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Schwerstarbeit für Lobbyisten in Berlin

Sabine Kinkartz11. November 2005

Mehrere hundert Verbände, Vereine und Unternehmen versuchen in Berlin, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Während der laufenden Koalitionsverhandlungen sind Lobbyisten besonders aktiv.

Auf dem Weg zu den Koalitions-VerhandlungenBild: dpa


Als Welthauptstadt der Lobbyisten gilt Washington: Etwa 25.000 professionelle Interessenvertreter versuchen dort, Einfluss auf Regierung, Kongress und Entscheidungsträger in der Verwaltung zu nehmen. Nicht so viele, aber doch auch nach Tausenden zählen die Lobbyisten in der deutschen Hauptstadt Berlin. Gerade in diesen Tagen, in denen zwischen CDU und SPD ein Koalitionsvertrag ausgehandelt wird, erhöhen die Vertreter aller möglichen Interessengruppen den Druck.

Angela Merkel beim Bundesverband der Deutschen Industrie (März 2005)Bild: dpa - Bildfunk

Die Bezeichnung Lobbyist, das vom englischen Wort "Lobby" kommt, legt nahe, dass der Lobbyist nur in der Vorhalle versuchen darf, Einfluss zu nehmen. An den eigentlichen Entscheidungen soll er nicht beteiligt sein. Ganz so einfach läuft es im politischen Berlin aber nicht ab, denn die vielen Lobbyisten sitzen - insbesondere bei den laufenden Koalitionsverhandlungen - unsichtbar immer mit am Tisch, wenn Entscheidungen fallen.

Ehemalige Abgeordnete als Schnittstelle

Gerhard Schröder und der damalige VW-Chef Ferdinand Piech (l.) (2002)Bild: AP

So manches Mal gesteht das ein Interessenvertreter sogar ein. "Ich glaube, dass es uns bisher - und ich sage das mit aller Vorsicht - gelungen ist, gerade in diese Verhandlungsrunde, die sich mit Wirtschaft und Technologie beschäftigt, unsere Maßnahmen, die wir für notwendig erachten, auch einzubringen", sagte kürzlich Hans-Eberhard Schleyer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.

Mehrere hundert Verbände und Vereine sind in Berlin vertreten, die Liste reicht vom Bundesverband der Deutschen Industrie und den Deutschen Industrie- und Handelskammertag bis zum Adressbuchausschuss der Deutschen Wirtschaft und der Arbeitsgemeinschaft deutscher Rübenbauervereine. Dazu kommen Repräsentanten bestimmter Firmen. Ihre Kontakte knüpfen sie auch über ehemalige Abgeordnete oder hohe Beamte, die in Berlin als Berater arbeiten und Verbindungen zwischen Politikern und Lobbyisten herstellen. Rund 1.400 Vertreter von Interessengruppen und Verbänden sind allein in der so genannten Lobby-Liste des Deutschen Bundestages registriert.

Einfluss auf Wirtschafts- und Sozialpolitik

Karl-Heinz Schreiber (l.) mit seinem AnwaltBild: AP

Das Netzwerk ist eng geknüpft und jeder versucht, seine Interessen durchzusetzen. Innerhalb der Wirtschaft sind die zurzeit vor allem auf weitere wirtschafts- und sozialpolitische Reformen gerichtet. "Wenn die große Koalition jetzt in einer großen Kraftanstrengung die Stellschrauben für ein anhaltendes Wachstum justiert, werden wir spätestens in zwei Jahren einen deutlichen Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen verzeichnen können", sagt etwa Stephan Jender, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Inkassounternehmen. Und der Handwerks-Präsident Schleyer meint dazu: "Ich kann nur sagen: 'Vorfahrt für Arbeit' muss eben auch Vorfahrt für die mittelständischen Vorschläge bedeuten."

Die Lobbyisten nehmen aber nicht nur Einfluss auf politische Rahmenbedingungen, es geht auch um handfeste finanzielle Interessen, nämlich direkte Subventionszahlungen, Ausnahmeregelungen und Vergünstigungen. Der Bund der Steuerzahler hält viele Subventions-Beispiele parat. So die Beteiligung des Bundes an Auslandsmessen und Ausstellungen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, die mit 35 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlägt.

Geld für den Dampfkesselausschuss

Für den Absatz von zivilen Flugzeugen inklusive Triebwerken werden Finanzierungshilfen von 37,5 Millionen Euro gewährt. Auch kleine Beträge zählt der Bund der Steuerzahler auf, so erhält der Deutsche Dampfkesselausschuss 52.000 Euro und der Deutsche Ausschuss für Getränkeschankanlagen 24.000 Euro pro Jahr vom Bundesarbeitsministerium.

Angesichts der leeren Haushaltskassen werden im Koalitionsvertrag sicherlich auch Subventionskürzungen vereinbart werden. Der Bund der Steuerzahler fordert außerdem, die Subventionskontrolle in die jährlichen Haushaltsberatungen zu integrieren, um die Mittel damit beschluss- und rechenschaftspflichtig zu machen. Viele Lobbyisten werden das sicher gar nicht gerne hören.

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