sogar 3,3 Millionen Menschen teil. Mit einer Dauer von 16 Stunden und 26 Minuten für den rund sechs Kilometer langen Weg stellte diese Prozession auch einen neuen Streckenrekord auf. Gewöhnlich dauerte die Prozession in den Jahren zuvor zwischen 20 und 22 Stunden.
Die Jahrhunderte alte schwarze Statue von Jesus Christus gilt neben der Santo Nino genannten Figur des Jesuskinds in der Basilica del Santo Nino in Cebu als größtes Heiligtum der philippinischen Katholiken. Die Gläubigen schreiben dem "Schwarzen Nazarener" wundertätige Kräfte zu. Die vermutlich von einem aztekischen Künstler in Mexiko angefertigte lebensgroße Statue wurde 1606 von spanischen Missionaren auf die Philippinen gebracht.
Philippiner huldigen "Schwarzem Nazarener"
Die Jahrhunderte alte Jesus-Statue hat schon ein Feuer und andere Katastrophen überstanden. Deshalb werden ihr heilende Kräfte nachgesagt. Um davon etwas abzubekommmen, nehmen Millionen Gläubige an der Prozession teil.
Bild: Getty Images/AFP/T. Aljibe
Manila im Ausnahmezustand
Der 9. Januar ist ein hoher kirchlicher Feiertag in Manila. Millionen Menschen aus Stadt und Umland kommen jedes Jahr, um an der traditionellen Prozession teilzunehmen. In diesem Jahr sprechen die Behörden von rund 1,5 Millionen Teilnehmern. 7000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz.
Bild: Getty Images/AFP/N. Celis
Hart im Nehmen
Spanische Mönche sollen die hölzerne Figur 1606 von Mexiko auf die Philippinen gebracht haben. Angeblich brach auf dem Schiff ein Feuer aus, das die Figur schwärzte, aber nicht weiter beschädigte. Auch weitere Brände und die Bombardierung Manilas im Zweiten Weltkrieg überstand die Figur ohne größere Blessuren.
Bild: Reuters/E. Lopez
Heilende Holzfigur
Weil bislang keine Katastrophe dem Nazarener etwas anhaben konnte, glauben viele philippinische Christen, dass sie besondere Kräfte hat. Von einer Berührung bei der Prozession erhoffen sie sich eine heilende Wirkung. Eine andere Methode ist, den Trägern der Statue ein Tuch zuzuwerfen, das diese dann an der Statue reiben und somit mit heilenden Kräften aufladen sollen.
Bild: Getty Images/AFP/T. Aljibe
Pilgermagnet
Nicht die Heilung des Nazareners, sondern die des Roten Kreuzes müssen viele Gläubige in Anspruch nehmen: Fußverletzungen, Knochenbrüche, Ohnmacht und Atemnot sind häufige Begleiterscheinungen des Gedränges. In diesem Jahr mussten schon in den ersten Stunden mindestens 450 Menschen mit Schwächeanfällen behandelt werden. Immer wieder kommt es auch zu Todesfällen.
Bild: Reuters/S. Zeya Tun
Ansturm auf den Nazarener
Im Laufe der Festwoche, die mit der Prozession des Schwarzen Nazareners endet, rechneten Kirche und Regierung in diesem Jahr mit bis zu 18 Millionen Menschen. Der Termin ist damit zahlenmäßig der Höhepunkt im philippinischen Veranstaltungskalender. Weitere religiöse Massenveranstaltungen sind das Sinulog-Festival zu Ehren des Jesuskindes Ende Januar und die Karwoche.
Bild: Reuters/E. Lopez
Gold und Purpur
Die Jesusfigur ist in einen purpurroten Umhang mit goldenen Verzierungen gehüllt. Diese Farben bestimmen deshalb auch die Kleidung der Gläubigen. Die Figur wird mehrmals im Jahr auf Prozessionen durch die Straßen gezogen. Aus Sicherheitsgründen und um dem Ansturm der Gläubigen standzuhalten, wird oft eine Kopie verwendet.
Bild: Getty Images/AFP/T. Aljibe
Kreuzgang
Die Prozession, die an der Basilika im Stadtteil Quiapo beginnt und endet, soll an die "Translacion" erinnern. Damit ist die Reise gemeint, die der Schwarze Nazarener bereits hinter sich gebracht hat, als er 1787 in die Basilika in Quiapo überstellt wurde. Wegen des großen Andrangs dauert die Prozession bis zu 20 Stunden.
Bild: Getty Images/AFP/T. Aljibe
Warten auf die Ankunft des Herrn
Bereits in der Nacht vor der Prozession kampierten Gläubige im Viertel Quiapo, wo die Jesusfigur aufbewahrt wird. Wer während des Umzugs keinen Blick auf die Statue erhascht, kann auch von zu Hause zuschauen: Die Veranstaltung wird über Fernsehen und Internet live übertragen.
Bild: Reuters/S. Zeya Tun
Nachwuchs-Nazarener
Bereits zwei Tage vor der Prozession wurden Nachbildungen des Schwarzen Nazareners gesegnet. Vielen Philippinern geht es bei der Verehrung der Figur nicht in erster Linie um Buße, sondern um Dankbarkeit. Die Philippinen sind das einzige südostasiatische Land mit christlicher Mehrheit: Rund 80 Prozent der gut 102 Millionen Einwohner sind römisch-katholisch.