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Glaube

Schweige und höre - ein Vorbild der Gottessuche

20. Juli 2024

Gerade die Suche und die Stille ist ein bedeutender Aspekt der benediktinischen Spiritualität, die uns heute immer noch Vorbild ist, Gott zu suchen. Ein Beitrag der katholischen Kirche.

Italien Abtei von Monte Cassino in der Region Latium
Bild: phbcz/Pond5/IMAGO

„Mein Beruf wird sein, Gott zu suchen“! Dieses Zitat stammt von einem Priester, der Anfang Juni sein 50. Priesterjubiläum gefeiert hat. „Meine Hoffnung ist es, Gott zu finden und dass es ihn gibt.“ Der Festprediger, der auch sein Leben lang gesucht, gefragt und gerungen hat, aber vielleicht auch gerade so ein authentischer Zeuge für die Botschaft Gottes ist, nahm die Frage nach der Gottessuche auf. Wir suchen Gott und doch ist Gott derjenige, der zuerst sucht, der uns zuerst die Hand reicht. Je mehr wir Gott suchen, desto mehr erkennt Gott uns und wir erkennen Gott.  

Es braucht Zeugen, die heute, aber auch in den vergangenen Jahrtausenden, die Frage nach Gott in der Welt offenhalten. Einer dieser Zeugen ist für mich der Heilige Benedikt von Nursia, dessen Gedenktag die Kirche am 11. Juli feiert. Benedikt gründete im 6. Jahrhundert das Kloster Montecassino und wurde so zum Begründer des abendländischen Mönchtums. Er verfasste eine Regel, die zum Grundfundament des monastischen Lebens wurde. Ich bin sicherlich kein Experte der benediktinischen Spiritualität, aber ich entdecke in der Regel einiges, was bis heute nichts von seiner Aktualität und Relevanz verloren hat. 

So möchte ich auf zwei Aspekte der Regel eingehen, die für mein eigenes Glaubensleben eine besondere Bedeutung gewonnen haben. 

In seinem Kapitel über die Ordnung der Aufnahme von Brüdern schreibt Benedikt, dass man bei einem Novizen zuerst fragen soll, ob er Gott sucht (RB 58,7). Danach schließt sich die Frage für den Eifer des Gottesdienstes an und ob er gehorcht oder demütig ist. Das erste Kriterium für einen werdenden Mönch ist also nicht, ob er ein guter Liturge, ein intelligenter Theologe oder ein freundlicher Mitbruder ist, sondern ob er wirklich Gott sucht! Es ist ein Zusammenspiel all dieser Kriterien, aber nicht das erste Wesenselement des Mönches. Aus der Suche nach Gott ergibt sich alles weitere. 

Ebenso der Prolog, der sich vielleicht etwas verkürzt wie folgt zusammenfassen lässt: Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden (siehe Gotteslob 433,2). Vielleicht sind diese vier-Schritte eine kurze Anleitung zur Gottessuche. Im Schweigen kann ich die Stimme Gottes hören. In der Stille und dem Hören, kann ich in meinem eigenen Inneren die Stimme Gottes erkennen, mich der Sprache meines Herzens zuwenden und so letztlich den Frieden in Gott und in mir finden. 

Diese Regel gilt jedoch nicht nur für einen Mönch, sondern ebenso für jeden anderen Christen. Auch hier ist es in erster Linie nicht wichtig, wie bibelfest oder demütig jemand ist. Für einen Christen gehört es zum Lebensmerkmal dazu ein Gottsucher zu sein und die Möglichkeit zu haben, in der Beziehung mit Gott zu leben. Der frühere, langjährige Münsteraner Spiritual Johannes Bours sagte einmal zu den jungen Studenten, dass er, wenn er mal eine Gemeinde haben würde, ihr immer wieder folgende Bibelstelle predigen würde: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde“ (1 Petr 2,9).  

Klöster sind Orte der Stille, des Hörens und des Gebetes. Vor kurzem hörte ich ein Zitat des Jesuiten Alfred Delp: „Die Welt ist Gottes so voll.“ Es ist schön und wichtig, dass es klösterliche Orte des Gebetes und des Suchens gibt, jedoch darf es dabei nicht aufhören. Machen wir unsere Wohnungen, unsere Bekanntenkreise, letztlich unsere eigenen Herzen zu einem Ort der Gottessuche. 

Dafür braucht es immer wieder Vorbilder, die uns den Weg weisen, an denen wir uns orientieren und denen wir nacheifern können. 

Dieses Priesterjubiläum war der Ausdruck eines alltäglichen, gelebten Glaubens. Es war eine Feier, die zu Herzen ging, weil ein gelebter Glaube mit Tiefgang erfahrbar wurde. Vielleicht ist das eine Möglichkeit, Kirche im dritten Jahrtausend zu sein – eine ehrliche, hörende und suchende Kirche. Die Suche auf den hin, der uns längst gefunden hat.  

Und so wird aus der Suche, ein Gefunden sein. 

Tizian Janzen

 

Kurzvita 

Tizian Janzen, geboren 1996, begann nach einer Tätigkeit als Verwaltungsbeamter 2021 das Theologiestudium in Münster, ist Priesterkandidat für das Bistum Münster und aktuell Vorsitzender der Deutschen Seminarsprecherkonferenz.

Dieser Beitrag wird redaktionell von den christlichen Kirchen verantwortet.