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Schwelende Handelskonflikte verunsichern Unternehmer

25. Juni 2018

Mehr Unsicherheit drückt auf die Investitionsbereitschaft deutscher Firmen. Schuld ist vor allem der Handelskonflikt mit den USA - der lässt aber andererseits China und die EU näher zusammenrücken.

Symbolbild Sanktionen Hafen Stacheldraht
Bild: picture alliance/dpa/D. Reinhardt

Während US-Präsident Trump einen Zollstreit mit China, der Europäischen Union und anderen Ländern angefacht hat, peilen China und die Europäische Union ein bilaterales Investitionsabkommen an. Der chinesische Vizeministerpräsident Liu He und der stellvertretende Präsident der EU-Kommission Jyrki Katainen sprachen sich am Montag in Peking zudem gegen Protektionismus und für die Verteidigung des globalen multilateralen Handelssystems aus.

Liu äußerte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz die Hoffnung, dass Europa seine Restriktionen für Exporte nach China lockere. Katainen forderte seinerseits China auf, den Zugang zu seinem Markt zu erleichtern und das Problem der Überkapazitäten bei der Stahlerzeugung zu lösen. Er halte es für wichtig, über gemeinsame Interessen zu sprechen, aber auch über strittige Themen.

Drohende Handelskonflikte verunsichern Unternehmen

Bei vielen deutschen Unternehmen sorgen die vor allem von den USA angeheizten Handelskonflikte zunehmend für Verunsicherung, so die Einschätzung von Konjunktur- und Arbeitsmarktexperten. Hiesige Firmenchefs zögern inzwischen bei Investitionen, erklärten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage. Für Sorge in den Chefetagen sorgen aber auch die Streitigkeiten in der Bundesregierung zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU - auch wenn der Zwist sich nicht unmittelbar auf die deutsche Wirtschaft auswirke.

US-Präsident Trump droht mit Zöllen auf deutsche AutosBild: Reuters/F. Bimmer

Auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor zahlreichen Risiken für die Weltwirtschaft. Sie sieht ebenfalls die Handelskonflikte als eine der größten Gefahren für die Konjunktur an. "Die Folgen könnten überaus gravierend sein, wenn sie als Bedrohung für das offene, multilaterale Handelssystem gewertet würden", schreibt die BIZ in ihrem am Sonntag vorgestellten Wirtschaftsbericht.

Der aktuelle ifo-Geschäftsklima-Index bestätigt diesen Trend: Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft habe sich im Juni eingetrübt, der Index fiel auf 101,8 von 102,3 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte. "Der Rückenwind für die deutsche Wirtschaft flaut ab", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Manager beurteilten ihre Geschäftslage schlechter, die Aussichten für die kommenden sechs Monate blieben dagegen unverändert.

Arbeitsmarkt noch nicht belastet

Der Arbeitsmarkt in Deutschland zeigt sich den Ökonomen zufolge noch unberührt von den Sorgen. Dafür seien vor allem volle Auftragsbücher und eine robuste Binnenwirtschaft verantwortlich, erklärte Michael Holstein von der DZ-Bank. "Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin positiv, verliert aber etwas an Fahrt."

Im Juni dürften den Schätzungen der Experten zufolge rund 2,28 Millionen Menschen ohne Job gewesen sein. Das wären etwa 36.000 weniger als im Mai und rund 194.000 weniger als vor einem Jahr. Die gute Stimmung im Dienstleistungssektor sorge für einen Abbau von Arbeitslosigkeit, sagte Deutsche-Bank-Volkswirt Marc Schattenberg. "Vor allem beim Bau ist die Nachfrage nach Arbeitskräften hoch." Die warmen Temperaturen kurbelten unter anderem auch die Nachfrage in der Gastronomie an.

