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Politik

Schwindende Herzlichkeit: Trump und Saudi-Arabien

1. Oktober 2018

US-Präsident Trump hat von Saudi-Arabien öffentlich Geld für den militärischen Schutz des Landes eingefordert. Auch sonst sind die Beziehungen beider Länder leicht eingetrübt. Das Königreich sortiert sich in Teilen neu.

US-Präsident Trump in Saudi-Arabien
Bild: picture alliance/dpa/E.Vucci

Die Amerikaner geben ungern allzu viel Geld für den Treibstoff ihrer Autos aus. Tief in die Tasche greifen sie für Benzin das ganze Jahr über nicht, und damit absehbar auch im nun nahenden November nicht. Dann aber finden in den USA die mid-term-Wahlen statt - traditionell ein Termin, zu dem die amerikanischen Präsidenten nach der Hälfte ihrer Amtszeit auf ihre Wiederwahl schielen. Darum präsentieren sie den Bürgern dann gerne erfreuliche Nachrichten - etwa den von niedrigen Treibstoffpreisen.

Wohl auch darum, vermuten mehrere US-Medien, interveniert Präsident Donald Trump seit geraumer Zeit bei dem saudischen König Salman: Der möge bitte die Ölpreise senken oder die Fördermenge erhöhen. Zu beidem konnte sich die OPEC bei ihrem jüngsten Treffen nicht entschließen. So trat Trump am Sonntag in West Virginia vor die amerikanische Öffentlichkeit, um ihr mitzuteilen, er habe den König am Samstag angerufen, um noch einmal über die Öl-Preise zu sprechen.

Dabei berichtete er über weitere Einzelheiten des Gesprächs. "Ich liebe Saudi-Arabien", habe er König Salman wissen lassen, um dann sein Anliegen vorzutragen: "König, Sie haben Milliarden Dollars. Aber wer weiß, was passiert, wenn wir nicht mehr da sind. Mit uns leben die saudischen Bürger in vollkommener Sicherheit. Bloß bekommen wir nicht, was wir bekommen sollten", habe er ihm erklärt. "Ich sagte, Saudi-Arabien, Ihr seid reich, Ihr müsst für Euer Militär bezahlen, sorry."

Schon während seinerReise im Mai 2017 nach Saudi-Arabien hatte Trump die finanziellen Erwartungen seines Landes angesprochen. Damals drängte er seine saudischen Gesprächspartner recht unverblümt zu Waffenkäufen. Die unterzeichneten dann tatsächlich einen Kaufvertrag über mehr als 100 Milliarden Dollar. Schon damals war Trumps stark ökonomisch geprägtes Verständnis der Beziehungen zwischen den beiden Ländern aufgefallen. Eben diesem hat er nun noch einmal starken und direkten Ausdruck verliehen.

In aller Freundschaft? US-Präsident Trump bei seinem Besuch in Riad im Mai 2017Bild: picture alliance /dpa/Saudi Press Agency

Ernüchterung in Riad

Hat sich das Verhältnis der beiden Staaten abgekühlt? Tatsächlich gebe es Probleme zwischen beiden Ländern, sagt Sebastian Sons, Saudi-Arabien-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Doch das gute Verhältnis wollten beide Staaten grundsätzlich aufrechterhalten. "Vor allem von saudischer Seite wird immer betont, wie eng und vertrauensvoll das Verhältnis zu den Amerikanern ist und wie sich das Verhältnis vor allen Dingen unter Donald Trump nochmal deutlich verbessert hat." Das derzeitige Verhältnis der beide Staaten sei wesentlich durch den Umstand geprägt, dass sie einen gemeinsamen Feind, nämlich den Iran, hätten.

Diese Tatsache übertünche die Probleme, die sich zwischen den beiden Partnern aufgetan hätten. So habe Saudi-Arabien bereits bei Ausbruch der Katar-Krise angenommen, sehr viel stärker auf Trump zählen zu können als es nachher tatsächlich der Fall war. "Solche Erfahrungen schränken die Möglichkeiten der saudischen Außenpolitik inzwischen auf gewisse Art ein. Dennoch bleiben die USA für Saudi-Arabien der wichtigste Partner, allen Differenzen zum Trotz."

