Bush in Europa
5. Juni 2007Für seine Europa-Reise hat sich der US-Präsident vor allem Länder des so genannten "neuen" Europa ausgesucht, während er das "alte" Europa mehr oder weniger links liegen lässt – so würde es vermutlich der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ausdrücken. Bush ist am Montag in der Tschechischen Republik angekommen, am Dienstagabend wird er nach Deutschland zum G8-Gipfel weiterreisen. Danach stehen noch Polen, der Vatikan, Italien, Albanien und Bulgarien auf dem Reiseplan.
Der Grund ist, dass auch die Beziehungen der USA zu den Mitgliedern des "neuen“, ehemals kommunistischen Europa sich geändert haben. Der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Steven Hadley, betonte zwar, die Beziehungen zu den Ländern seien gut, aber der Präsident wolle auf seiner Reise den Aufruf zum Freiheitskampf erneuern und die Menschen daran erinnern, dass es sich um einen schwierigen und langwierigen Prozess handele – Offenbar ein deutliches Indiz dafür, dass es die Irak-Politik des Präsidenten ist, auf Grund der sich so viele bilaterale Beziehungen abgekühlt haben.
Geistliche Unterstützung
Italien, als einziges Gründungsmitglied der EU viele Jahre an der Seite der USA im Irak, hat mittlerweile seine Soldaten abgezogen. Mehrere Koalitionspartner von Ministerpräsident Romano Prodi wollen auch die italienischen Soldaten aus Afghanistan nach Hause holen und sind gegen den Ausbau des US-Militärstützpunktes in Vicenza bei Venedig. Viele andere Ereignisse haben außerdem dazu beigetragen, dass sich das italienisch-amerikanische Verhältnis verschlechtert hat – so zum Beispiel die Tötung des italienischen Geheimdienstagenten Nicola Calipari vor zwei Jahren. Der US-Soldat, der Calipari erschossen haben soll, als dieser die Journalistin Guiliana Sgrena nach ihrer Geiselhaft im Irak nach Hause bringen wollte, wurde jetzt in Abwesenheit angeklagt.
Auch Papst Benedikt XVI., mit dem sich Bush trifft, hatte in seiner jüngsten Osterbotschaft das "unaufhörliche Gemetzel" im Irak beklagt. In den USA gibt es über 65 Millionen Katholiken, viele von ihnen Einwanderer. Deshalb, so Denis McDonough, Europaexperte am "Center for American Progress", sei der Besuch im Vatikan auch ein politischer. Außerdem hofft er, dass ein deutscher Papst auch bei der Verbesserung der amerikanisch-deutschen Beziehungen helfen könnte.
Streit um die Raketenabwehr
Bushs Besuche in Tschechien und Polen stehen im Zeichen der Absicht der Amerikaner, in beiden Ländern Teile des Raketenschutzschildes für Europa aufzubauen. Beide Regierungen stehen dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, mit beiden gibt es inzwischen konkrete Gespräche. Doch die beiden EU-Mitglieder erwarten im Gegenzug zum Beispiel, dass die USA die Visumspflicht für Polen und Tschechen bei der Einreise aufheben.
In Tschechien sieht Bush sich vor allen einer negativ eingestellten Bevölkerung gegenüber: Zwei Drittel lehnen die geplante Radarstation ab. Schon am Tag der Anreise Bushs kam es zu Demonstrationen. Ungeachtet der bereits zahlreich angekündigten Protestdemonstrationen wird der Präsident in Prag gleich zu Beginn seiner Europareise eine Rede halten. Darin wolle Bush nach Informationen seines Sicherheitsberaters Stephen Hadley klarstellen, dass Demokratie und Freiheit das Gegenmittel zum Extremismus der Terroristen seien.
Bulgarien: treuster Verbündeter
Die polnische Außenministerin hält sich das Ende der Verhandlungen über die Stationierung der Abfangraketen in ihrem Land noch offen und nimmt sich eine Bedenkzeit aus. Polen erwartet von den USA im Gegenzug Zusicherungen für eine strategisch-politische Partnerschaft und Hilfe für die Armee. Während die Polen ihre Soldaten Mitte des Jahres aus dem Irak abziehen wollen, bleiben Tschechen und auch Albaner in symbolischer Truppenstärke vertreten. Albanien darf zum Ende des Jahres finanzielle Unterstützung aus dem US-Militärhaushalt beantragen.
Bulgarien, seit Jahresbeginn EU-Mitglied, gehört nach wie vor zu den engsten Verbündeten der USA in Südosteuropa. Die US-Armee hat dort drei Militärstützpunkte eingerichtet und erst vor wenigen Monaten hat die bulgarische Regierung den Einsatz der Soldaten im Irak um ein weiteres Jahr verlängert. 155 Bulgaren versehen derzeit im Irak ihren Dienst. 13 sind seit Beginn des Konflikts im Jahr 2003 getötet worden. Die Regierung in Sofia betont, dass das Engagement im Irak zeige, dass Bulgarien ein zuverlässiger Partner sei. Das hört man in Washington gerne.
Viel zu reparieren
Europaexperte McDonough weist darauf hin, dass die Bush-Regierung in den letzten Jahren sehr intensiv versucht habe, Beziehungen zu südosteuropäischen Staaten aufzubauen: "Es gibt sehr wichtige Entwicklungen, was die Zukunft des Kosovo angeht, und sowohl Albanien als auch Bulgarien sind wichtig für die US- und NATO-Politik auf dem Balkan."
Der US-Präsident beendet seine Reise also in einem Land, das trotz seiner Irak-Politik fest an seiner Seite steht. Vorher aber hat er alle Hände voll zu tun, für seine Politik werben, erneut Unterstützung einzufordern und zerrüttete Beziehungen zu festigen.