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Schwieriger Start für die Syriengespräche

Claudia Witte25. Januar 2014

Sie sind angereist, um miteinander zu reden - doch zunächst einmal beschimpfen sie sich aufs heftigste. Wenn es jemand schaffen sollte, zwischen den syrischen Kriegsparteien zu vermitteln, dann ist es Lakhdar Brahimi.

Lakhdar Brahimi in Genf (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Lakhdar Brahimi wirkte sehr müde am Ende dieses langen Tages, der eigentlich der erste richtige Verhandlungstag der Genfer Syrienkonferenz hätte sein sollen. "Guten Nachmittag", begrüßte der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Syrien die versammelte Weltpresse - "oder Guten Abend? Was weiß ich!" Den mehr als 250 Journalisten, die es geschafft hatten, einen der Plätze im Pressesaal des Genfer Palais des Nations zu ergattern, präsentierte er das wichtigste Ergebnis seiner ersten Vermittlungsversuche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition: "Wir gehen davon aus und wir haben vereinbart, dass wir uns morgen alle im gleichen Raum treffen werden." Das hört sich erst einmal nach wenig an, ist aber angesichts der Unversöhnlichkeit der Konfliktparteien schon als kleiner Erfolg zu werten.

Jeder für sich, alle mit Brahimi

Eigentlich hätten sich die beiden Delegationen gleich am ersten Verhandlungstag in Genf zusammensetzen sollen, um sich über einen Zeitplan, über Verhandlungsthemen und Tagesordnungen zu verständigen. Aber dazu sind die Emotionen auf beiden Seiten noch zu stark. Getrennte, jeweils etwa einstündige Gespräche mit Lahkdar Brahimi - das war alles. Am Vormittag hatte es noch geheißen, die syrische Regierungsdelegation werde aus Protest abreisen.

Genährt wurden solche Gerüchte von Vizeaußenminister Faisal Mekdad. "Wir sind gekommen, um mit Verhandlungen zu beginnen", erklärte er in die Mikrofone der wartenden Journalisten, "aber wir müssen feststellen, dass die andere Seite dazu nicht bereit ist". Die Oppositionsdelegation hatte im Vorfeld klargestellt, dass die Bildung einer Übergangsregierung für sie das zentrale Verhandlungsthema sei. Dieses Thema müsse gleich am Anfang der Gespräche stehen und unverzüglich angegangen werden, ließen sie verlauten.

Vertreter der Assad-Regierung: Faisal MekdadBild: Reuters

Neue Medien und klassische Propaganda

Geschickt nutzen die in Genf anwesenden Vertreter der syrischen Nationalen Koalition alle denkbaren Kommunikationskanäle, um ihre Positionen bekannt zu machen. Geradezu virtuos setzen sie dafür den Nachrichtendienst Twitter ein. "Die Bildung einer Übergangsregierung ist unsere wichtigste Priorität", twittern sie unter #Geneva2 und lassen keinen Zweifel daran, dass in einer solchen Regierung für Syriens Staatschef Baschar al-Assad kein Platz ist.

Die Assad-Regierung dagegen setzt in Genf auf klassische Propaganda und regimetreue Medienvertreter. Ein beeindruckender Tross von dominant auftretenden Journalisten staatlicher Medien begleitet die Regierungsdelegation und verschafft sich in Pressekonferenzen lautstark Gehör. Lakhdar Brahimi lieferte sich einen kurzen Schlagabtausch mit der Journalistin einer staatlichen syrischen Nachrichtenagentur, die unter dem Vorwand einer Frage an den Sondergesandten ein politisches Statement abgab. "Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass Saudi-Arabien, die Türkei und weitere Länder aufhören werden, den Terrorismus zu unterstützen", fragte sie in holprigem Englisch, worauf Brahimi sie mit den Worten unterbrach "Bitte! Bitte! Es bringt überhaupt nichts, solche Fragen zu stellen!" Solche Wortwechsel geben eine Ahnung des Verhandlungsstils, den der erfahrene Diplomat und gewiefte Vermittler bei seiner Arbeit pflegt.

"Wünschen Sie uns Glück"

Lakhdar Brahimi bezeichnete die in Genf geführten Vorgespräche als ermutigend und bat um Geduld. Da die Friedenskonferenz buchstäblich in letzter Minute zustande gekommen sei und deshalb die Delegationen erst spät benannt wurden, blieb nicht genügend Zeit sich im Vorfeld abzusprechen. Das müsse nun nachgeholt werden. "Wir haben nie erwartet, dass es einfach würde und es wird auch nicht einfach werden", sagte er. "Aber ich glaube, dass beide Seiten wissen, worum es hier geht. Ihr Land ist in einer sehr sehr schlechten Verfassung." Und Brahimi ergänzte: "Das hochgesteckte Ziel dieses Prozesses ist es, Syrien zu retten. Nicht weniger als das."

Brahimi appellierte an die Verhandlungsbereitschaft zwischen den Lagern. "Ich hoffe, dass auch die jeweiligen Anhänger der einen oder anderen Seite begreifen, um was es hier geht und ihren Beitrag leisten, diesen Prozess zu unterstützen", mahnte er und fügte hinzu: "Wünschen Sie uns Glück."

"Wir wollen einfach frei sein"

Protest vor UN-Sitz: Exilsyrer in GenfBild: Reuters

Während die offiziellen Delegationen im Palais des Nations, dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in Europa, mit dem UN-Sondergesandten verhandelten, demonstrierten draußen Hunderte von Exilsyrern, die aus ganz Europa angereist waren. Sie tauchten den Genfer Place des Nations in ein Meer von rot-weiß-schwarzen Nationalflaggen. Mit ihrer Anwesenheit vor den Toren der UN wollten sie vorführen, dass aller Regierungspropaganda zum Trotz die syrische Nationale Koalition großen Rückhalt in der Bevölkerung genießt.

Der 32-jährige Ziad Malki war aus Zürich angereist, um seine Solidarität zu zeigen. Ziad weiß, wie es sich anfühlt, keine Versammlungs- und Redefreiheit zu genießen. Bei einer Demonstration in Damaskus war er 2005 verhaftet und nach eigenen Angaben im Gefängnis gefoltert worden. Im Exil kämpft er für ein neues Syrien. Mit Baschar al-Assad und seiner Familie sei das nicht möglich, ist Ziad überzeugt: "Wir wollen diesen Mann nicht mehr an der Macht. Was sein Vater gemacht hat, was er gemacht hat, wir wollen ein Ende für dieses Regime. Wir wollen einfach frei sein, wir wollen reden ohne Angst."

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