Schwierige Euro-Einführung in Polen
4. Dezember 2001Nach Schätzungen der Bundesbank ist jede vierte Mark des gesamten Bargeldbestandes in der Region des ehemaligen Ostblocks im Umlauf. In Zahlen ausgedrückt dürften es 50 bis 60 Milliarden sein. Polen gehört außerhalb der Bundesrepublik zu den Ländern, in denen besonders viele DM-Scheine im Umlauf sind. Auch sie müssen nach der Einführung des Euro-Bargeldes Anfang 2002 umgetauscht werden.
Umtausch nicht einheitlich geregelt
Die Vorbereitungen der Banken auf den Wechsel laufen mittlerweile auf Hochtouren. Friedhelm Herb, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank 24 Polska: "Zum einen gehen wir davon aus, dass wir als eine deutsche Bank besonders viel Zuspruch bekommen und Anfragen für Geld-Wechsel und werden deshalb frühzeitig darauf aufmerksam machen. Wir bilden unserer Kassierer extra aus für die neuen Banknoten."
Ob alle Geldinstitute die D-Mark in den Euro umtauschen werden und zu welchen Konditionen, bleibt noch offen. Sicher ist dagegen, dass die meisten Banken in Polen auf den Umtausch gerne verzichten würden. Sie behaupten, dass der Wechsel-Service mehr Kosten als Einnahmen bringen würde.
Banken erwägen Wechselgebühren
Da zum Umtausch große Bargeldbestände in Euro eingekauft werden müssen, diese aber um ein Mehrfaches niedriger verzinst sind als der polnische Zloty, bedeutet der Einkauf vorerst einmal ein Minus in der Rechnung. Daher wollen die meisten Banken auch Gebühren für den Umtausch nehmen, über die genaue Höhe haben sie aber noch nicht entschieden.
Auch die Planung ist schwer, denn niemand weiß, wie hoch die D-Mark-Bestände in Polen nun wirklich sind. Dies liegt daran, dass viele Polen einen Großteil ihres Geldes nicht in Banken, sondern zu Hause deponieren. Und das wiederum hat auch seine Gründe, sagt Friedhelm Herb von der Deutschen Bank 24 Polska: "Es gibt ja viele Polen, die zeitweise in Deutschland gearbeitet haben oder weiterhin arbeiten, und ihre Ersparnisse in DM halten. Wenn wir hier von Ersparnissen reden, dann sind sie in Bargeld und nicht auf Bankkonten. Somit kommt dann bei der Umstellung zum Euro zu einem großen Bedarf an Wechsel-Währung."
Gefahr von Falschgeld-Schwemme
Das unattraktive Zinsniveau des Euros ist für Herb jedoch nicht das größte Problem: Besonders die vielen Fälschungen machen ihm zu schaffen. "Wenn eben viel Geld bewegt wird, dann kann man auch Geld hinzufügen. Wir haben in Polen schon insgesamt sehr große Vorsicht bei Banknoten."
Dass viele falsche D-Mark-Scheine im Umlauf sind, bestätigen auch die Statistiken. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat die Deutsche Bundesbank mehr als 15.000 falsche Banknoten registriert. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das fast eine Verdopplung. Bundesbank-Präsident Ernst Welteke reagiert trotzdem gelassen: "Es kann natürlich sein, dass in diesem Prozess die Uninformiertheit der Bevölkerung von Falschgeldproduzenten etwas stärker ausgenutzt wird, als sonst. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass es über das bisher normal bekannte Ausmaß hinausgeht."
In Polen sieht man dem Problem nicht so gelassen entgegen. Dort wurden schon entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Vor allem deswegen, weil die Fremdwährung nicht nur direkt bei Banken, sondern vor allem über die zahlreichen Wechselstuben - die sogenannten Kantoren - umgetauscht wird. "Das ist genau das Problem, die Wechselstuben entsorgen sich über Banken," betont Herb und fügt hinzu: "Heute ist es in PPolen so, dass das nur noch von zwei, drei Banken gemacht wird. Das ist erstens vor dem Hintergrund des gefälschten Geldes zu sehen und zweitens vor dem der hohen Kosten."
Unwissen bei Bevölkerung über Euro
Deutlich weniger Gedanken über die Folgen der Euro-Einführung macht sich die Bevölkerung selbst. Dem Durchschnitts-Polen ist der Unterschied zwischen der Europäischen Union und der Währungsunion immer noch nicht geläufig. Ein junger Computerunternehmer aus Südostpolen, Wojtek Snioch, sagt: "Die meisten Menschen in Polen haben keine Ahnung, worum es beim Euro überhaupt geht. Diejenigen, die in der Finanzbranche arbeiten, wissen Bescheid, für den Rest jedoch ist es noch egal, weil in Polen direkt ändert sich noch nichts."