Schwedischer Journalist in Türkei verurteilt
1. Mai 2025
Wegen des angeblichen Vorwurfs der Beleidigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist ein schwedischer Journalist in Ankara zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Kaj Joakim Medin war Ende März bei seiner Ankunft am Istanbuler Flughafen festgenommen worden, nachdem er zur Berichterstattung über die jüngsten regierungskritischen Massenproteste in der Türkei gereist war
Wegen eines weiteren Verfahrens im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen sei der schwedische Reporter nicht entlassen worden, sondern weiterhin in Untersuchungshaft, teilte die Anwaltsvereinigung MLSA mit. Der Journalist weist in beiden Fällen die Vorwürfe zurück. Der Vorwurf der Präsidentenbeleidigung soll unter anderem im Zusammenhang mit einer Demonstration 2023 in Stockholm stehen, bei der ein Bildnis von Recep Tayyip Erdogan an der Außenseite des Rathauses aufgehängt worden war.
Bin nicht dabei gewesen, versichert Medin vor Gericht
Medin, der für die schwedische Tageszeitung "Dagens ETC" arbeitet, sagte bei Gericht aus, nie an dem Protest teilgenommen zu haben und zum Zeitpunkt der Kundgebung im Ausland gewesen zu sein. Fotos, mit denen einige seiner journalistischen Texte bebildert worden waren und die ihm in dem Verfahren zur Last gelegt wurden, habe er nicht selbst ausgewählt. "Meine Absicht war nie, Präsident Erdogan zu beleidigen", zitierte ihn MLSA.
Medin wird Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Organisation vorgeworfen, wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. Demnach soll der Schwede in den sozialen Medien "Propaganda" für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verbreitet haben. Die Behörden beriefen sich laut Anadolu auch auf Medins Berichterstattung aus Syrien, dem Irak und dem Südosten der Türkei zwischen 2014 und 2017.
Ein Prozesstermin in diesem Fall steht noch nicht fest. Im Falle einer Verurteilung wegen Terror-Unterstützung drohen dem Reporter bis zu neun Jahre Gefängnis.
Ähnlichkeiten mit dem Fall Yücel
Die Inhaftierung des schwedischen Journalisten weckt Erinnerungen an den Fall des deutschen Journalisten Deniz Yücel, der 2017 während seiner Tätigkeit als Auslandskorrespondent der Tageszeitung "Die Welt" festgenommen worden war und monatelang im Gefängnis saß. Yücel war nach seiner Rückkehr nach Deutschland 2020 in der Türkei in Abwesenheit wegen des Vorwurfs der "Terrorpropaganda" verurteilt worden. Die juristische Verfolgung des Journalisten hatte zu erheblichen diplomatischen Spannungen zwischen Berlin und Ankara geführt.
Die türkisch-schwedischen Beziehungen waren zuletzt erheblich belastet, weil die Türkei den 2024 erfolgten Beitritt Stockholms zur NATO lange Zeit blockiert hatte.
haz/se (dpa, afp)