Distanz in der amerikanischen Öffentlichkeit

In der amerikanischen Öffentlichkeit wird das enge Verhältnis zu Saudi-Arabien immer kritischer betrachtet. Das Königreich habe eine Reihe "schlechter Entscheidungen" getroffen, schreibt der Kolumnist Bruce Riedel im Internet-Magazin "Al Monitor". Dazu zählt er unter anderem die Krise mit Katar, die willkürlichen Verhaftungen von - auch weiblichen - Opponenten und Kritikern und vor allem den verheerenden Krieg im Jemen. Die Abwesenheit ordentlicher Gerichtsprozesse und rechtsstaatlicher Prinzipien hätten zudem zum Rückzug vieler internationaler Anleger aus dem Land geführt. Auch die Zeitung "Politico" geht mit den amerikanisch-saudischen Beziehungen hart ins Gericht. Sie wirft Präsident Trump vor, angesichts der Missstände im Königreich nicht hinreichend auf Abstand zu diesem zu gehen. Die USA "prostituierten" sich in ihrer Beziehungen zu dem Golfstaat, so "Politico". Trump habe den Saudis einen Blanko-Scheck für eine Politik ausgestellt, die die US-Werte untergrabe.

Land unter Bomben: Szene aus Jemens Hauptstadt Sanaa, August 2018Bild: Reuters/K. Abdullah

Schwierige Partnersuche

Die neue Distanz werde, allen Beschwichtigungsversuchen zum Trotz, auch in Saudi-Arabien bemerkt, sagt Sebastians Sons im Gespräch mit der DW. Das Land stehe aber vor einer Schwierigkeit: Es könne kaum auf andere Partner setzen. "Politisch gesehen sind die Alternativen sehr dünn. So hindert das enge historisch gewachsene Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und den USA etwa eine mögliche Kooperation mit Russland. Saudi-Arabien wird dort nicht zu Unrecht als amerikanischer Verbündeter wahrgenommen."

Immer entschiedener hat Saudi-Arabien in den letzten Jahren seinen Anspruch als Regionalmacht betont. Den allzu enger Kontakte zu Iran beschuldigten Nachbarn Katar hat es sich zu einem hörigen Vasallen machen wollen, während es im Jemen die ebenfalls enger Bindungen zum Iran verdächtigten Huthis - de facto aber auch und vor allem die Zivilbevölkerung - bekriegt. Beide Konflikte, in die Wege geleitet von dem jungen Kronprinzen Mohammed bin Salman, sind der Kontrolle des Königreichs zu großen Teilen entglitten. Auch mit Blick auf Syrien konnte es seine Interessen, allen voran die Absetzung von Präsident Baschar al-Assad, nicht durchsetzen.

So ist es auf Verbündete dringend angewiesen. Allerdings habe das Königreich seine Kräfte noch nicht ausgespielt, sagt der im amerikanischen Exil lebende saudische Journalist Jamal Khashoggi. "Das Land hat zahlreiche Kontakte. Notfalls kann es sich auch selbst verteidigen", so Khashoggi im DW-Interview.

Wirtschaftliche Probleme

Ebenso drängen aber auch wirtschaftliche Probleme. Der Börsengang des Staatsunternehmens Saudi Aramco ist abgepfiffen worden. Ob ein neuer Versuch erfolgt, ist ungewiss. Dadurch ist auch die Zukunft des von Kronprinz Mohammed bin Salman verantworteten Zukunftsprojekts "2030" zumindest in Teilen fraglich geworden. Dieses sollte dazu beitragen, die saudische Wirtschaft auf die Zeit nach dem Öl vorzubereiten.

Ökonomisch hat das Königreich zumindest in Teilen bereits gehandelt. Saudi-Arabien habe sich bereits unter König Abdullah nach Asien orientiert, sagt Sebastian Sons. Auch zu Russland, China und Indien habe Riad die Wirtschaftsbeziehungen ausgeweitet. "Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass die USA durch das Fracking ja auch in der Energiepolitik immer unabhängiger werden. Auch darum denken die Saudis verstärkt über ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit nach."

Sie dürften gut daran tun. Dass Trump tatsächlich ein Freund des Königreichs ist, scheint nur bedingt sicher. Saudi-Arabien sei eine Milchkuh, die man melken müsse, hatte er vor seiner Präsidentschaft einmal erklärt. Gebe sie keine Milch mehr, müsse man sie schlachten.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika