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Schwellenländer unter Druck

Mischa Ehrhardt Frankfurt am Main
21. Mai 2018

Länder wie die Türkei, Argentinien oder Südafrika bereiten aktuell Sorgen. Der starke Dollar schwächt ihre Währungen und erschwert das Wirtschaften. Droht eine Gefahr für die globale Wirtschaft und Finanzmärkte?

Indonesien Arbeiter im Tanjung Priok Hafen von Jakarta
Bild: Reuters/D. Whiteside

Ein Szenario hat sich eingebrannt an den Kapitalmärkten - das sogenannte "Taper Tantrum". Das war ein Wut- oder Schockanfall an den weltweiten Anleihemärkten. Der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke hatte im Frühjahr des Jahres 2013 angekündigt, dass die Währungshüter in den USA die milliardenschweren Anleihekäufe reduzieren könnten. Es folgte ein Schock an den Anleihemärkten: Die Kurse brachen ein, die Renditen schnellten in die Höhe. Vor allem Schwellenländer gerieten unter die Räder: Es setzte eine regelrechte Kapitalflucht aus diesen Ländern ein, ihre Währungen rauschten in den Keller.

Aktuell gibt es ähnliche Tendenzen, wenn auch weniger abrupt und heftig: Die türkische Lira, der argentinische Peso oder der südafrikanische Rand haben kräftig an Wert eingebüßt in den vergangenen Wochen und Monaten. Wieder sind es die USA mit Ihrer Währung, die einen großen Teil an dieser Entwicklung beitragen. "Im Moment ist es der starke Dollar, der diese Währungen unter Druck setzt. Das merken eigentlich alle anderen Währungen weltweit, aber in diesen Ländern ist die Schwäche besonders stark ausgeprägt", sagt Antje Praefke, Devisenexpertin bei der Commerzbank.

Langfriste Dollar-Anleihen steigen an

Allerdings ist die Situation heute eine andere als 2013. Denn auf die Ankündigung von Ben Bernanke sind in den vergangenen Jahren auch Taten gefolgt: Die US-Zentralbank FED hat ihr Anleihekaufprogramm zur Stützung der Wirtschaft inzwischen beendet und ist dabei, ihre Bilanz wieder zu verkleinern. Auch die Leitzinsen haben die obersten Währungshüter der USA in mehreren Schritten wieder erhöht. Dazu hat sich die Notenbank - wahrscheinlich auch eine Lehre aus dem "Taper Tantrum" - viel Zeit gelassen und die Finanzmärkte immer wieder schonend auf ihre Schritte hin zur Normalisierung vorbereiten.
Allerdings sind damit auch die Renditen für amerikanische Staatsanleihen wieder gestiegen. In der vergangenen Woche sind Zinsen für zehnjährige US-Schuldscheine über drei Prozent geklettert. Das macht diese Papiere im Dollar-Raum für Investoren interessant und bewirkt tendenziell, dass Gelder aus anderen Regionen in die USA abfließen - vor allem aus Schwellenländern. Allerdings sind die damit einhergehenden Risiken für diese Länder nicht überall gleich. "Wir haben heute ein grundsätzlich solideres Umfeld für Schwellenländer. Nur bestimmte Länder kämpfen mit größeren Problemen", meint Mauricio Vargas, Volkswirt bei Union Investment.

Schwellenländer werben um Investoren

02:36

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Türkei mit hausgemachten Problemen

Beispiel Türkei: Das Land steckt inmitten einer Transformation in einen autoritären Präsidentenstaat unter Recep Tayyip Erdogan. Die Inflation in der Türkei galoppiert mit rund zehn Prozent. Deswegen müsste die Zentralbank eigentlich die Zinsen anheben. Dagegen allerdings hat sich Erdogan positioniert. In der vergangenen Woche hat er angedroht, seinen Einfluss auf die Zentralbank in Zukunft verstärken zu wollen. Die türkische Lira fällt bereits seit Monaten - und dieser Abwärtssog hat sich nach den Äußerungen des Ministerpräsidenten noch verstärkt.

Containerschiff vor IstanbulBild: Imago/OceanPhoto

In der Türkei, meinen die meisten Beobachter deshalb, sind die Probleme für Währung und Wirtschaft weitgehend hausgemacht. Sie liegen in erster Linie an dem ersten Mann im Staat, auch wenn ihm das nicht gefallen dürfte. Die mangelnde Einsicht in diese Entwicklung allerdings dürfte die Lage noch verschlimmern. Denn durch die schwache Währung verteuern sich die Importe in die Türkei. Das wiederum wird die Preise befeuern und die Inflation weiter steigen lassen. Zu leiden haben in erster Linie die Menschen im Land, weil die Kaufkraft ihrer Währung den Bach runter geht und sich die Waren für sie stark verteuern.

Argentiniens Krise und der IWF

Ein anderes Beispiel ist Argentinien. Auch hier ist die wirtschaftliche Lage nicht anders als mit dramatisch zu bezeichnen. Ausdruck davon ist, dass die amtierende Regierung in der vergangenen Woche den Gang nach Canossa angetreten hat: Sie hat den internationalen Währungsfonds um Finanzhilfen bitten müssen. Allein in den vergangenen zwei Wochen ist der argentinische Peso gegenüber der Weltleitwährung Dollar um rund zehn Prozent in den Keller gerauscht. Auch hier ist die Folge, dass sich die Importe verteuern.

Schwierig ist die Lage für Argentinien, weil das Land - ebenso wie die Türkei - ein negatives Handelsbilanzdefizit aufweist, sprich: Argentinien importiert mehr Waren, als es exportiert. Die Schulden steigen, die Preise schnellen in die Höhe, der IWF rechnet in diesem Jahr mit einer Inflation von 23 Prozent in Argentinien. Um weitere Kapitalabflüsse aus dem Land zu verhindern, hat die argentinische Zentralbank den Leitzins von 27,5 auf 40 Prozent erhöht.

Bei all diesen Entwicklungen und massiven Problemen in einzelnen Ländern lautet aber die gute Nachricht, dass sich viele andere Schwellenländer an die steigenden Zinsen in den USA anpassen können, ohne dass es zu größeren Verwerfungen kommt. Allerdings wird der allgemeine Druck auf diese Länder wohl bestehen bleiben. Denn die Zinsen in den USA werden, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, in den kommenden Monaten weiter steigen. Das macht Investitionen und Anlagen im Dollarraum attraktiver - und schwächt damit andere Währungen und Wirtschaftsregionen.

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