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Politik

Schwieriger Gipfel für Bolsonaro

Alexander Busch
28. Juni 2019

Es ist der erste Auftritt des brasilianischen Präsidenten bei einem G20-Gipfel. Im japanischen Osaka braucht Jair Bolsonaro vor allem diplomatisches Geschick. Eine Reihe schwieriger Einzeltreffen steht auf seiner Agenda.

Brasilien Brasilia | Jair Bolsonaro
Bild: Reuters/A. Machado

Es wird kompliziert für Brasiliens Präsidenten: Es ist das erste Treffen der Staatschefs der 20 wichtigsten Volkswirtschaften weltweit, an dem der seit einem halben Jahr regierende Rechtspopulist teilnimmt. Doch schon bei den Vorbereitungen ging einiges schief: Ein brasilianischer Unteroffizier in der Vorhut der Regierungsdelegation wurde erwischt, wie er in Sevilla 39 Kilogramm Kokain aus dem Regierungsflieger schmuggeln wollte. Die nachfolgende Präsidentenmaschine mit Bolsonaro an Bord musste kurzfristig auf Lissabon als ersten Zwischenstopp zum G20-Gipfel in Osaka ausweichen.

Dann ließen wichtige Minister den Präsidenten im Stich: Außenminister Ernesto Araújo verhandelte bis gestern in Brüssel mit der EU über ein Handelsabkommen mit der lateinamerikanischen Ländergruppe Mercosur und fliegt von dort aus direkt zurück nach Brasilien. Wirtschaftsminister Paulo Guedes bleibt in Brasília, um den Fortgang der Rentenreform im Kongress zu begleiten – sie gilt als Kernstück von Bolsonaros längst überfälligen Wirtschaftsreformen. Und dann sind noch die neuesten Wirtschaftsprognosen aus Lateinamerika überraschend negativ ausgefallen: Das Wachstum in den sieben größten Ökonomien der Region ist im ersten Quartal 2019 gegenüber den drei Monaten zuvor geschrumpft. Nur um ein Prozent wird den Prognosen zufolge das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr kontinentübergreifend wachsen. Vor allem die Turbulenzen im Handelskrieg zwischen den USA und China wirken sich negativ auf die Stimmung in Lateinamerika aus.

Geschwächter Kontinent

Das schwächt die Vertreter Lateinamerikas beim Treffen in Osaka. Denn in der G20 besitzen sie normalerweise ein großes Gewicht. Mit Argentinien, Mexiko und Brasilien ist Lateinamerika deutlich stärker vertreten als es eigentlich dem Anteil der Region an der weltweiten Wirtschaftskraft entspräche. Doch nun hat Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador seine Teilnahme abgesagt. Der Argentinier Mauricio Macri und Bolsonaro werden also den kriselnden Kontinent allein vertreten.

Auf Bolsonaro warten komplizierte Termine: Mit Xi Jinping ist ein Treffen vereinbart. Im Wahlkampf hat Bolsonaro ständig Chinas übergroßen Einfluss in Brasilien kritisiert. Sein Außenminister sieht das "maoistische China" als großen Feind des christlich-konservativen Abendlandes. Nun aber will Bolsonaro bei Xi Jinping als Bittsteller auftreten: China soll mehr höherwertige Produkte aus Brasilien importieren statt nur Soja und Eisenerz. Chinas Staatschef dagegen will wissen, ob Brasilien den Telekommunikationsriesen Huawei am Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes beteiligen wird. Bolsonaro besitzt keine strategisch gute Ausgangsposition für das Gespräch mit Xi Jinping.

Noch ist Soja der Hauptexportartikel Brasiliens nach China. Das möchte Brasiliens Präsident ändern.Bild: picture-alliance/dpa/R. Pera

Den chinesischen Präsidenten wird er beim parallel stattfindenden BRICS-Treffen, also dem Gremium aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, erneut treffen. Im November findet ein weiteres BRICS-Präsidententreffen in Brasília statt. Von Bolsonaros Regierung war bisher nicht zu vernehmen, welche Akzente sie im Club der wichtigsten Schwellenländer setzen will. 

Intensive Einzelgespräche

Auf dem G20-Gipfel stehen darüber hinaus Einzeltreffen mit den Staatschefs von Japan, Frankreich, Singapur, Indien und Saudi-Arabien auf der Agenda. Kanzlerin Merkel will Bolsonaro auf die zunehmenden Regenwaldabholzungen ansprechen. Der Präsident erklärte bereits, dass er sich von Deutschland nichts sagen lassen werde. "Deutschland kann von uns lernen", sagte er in Osaka.

Politisch heikel ist das Treffen mit Kronprinz Mohammed bin Salman, über den gerade neue Hinweise zu seiner persönlichen Verwicklung in den Mord des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi aufgetaucht sind. Die arabische Welt ist eine der wichtigsten Absatzmärkte für brasilianisches Geflügel und sonstige Halal-Produkte. Vor diesem Hintergrund will Bolsonaro die Verstimmungen im brasilianisch-saudischen Verhältnis wieder ausräumen, die sich bei Bolsonaros Israel-Besuch kurz vor den dortigen Wahlen entwickelt hatten. Unter anderem hatte Bolsonaro damals angekündigt, die brasilianische Botschaft - nach Vorbild der USA - ebenfalls von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu wollen.

Jair Bolsonaro, hier bei seiner Ankunft im japanischen Osaka, hofft, nach seinen vielen Einzelgesprächen nicht alleine im Regen zu stehenBild: Getty Images/AFP/C. Triballeau

Positiv überraschen könnten Bolsonaro und Macri sowie die EU-Vertreter beim Gipfel mit einem Coup: Bei den Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) über eine Freihandelszone sind in den letzten Tagen Fortschritte erzielt worden. Es könnte pünktlich zum Osaka-Gipfel zu einem Abschluss der seit über 20 Jahren laufenden Verhandlungen kommen. Das wäre ein gewaltiger Erfolg - für die EU-Kommission ebenso wie für den Mercosur. Ein Abkommen mit den Mercosur-Staaten wäre angesichts der 260 Millionen Konsumenten dort nicht nur das wirtschaftlich bedeutendste, das die Europäer bislang abgeschlossen haben. Es wäre auch, so EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, ein "sehr starkes Signal an die Welt" - pünktlich zum G20-Gipfel in Osaka, bei dem die Europäer erneut mit US-Präsident Donald Trump um ein Bekenntnis zum freien Warenaustausch und zu internationalen Handelsregeln ringen werden.

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