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Politik

Opposition: Medien zensieren Erdogans Rivalen

11. Mai 2018

Die Wahlkampagne in der Türkei läuft auf vollen Touren. Doch die Opposition beklagt, dass man sie in den traditionellen Medien ignoriere. Sie könne ihren Wahlkampf fast nur in Sozialen Medien führen.

Medien Türkei Istanbul Zeitungskiosk
Bild: Getty Images/C. McGrath

Auf dem Parteitag der AKP sagte Erdogan diese Woche: "Wenn unsere Nation eines Tages "genug" (auf Türksich - "tamam") sagt, dann werden wir auch zur Seite treten." Prompt nahmen Erdogans Kritiker seine Worte auf und machten daraus ihren Wahlslogan. Innerhalb von 24 Stunden wurde das türkische Wort "tamam” mehr als 2 Millionen Mal als Hashtag auf Twitter gepostet. Es schaffte somit nicht nur in der Türkei, sondern auch international auf Twitter Platz 1 bei den Hashtags.

Soziale Netzwerke sind für die Wahlkampagne der Opposition die wichtigste Plattform. In den sogenannten Mainstream-Medien finden sie kaum statt.

Interviews, die nicht statt finden

Muharrem Ince, der Kandidat der stärksten Oppositionspartei CHP, startete seine Wahlkampagne in seiner Heimatstadt Yalova. Seine Rede kam in den Nachrichtensendungen nicht vor, während fast jede Rede von Erdogan live übertragen wird.

CHP-Kandidat Muharrem InceBild: picture-alliance/R. Aydogan

Hohe Wellen hat in den sozialen Medien eine Geschichte über Ince und ein geplatztes Hürriyet-Interview geschlagen. Die auflagenstärkste türkische Zeitung wollte offenbar ein Interview mit Muharrem Ince führen. Doch dann wurde es angeblich von oben gestoppt. Belege gibt es keine, aber Hürriyet hat diese Geschichte auch nicht dementiert. Die Dogan-Gruppe, zu der Hürriyet früher gehörte, wurde im März dieses Jahres an die Erdogan-treue Demirören-Gruppe verkauft 

Nicht nur bei privaten Sendern, sondern auch beim öffentlich-rechtlichen TV-Kanal TRT finden die oppositionellen Kandidaten keinen Platz. Und das, obwohl TRT einen in der Verfassung festgeschriebenen Auftrag für eine ausgewogene Berichterstattung hat.

"Embargo-Report" der HDP

Die prokurdische HDP scheint am stärksten von der Nicht-Beachtung in den Medien betroffen zu sein. Die Partei hat einen Bericht erstellt, in dem sie die mediale Berichterstattung seit den Wahlen am 7. Juni 2015 analysiert und spricht von einem "medialen Embargo” für die HDP. 

Laut diesem Bericht wurde die letzte Rede des ehemaligen HDP-Co-Vorsitzenden Selahattin Demirtas in den Nachrichtensendern NTV, CNN Türk sowie Habertürk am 17.März 2015 ausgestrahlt. In dieser Rede verwendete Demirtas den Wahl-Slogan seiner Partei "Wir werden dich nicht Präsident werden lassen”, was laut HDP dazu führte, dass kein weiterer Parteitag live übertragen wurde.

Laut dem HDP-Medienbericht hat der Nachrichtensender NTV seit 830 Tagen, CNN Türk seit 650 Tagen und Habertürk seit 751 Tagen keinen einzigen HDP-Abgeordneten zu Wort kommen lassen.

Demonstration für die Freilassung von DemirtasBild: Getty Images/AFP/O. Kose

Der ehemalige HDP- Co-Vorsitzende Demirtas ist mittlerweile seit anderthalb Jahren in Haft. Doch das hat die Partei nicht davon abgehalten, ihn als Kandidaten bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen aufzustellen. Da er keine Beachtung in den Medien findet und keine Wahlkampfveranstaltungen organisieren kann, bleiben die sozialen Netzwerke der einzige Weg für ihn, mit den Wählern zu kommunizieren. Mit Hilfe seines Anwaltes verbreitet er seine Botschaften. 

Reporter ohne Grenzen: AKP-nahe Medien schüren Hass

Erol Önderoglu, Türkei-Korrespondent von "Reporter ohne Grenzen", sagte der DW: "Die Türkei steht wieder einmal vor Wahlen, die medial von demokratischen Grundprinzipien weit  entfernt sind".

Laut Önderoglu habe die Regierung es in den letzten zehn Jahren geschafft, die Medien zum größten Teil auf ihre Linie zu bringen. Das sei aber nicht die einzige Gefahr für die Journalisten im Land. Die AKP-nahen Medien würden nämlich nicht nur die Regierung offen unterstützen, sondern auch Hass in der Gesellschaft schüren. "Vorsitzende der Oppositionsparteien werden als "Verräter” oder "Übeltäter” abgestempelt. Die Erdogan-kritische Hälfte der Gesellschaft wird in der Berichterstattung tagtäglich diskriminiert. Das ist zutiefst besorgniserregend”, meint Erol Önderoglu.

Die einseitige Berichterstattung in den türkischen Medien wird bei der Entscheidung der Wähler bestimmt eine Rolle spielen.

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