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Politik

Sechs Antworten zu den syrischen Friedensgesprächen

23. Februar 2017

Zum vierten Mal wird in Genf eine Lösung für den Syrien-Krieg gesucht. Der Friedensprozess ist dabei so unübersichtlich wie der Konflikt selbst. Wir geben eine kleine Orientierungshilfe.

Schweiz Syrien Friedensgespräche
Bild: picture alliance/dpa/F. Coffrini

Wer vertritt die Opposition in Genf?

Die syrische Opposition ist extrem fragmentiert. In Genf ist sie durch das "High Negotiating Committee" (HNC) vertreten. Das wurde im Oktober 2015 auf einer Konferenz in der saudischen Hauptstadt Riad gebildet. Das HNC wird von den meisten jener Oppositionsgruppen anerkannt, die auf Unterstützung durch auswärtige Mächte wie die Türkei, Saudi-Arabien, die USA, Katar Frankreich und England angewiesen sind. Die Delegation des HNC wird von dem Anwalt Mohammad Sabra  und dem Herzchirurgen Nasr Al-Hariri angeführt.

Wer fehlt von der Opposition?

Die zwei größten und militärisch mächtigsten Oppositionsgruppen lassen sich nicht vom HNC vertreten und sind in Genf nicht dabei: Die Al-Kaida nahe stehende Tahrir al-Sham sowie die islamistische Ahrar al-Sham. Beide betrachten Verhandlungen als Verrat. Seit Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen in der kasachischen Hauptstadt Astana Anfang des Jahres hat es deshalb vermehrt Gefechte zwischen Tahrir a-Sham, Ahrar al-Sham und am Waffenstillstandsprozess beteiligten Oppositionsgruppen gegeben.  

Auf türkischen Druck hin ebenfalls nicht vertreten sind die Kurden. Die haben zwar die Region Rojava unter Kontrolle, sind militärisch stark und werden vom Westen unterstützt. Die Ton angebende politische Kurdenpartei PYD gilt jedoch als syrischer Arm der von der Türkei als Terrorgruppe bekämpften PKK. Deshalb ist die PYD, trotz ihrer Erfolge im Kampf gegen den IS, nicht nur in Genf ausgeschlossen, sondern auch von den Waffenstillstandsgesprächen in Astana.

Militärisch mächtig, ohne Mandat: In Genf sind die Kurden auf türkischen Druck nicht dabeiBild: picture alliance/NurPhoto/J. Simkin

Wer vertritt die syrische Regierung?

UN-Botschafter Baschar Al-Dschafari wird höchstwahrscheinlich die syrische Delegation anführen. Seit sechs Jahren, seit Beginn des Bürgerkriegs gilt der 61-jährige Diplomat als wichtigster Verteidiger von Machthaber Baschar al-Assad. Weil Dschafari seit Jahren alle Vorwürfe zu Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen ohne mit der Wimper zu zucken zurückweist und stur die Regierungsposition vertritt, wird er oft als "Lautsprecher Assads" bezeichnet.

"Assads Lautsprecher": der syrische UN-Botschafter DschafariBild: Getty Images/AFP/P. Desmazes

Wer organisiert die Konferenz?

Die Gespräche in Genf finden unter dem Mantel der Vereinten Nationen statt. Der Sonderbeauftragte der UN für Syrien, Staffan de Mistura, leitet die Gespräche. De Mistura arbeitet seit über vier Jahrzehnten für die UN. Sonderbeauftragter für Syrien ist de Mistura seit 2014. Zuvor hatten sich bereits Lakhdar Brahimi und Kofi Annan als Sonderbeauftragte die Zähne am Syrien-Konflikt ausgebissen.
Mit organisiert werden die Friedensgespräche von der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG). Der ISSG gehören 20 Staaten und internationale Organisationen an. Den Vorsitz teilen sich die USA und Russland. Der ISSG gehören Staaten mit so unterschiedlichen Interessen an wie Iran und Saudi-Arabien, China und die Türkei.

Vermittler zwischen verfeindeten Positionen: Staffan de MisturaBild: Reuters/D. Balibouse

Welche Friedenskonferenzen gab es bisher?

Der Friedensprozess in Syrien verläuft frustrierend langsam und stockend. Zum ersten Mal versammelten sich die USA, Russland und andere Nationen bereits im Juni 2012. Bei diesem Treffen - später Genf I genannt - einigten sich die Parteien auf ein Abschlusspapier, das Machthaber Baschar Al-Assad zwar nicht explizit erwähnte. Aber es verlangte einen Übergangsregierung, um das Ende seines politischen Systems einzuleiten. Dieses Dokument diente auch als Grundlage der Gespräche Anfang 2014 – Genf II - und Anfang 2016 - Genf III.

In diesem Jahr bereits zweimal fanden Konferenzen in kasachischen Hauptstadt Astana zwischen syrischer Regierung und Opposition statt. Dabei ging es um den von Russland, der Türkei und dem Iran garantierten Waffenstillstand. Der gilt seit 30. Dezember, ist allerding brüchig. Die UN und die USA sind als Beobachter in Astana dabei.  Bei der letzten Runde kam nicht einmal ein Abschlussdokument zustande. Dennoch erklärte Staffan de Mistura, die Gespräche in Astana und der Waffenstillstand hätten Chancen eröffnet, die ausgelotet werden müssten. Der UN-Diplomat warnte aber zugleich: "Ein Waffenstillstand ohne eine politische Lösung am Horizont wird zerbrechen."

Letzte Woche in Astana: Gespräche über einen brüchigen WaffenstillstandBild: picture-alliance/abaca/A. Raimbekova

Welche Positionen haben die Parteien?

Die Opposition fordert an erster Stelle das Ende der Herrschaft von Baschar Al-Assad. Sie werden daneben die Freilassung von Gefangenen fordern und ein Ende der Belagerung von Rebellengebieten.
Die Regierung wird bei ihrer Haltung bleiben, die gesamte bewaffnete Opposition bestünde aus Terroristen. Vor allem nach den militärischen Erfolgen der jüngsten Zeit ist ein Rücktritt Assads unwahrscheinlicher denn je.

UN-Sonderbeauftragter de Mistura hat noch am Wochenende erklärt, sich bei den Verhandlungen an den Vorgaben der Resolution 2254 des Sicherheitsrates der UN auszurichten: Die stammt vom Dezember 2015 und fordert eine "glaubwürdige, inklusive und nicht-konfessionelle Verwaltung", eine neue Verfassung sowie Wahlen unter UN-Aufsicht.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die Erwartungen an einen Durchbruch in Genf heruntergeschraubt. Guterres erklärte in München: "Frieden kann es nur geben, wenn keine der Konfliktparteien glaubt, gewinnen zu können. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in Syrien schon an diesem Punkt sind."

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