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Politik

Schwedendemokraten punkten auf dem Land

Richard Orange ie
21. Dezember 2018

Die südschwedische Provinz Skane ist zur Hochburg der geächteten Rechtspopulisten geworden. Was passiert in Kommunen, in denen die Partei Bürgermeisterämter errungen hat? Eine Reportage von Richard Orange.

Schwedische Rechtspartei dominiert auf dem Land
Cecilia Bladh in Zito von den Schwedendemokraten ist neue Bürgermeisterin der Gemeinde HörbyBild: DW/R. Orange

Als die Ratsversammlung vorbei ist, umarmt die neue Bürgermeisterin herzlich ihre Parteikollegen, dann läuft sie zu ihrem italienischen Ehemann hinüber und küsst ihn mit den Worten "Amore mio". Cecilia Bladh in Zito von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ist gerade zur Bürgermeisterin der Kleinstadt Hörby in der südlichen Provinz Skane ernannt worden. Am selben Tag wird in Solvesborg in der benachbarten Provinz Blekinge Louise Erixon, die Partnerin des Parteivorsitzenden Jimmie Akesson, ins Amt gewählt. Und letzten Monat ist auch in Bromölla in Skane ein Schwedendemokrat Bürgermeister geworden.

Die drei Bürgermeisterämter in der Hand der Schwedendemokraten geben der rechtspopulistischen Partei zum ersten Mal seit ihrer Gründung vor 30 Jahren ein kleines bisschen Regierungsmacht. Der Deutschen Welle sagt die 43-jährige Bladh in Zito: "Das ist für uns das erste Mal. Wir stehen jetzt im Rampenlicht: Die Medien beobachten uns und die Wähler fragen sich natürlich: 'Werden die Schwedendemokraten ihrer Verantwortung gerecht werden?'"

Bei der schwedischen Parlamentswahl im September war eines der auffälligsten Bilder die Landkarte von Skane, die sich fast komplett gelb einfärbte, mit der Farbe der Schwedendemokraten also.

Keine Skrupel auf kommunaler Ebene

Auf nationaler Ebene haben Schwedens Mitte-Rechts-Parteien sich wegen der Neonazi-Wurzeln der Schwedendemokraten geweigert, mit ihnen zusammenzuarbeiten. In der Lokalpolitik allerdings bestehen anscheinend weniger Skrupel. So hat sich die "Moderate Sammlungspartei", um an die Macht zu kommen oder sich an der Macht zu halten, in acht Gemeinden mit den Rechtspopulisten zusammengetan. Im Gegenzug half sie den Schwedendemokraten, in drei weiteren Gemeinden in die Rathäuser einzuziehen. 

Im landwirtschaftlich geprägten Hörby könnte man den 60-jährige Farid Sharafuddin als eines der ersten Opfer des Erfolgs der Rechten bezeichnen. Denn die Schwedendemokraten haben ein Budget beschlossen, das die Mittel für "Muttersprachen-Lehrer" wie ihn um die Hälfte kürzt. Und Kollegen ohne spezielle Lehrerqualifikation sollen gekündigt werden.

Farid Sharafuddin und seine Kollegen fürchten um ihre Jobs als MuttersprachlehrerBild: DW/R. Orange

Bei einem Treffen vor der Georgshill-Schule, wo Sharafuddin gerade afghanische Flüchtlingskinder in ihrer Sprache Dari unterrichtet hat, erzählt er, viele seiner Kollegen hätten um ihren Lebensunterhalt gefürchtet, als sie von den Plänen hörten. "Vor allem die mit befristeten Verträgen haben sich Sorgen gemacht: 'Werden wir nach Weihnachten wohl noch einen Job haben?' Aber auch die anderen haben überlegt, sich anderswo umzuschauen."

Doch Sharafuddin, selbst ein ehemaliger Politiker, habe seinen Kollegen erklärt, dass die Pläne der Populisten nicht umsetzbar seien. Er ist überzeugt: "Im Gesetz steht, dass sie das nicht tun können." Schwedens Schulgesetz schreibe vor, dass Gemeinden einen muttersprachlichen Lehrer zur Verfügung stellen müssten, sobald es mehr als fünf Kinder dieser Sprache gebe, erklärt Sharafuddin. Anders als bei anderen Fächern müssten die Lehrer zudem nicht qualifiziert sein. 

Unterstützung trotz Skandalen hoch

Die Pläne bezüglich Muttersprachen-Lehrern waren nicht der erste Ärger, für den die Schwedendemokraten auf kommunaler Ebene gesorgt haben. Im Oktober sah sich Stefan Borg gezwungen, seine Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters von Hörby zurückzuziehen. Grund waren Vorwürfe, dass er früher eine Reihe rassistischer und homophober Kommentare auf Facebook gemacht habe.

Trotzdem haben auch danach noch 35 Prozent der Wähler in Hörby die Schwedendemokraten gewählt, viele glauben, sie würden durchgreifen und könnten in der Innenstadt so für mehr Ordnung sorgen. Bladh in Zito, die nach Borgs Rückzug dessen Kandidatur übernahm, erzählt, die City von Hörby sei so unsicher geworden, dass sie sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr alleine raustraue.

Gefährlich? Die Innenstadt von HörbyBild: DW/R. Orange

In einer Konditorei erklärt eine Mitarbeiterin, während sie Kaffee einschenkt und Safranbrötchen serviert: "Wir hoffen, dass die Dinge sich jetzt zum Besseren wenden. Es war zuletzt recht unschön hier im Ort."

"Schande für Hörby"

Zurück auf der Ratsversammlung, zeigt sich der langjährige Sozialdemokrat Tommy Hall, der 46 Jahre im Stadtrat von Hörby saß, unzufrieden mit der Art der Schwedendemokraten, Dinge anzugehen. "So geht das nicht", erklärt er schroff und starrt durch den Raum hinüber zu den Rechtspopulisten. Denn sie wollen einen ihrer christdemokratischen Förderer zum Vorsitzenden des Bilanzausschusses des Stadtrats machen. "Natürlich muss die größte Oppositionspartei den Bilanzausschuss leiten, nur so ist eine richtige Kontrolle möglich", beschwert sich Hall. Bladh in Zito ist indessen nicht überrascht über den Widerwillen der Sozialdemokraten: "Sie haben die Gemeinde einmal regiert, nun sind sie in der Opposition und haben nur noch wenig Befugnisse. Ich verstehe ihre Frustration."

Die ehemalige sozialdemokratische Bürgermeisterin, Susanne Meijer, sagt, sie fürchte sich vor dem, was die Schwedendemokraten in Hörby anrichten könnten. "Sie haben viele Änderungsvorschläge gemacht, wollen etwa Asylbewerber in Wohnwagen unterbringen oder das Betteln auf der Straße verbieten. Das könnten sie nun alles durchkriegen. Es wäre eine echte Schande für Hörby." Meijer hat dazu aufgerufen, das Weihnachtsessen des Stadtrats zu boykottieren. "Es fühlt sich nicht gut an, zusammen mit denen an einem Tisch zu sitzen. Ihr Verständnis von Menschlichkeit ist einfach schrecklich."

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