Verarbeitende Gewerbe nicht mehr so optimistisch

Das verarbeitende Gewerbe sei dagegen nicht gut in das Jahr gestartet, hieß es bei den Experten aus den Großbanken. Noch zu Jahresbeginn hatten viele Volkswirte geradezu euphorisch auf die kommenden zwölf Monate geblickt. Doch die globalen Risiken ließen viele Hoffnungen schwinden. "Die Exporterwartungen sinken schon seit einigen Monaten", sagte Holstein.

Deutsche Konzernchefs betonten am Wochenende, wie wichtig der freie Handel für die Wirtschaft sei. Daimler-Chef Dieter Zetsche betonte in der "Bild am Sonntag", die Schlüsselfaktoren für Wohlstand seien Innovation und freier Handel. Er wünsche sich, dass "sich die Politik für freie und faire Märkte stark macht". Daimler hat bereits eine Gewinnwarnung wegen der voraussichtlich steigenden Zölle in China auf US-Importautos herausgegeben. Daimler produziert in den Vereinigten Staaten auch Autos für den Weltmarkt.

"Es wäre naiv, zu glauben, dass das Ganze keine Auswirkungen auf die Entwicklung der Weltwirtschaft hätte", sagte Siemens-Chef Joe Kaeser der "Neue Zürcher Zeitung" (Samstag). Kostennachteile für seinen Konzern befürchtet er zwar keine: "Materiell sind wir nicht betroffen", meinte er. Wesentlich größere Gefahren sehe er darin, dass angesichts des eskalierenden Handelsstreits die allgemeine Stimmung leide und Kunden anfangen könnten, Investitionen zu verschieben.

Siemens sieht sich indirekt von Handelskonflikt betroffenBild: picture-alliance/dpa/J. Lösel

"Wer Waren mit Zöllen oder Handelsbarrieren künstlich verteuert, verringert das Volkseinkommen. Damit gefährdet er Arbeitsplätze und Wohlstand", sagte der Chef des Autozulieferers Conti, Elmar Degenhart, der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag". Conti arbeite in seiner Automobilsparte mit über 17.000 Lieferanten und Partnern weltweit zusammen. "Sie hantieren jährlich mit über 140 Milliarden Komponenten, die im Schnitt viermal die nationalen Grenzen überschreiten, bevor sie beim Kunden sind." Als Folge eines Handelsstreits würden die Produkte teurer werden.

Prognosen bleiben optimisitisch

Die meisten Volkswirte halten aber an ihrer optimistischen Prognose fest: Für 2018 rechnen sie mit einem durchschnittlichen Rückgang der Arbeitslosenzahl in Deutschland um 100.000 bis 170.000. Nach Ansicht von Zeuner könnte die Arbeitslosenquote zum Jahresende erstmals seit der Wiedervereinigung sogar die 5-Prozent-Marke unterschreiten.

Am Freitag hatte Trump den Ton im Handelsstreit erneut verschärft. Er drohte europäischen Autoherstellern mit Zöllen von 20 Prozent auf Fahrzeuge, die in die USA importiert werden. Zuvor waren Zölle der EU auf US-Waren im Wert von 2,8 Milliarden Euro in Kraft getreten, unter anderem auf Erdnussbutter und Jeans. Die Abgaben sind die Antwort Europas auf die seit Anfang Juli geltenden Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und von 10 Prozent auf Aluminium-Importe in die USA.

Wegen der Einführung von Strafzöllen stehen die USA derzeit auch mit anderen Ländern im Handelsstreit. Anfang Juni hatte Trump zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent auf 1102 Produkte aus China im Wert von 50 Milliarden US-Dollar (42,7 Mrd Euro) verhängt. Peking brachte daraufhin Vergeltungszölle auf US-Waren im Wert von ebenfalls 50 Milliarden Dollar auf den Weg. Auch Russland kündigte Zusatzzölle auf Importe aus den USA an, Indien zog am vergangenen Donnerstag nach.

iw/hb (dpa, rtr)

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