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Schwere Aufgabe für Jonker

Jonathan Harding
1. Mai 2017

Nach dem Debakel gegen den Bundesliga-Meister FC Bayern München steckt der VfL Wolfsburg mitten im harten Abstiegskampf. Die DW sprach mit Trainer Andries Jonker und machte sich ein Bild über die Lage des Vereins.

Großbritannien Andries Jonker
Bild: picture-alliance/NurPhoto/K. Galvin

Man habe gespielt wie "Jungen gegen Männer" - so beschrieb VfL-Stürmer Mario Gomez die desaströse Niederlage von Wolfsburg am 31. Spieltag. Der ehemalige Bayern-Stürmer bekam zu spüren, wie es ist, wenn man gegen die bayerische Tor-Maschine antreten muss. Gomez und Wolfsburg wurden beiseite gefegt, um den Weg frei zu machen für die fünfte aufeinanderfolgende Bayern-Meisterschaft.

Eigentlich wollte der VfL Wolfsburg an diesem Tag seine 20-jährige Bundesliga-Zugehörigkeit feiern. Doch nachdem Joshua Kimmich Bayerns sechstes Tor erzielte, war dafür nicht mehr der richtige Augenblick. Der Mann, der damit beauftragt ist, Wolfsburg auch im 21. Jahr in Folge in der Bundesliga zu halten, heißt Andries Jonker. Einst der Assistent des ehemaligen Bayern-Trainers Louis van Gaal, hat Jonker eigentlich eine Menge an Erfahrung gesammelt. 

Aber Wolfsburg stellte ihn vor eine neue Art von Herausforderung: das Leben auf dem heißen Stuhl. Und auch Jonker bekam zu spüren, wie hart das Leben sein kann als einer der Haupt-Gedemütigten am Samstagnachmittag - und das gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. "Es tut weh, es ist eine unglaubliche Enttäuschung", sagte der 54-Jährige in der Pressekonferenz nach der Niederlage.

Eine Frage des Engagements

Nur wenig später lief er in Richtung Bayern-Kabine, um den Spielern zu gratulieren, die er vor vielen Jahren als Co-Trainer ausgebildet hatte. "Die Hälfte ihres Teams war unser Team vor sieben Jahren, also bedeutet das, dass Louis van Gaal damals die richtigen Entscheidungen für Bayern München getroffen hat, und dass das die richtigen Entscheidungen für die Spieler gewesen sind", sagte Jonker im exklusiven Interview mit der Deutschen Welle. "Wenn es um den Spitzenfußball geht, sind die beiden wichtigsten Dinge, den Fußball jederzeit zu genießen und sich dem vollständig zu widmen, was du tust. Und Louis hat mich gelehrt, wie das im Top-Fußball aussieht."

War auch schon mal Co-Trainer vom FC Bayern: Andries Jonker (2.v.l.) Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Unglücklicherweise gab es gegen Bayern nur sehr wenige Anzeichen von Engagement von seinem Wolfsburger Team. Gomez arbeitete hart, hatte aber nur wenige Szenen. Koen Casteels zeigte einige fantastische Paraden, musste aber sechs Gegentore hinnehmen. 

Luiz Gustavo startete glänzend, bevor er völlig die Kontrolle verlor und seinem Team mit der Roten Karte einen Bärendienst erwies. Die Aktionen des brasilianischen Mittelfeldspielers waren symbolisch für den VfL Wolfsburg: ein Team mit Qualität, das aber anfällig ist für viel zu viele Leichtsinnsfehler.

Relegation wäre eine Katastrophe

"Sie haben mir gesagt, dass sie sich nicht an die Vorgaben gehalten haben, die ihre Trainer in der Vergangenheit gegeben haben. Ich habe ihnen gesagt, das muss aufhören. Wir können nicht zusammen arbeiten, wenn wir nicht alle an einem Strang ziehen", sagte Jonker. Auf dem Trainingsplatz stellt er mit seinen Anweisungen und mit seiner Gestik sicher, dass dieser Plan verstanden wird.

Wolfsburg hat drei Spiele, um zu beweisen, dass es unbedingt in der Bundesliga bleiben will: ein Auswärtsspiel in Frankfurt, ein Heimspiel gegen Gladbach und dann, am letzten Spieltag, ein Besuch in Hamburg. Die Relegation wäre eine Katastrophe für einen Verein, der vor zwei Jahren noch den DFB-Pokal gewann, 2009 deutscher Meister wurde und in der vergangenen Saison sogar Real Madrid geschlagen hat - als letzte Mannschaft, der das in der Champions League gelang.

"Ich denke, es ist für alle hier sehr wichtig, dass wir in der Bundesliga bleiben. Ich werde das hinbekommen", gab sich Jonker sehr zuversichtlich. Der Holländer ist fokussiert, wenn er redet. Es scheint, als erlaube er sich nicht, an etwas anderes als an seine Aufgabe zu denken.

Versicherung Gomez

Mario Gomez' Tore (bisher 14) sind einer der Hauptgründe, warum Wolfsburg den Abstieg vermeiden sollte. Obwohl Jonker drei Mal in den neun Spielen, seitdem er verantwortlicher Trainer ist, das System änderte, weiß er um die Wichtigkeit von Gomez. "Ich versuche, seine Qualität zu nutzen. Ich versuche ihm klarzumachen, dass er im Strafraum bleiben muss. Geh' nicht ins Mittelfeld, geh' nicht nach außen, bleib' im Strafraum. Und ich zeige meinen Spielern, wie sie ihm den Ball zuspielen können, damit er die Tore machen kann ", sagte Jonker.

Mario Gomez (2.v.r.) trifft wieder, seitdem Jonker Trainer ist Bild: picture-alliance/AA/I. Fassbender

Es gab keine Tore gegen Bayern und keine Punkte. Seit er Ende Februar verpflichtet wurde, hat Jonker nur elf Punkte geholt, davon acht in seinen ersten vier Spielen. In seinem ersten Spiel in Mainz bemerkte Jonker, wie seine Spieler den Ball oft zurück zu ihrem eigenen Torhüter spielten "weil sie nicht den Mut hatten, um nach vorn zu spielen, keinen Plan und keine Lösungen hatten."

Nicht zu viel laufen, besser nachdenken

Diese Niederlage wird eine Menge des Selbstvertrauens zunichte machen, die Jonker nach harter Arbeit in das Team gebracht hat. "Die größere Gefahr für dieses Team ist es, dass sie zu viel tun, dass sie zu viel laufen und dass sie nicht genug denken", sagte Jonker vier Tage vor dem Bayern-Spiel. Vielleicht sollte der Klub den Social-Media-Hashtag (#TheExtraMile) ändern, der auf Plakaten um das Stadion zu sehen ist.

Während des Trainings vergangene Woche ging eine Gruppe von älteren Damen vorbei, da Wolfsburgs Frauenteam im kleineren Stadion neben der Volkswagen Arena spielte. "Zumindest sie sind erstklassig", sagte eine zu einer anderen. Ein Cheftrainer, der so lange darauf gewartet hat, seine Chance zu bekommen, und ein Klub, der so scharf darauf ist, anerkannt zu werden, sollten beweisen, dass diese Einschätzung falsch ist.

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