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Schwierige Wall-Street-Präsenz

5. Oktober 2004

Beim Besuch an der Wall Street warb Finanzminister Eichel für leichtere Rückzugsmöglichkeiten für deutsche Firmen. Aus gutem Grund: Der Gang an die New Yorker Börse hat sich nur für wenige deutsche Unternehmen gelohnt.

Hoher Aufwand, fraglicher Nutzen: Gang an die New Yorker BörseBild: Bilderbox

Derzeit sind an der New York Stock Exchange und der US-Technologiebörse NASDAQ 18 deutsche Konzerne gelistet, darunter die Deutsche Telekom, Siemens, SAP, die Deutsche Bank und Infineon. Neben den strengen US-Börsenregeln, deren Einhaltung einen hohen Aufwand erfordert, sorgen auch die vergleichsweise geringen Aktienumsätze am New Yorker Handelsplatz für Unmut in deutschen Konzernzentralen.

Das war vor wenigen Jahren noch ganz anders: Während der Hausse der 90er Jahre hatten sich ausländische Unternehmen überschlagen, um an die New Yorker Börse oder an die NASDAQ zu kommen. Die geplatzte Internet- und Telekom-Spekulationsblase und die schlimmste Baisse seit den 1930er Jahren setzte dem Herdentrieb an die Wall Street dann ein zeitweises Ende.

Scharfe Spielregeln

Hinzu kam später das so genannte Sarbanes-Oxley-Gesetz, dass in- und ausländische Konzerne nervös gemacht hat. Es hat im Gefolge der beispiellosen Bilanzbetrügereien bei US-Unternehmen wie Enron, WorldCom und Adelphia die Melde- und Aufsichtspflicht der Unternehmen, ihrer Aufsichtsräte und der Konzernbosse enorm verschärft und droht bei Verstößen sogar mit Gefängnisstrafen.

Von den an der Wall Street gelisteten Aktien deutscher Unternehmer verzeichnet nur SAP nennenswerte Umsätze. Während am vergangenen Freitag (1.10.) immerhin mehr als zwei Millionen SAP-Aktien an der NYSE gehandelt worden, waren es bei Altana nur rund 1400 Stück, bei E-ON rund 40.000 Stück und beim Branchenriesen Deutsche Telekom rund 92.000 Stück. Zum Vergleich: Im Xetra-Handel der Deutschen Börse wurden bis Montagnachmittag (4.10.) rund 12 Millionen Telekom-Aktien gehandelt.

Abschied von Intershop

Neben den genannten Firmen sind auch die Allianz, BASF, Bayer, DaimlerChrysler, Deutsche Bank, Epcos, Fresenius Medical Care, Infineon, Pfeiffer Vacuum, Schering, SGL Carbon und Siemens an der Wall Street präsent. An der NASDAQ werden die Aktien der Lion Biotech und der GPC Biotech gehandelt. Als einzige deutsches Firma hat sich bisher die Software-Firma Intershop von der NASDAQ verabschiedet.

Der Gang aufs New Yorker Parkett habe sich für die meisten deutschen Unternehmen nicht gelohnt, sagte vor kurzem der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz. Dem nach wie vor relativ geringen Interesse an deutschen Aktien stehe ein großer Aufwand bei den Unternehmen gegenüber, ergänzte er. Investoren, die Interesse an deutsche Aktien haben, ordern diese statt an der Wall Street lieber auf dem deutschen Parkett.

Interessant für US-Expansion

Trotz der hohen Kosten und des hohen Aufwands für die Notierung scheint ein Wall-Street-Massenrückzug führender deutscher Großkonzerne mit ihren riesigen US-Töchtern derzeit eher unwahrscheinlich. Dies könnte als Schwächesignal ausgelegt werden und sich nachteilig auf die Aktienkurse auswirken. Zudem ist ein Listing an der Wall Street für mögliche Übernahmen interessant.

Insgesamt haben fast 2800 führende amerikanische und ausländische Gesellschaften ihr US-Börsendomizil an der NYSE, der mit weitem Abstand weltgrößten Börse. Bei der NASDAQ, deren Handel sich ausschließlich über Computersysteme und nicht wie bei der NYSE auf dem Börsenparkett abspielt, werden die Aktien von rund 3300 Gesellschaften gehandelt.

Die Zahl der an der New Yorker Börse geführten ausländischen Gesellschaften hat sich seit 1994 mehr als verdoppelt. Zur Zeit werden Aktien oder Aktienhinterlegungsscheine von 457 Gesellschaften aus 47 Ländern an der traditionsreichen Börse gehandelt. Das sind allerdings 16 weniger als im Jahr 2002. Der Gesamtwert ihrer Aktien beträgt insgesamt rund 5,9 Billionen Dollar. Der Gesamtwert aller an der NYSE notierten Aktien beläuft sich auf 17,6 Billionen Dollar. In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden an der New Yorker Börse rund 20 Milliarden Aktien ausländischer Firmen umgesetzt. Das waren rund elf Prozent des Gesamtsatzes der Börse. (mik)

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