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Seehofer stemmt sich gegen Rassismusstudie

18. September 2020

Der Bundesinnenminister stellt sich demonstrativ hinter die Polizei. "Dieser Vorgang" in NRW tue zwar weh, doch die große Mehrheit der Beamten sei untadelig.

Deustchland Berlin Innenminister Horst Seehofer
Bild: John MacDougall/AFP/Getty Images

Ungeachtet des Rechtsextremismus-Skandals bei der nordrhein-westfälischen Polizei lehnt Bundesinnenminister Horst Seehofer (Archivbild) eine Studie zu rassistischen Vorurteilen von Polizisten weiter ab. "Dieser Vorgang" im bevölkerungsreichsten Bundesland "tut weh", sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). Er sei jedoch überzeugt, dass "die überwältigende Mehrheit" aller Polizisten "solche Machenschaften" ablehne und "zweifelsfrei zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung" stehe.

Seehofer will nach eigenen Worten auf ein Lagebild zu Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst warten, das der Verfassungsschutz Ende September vorliegen soll. Dieser Bericht war allerdings schon vor den aktuellen Entwicklungen geplant.

"Kein Generalverdacht"

Gegenwind kommt vom Koalitionspartner. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht verlangte von ihrem Kabinettskollegen, eine Rassismusstudie nicht länger abzulehnen. Seehofer müsse einsehen, dass es gerade nicht darum gehe, Polizisten "unter Generalverdacht" zu stellen. Vielmehr liege es in deren ureigenem Interesse, "dass wir mehr wissen", sagte die SPD-Politikerin im Fernsehsender ntv.

Es müsse geklärt werden, welche Instrumente bei der Einstellung, der Ausbildung und im Dienst der Beamten verändert werden könnten, um gegenzusteuern. Lambrecht stellte fest: "Wir haben mittlerweile Verhältnisse [...], die schon sehr bedenklich sind." Seit geraumer Zeit könne man nicht mehr von Einzelfällen reden. Zugleich sprach sich die Ministerin für Meldestellen aus, an die sich Polizisten wenden können, wenn sie extremistische Äußerungen oder Aktionen mitbekommen. Damit könne verhindert werden, dass Beamten das Etikett anhafte, Kollegen anzuschwärzen.

"Bedenkliche Verhältnisse": Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (Archivbild)Bild: Mika Schmidt/Getty Images

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Georg Maier, stellte eine eigene Studie der SPD-regierten Bundesländer in Aussicht. Die sozialdemokratischen Innenminister seien sich einig, dass sie eine Untersuchung zu Rassismus innerhalb der Polizei wollten, und das "notfalls auch allein". Maier sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die schiere Zahl von Einzelfällen wird langsam mal zu viel." Er wolle allerdings keine "Gesinnungsprüfung" bei den Beamten. Deswegen sollten die Polizeigewerkschaften in das Vorhaben einbezogen werden.

Ausmaß, Verbreitung, Ursachen

Teilen der Opposition geht das nicht weit genug. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte der "Rheinischen Post": "Wir brauchen dringend eine wissenschaftliche Untersuchung in jedem Bundesland und im Bund, die Auskunft über Ausmaß, Verbreitung und Ursachen verfassungsfeindlicher Tendenzen bei der Polizei gibt." Die Politikerin war früher selbst als Polizistin tätig.

Polizeistreife in der Kölner Altstadt (Symbolbild)Bild: Christoph Hardt/Geisler-Fotopress/picture-alliance

In Nordrhein-Westfalen waren 30 überwiegend dem Polizeipräsidium Essen unterstehende Beamten vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Ermittler hatten zuvor fünf rechtsextreme Chatgruppen aufgedeckt. Aber auch in anderen Bundesländern waren in den vergangenen Monaten Rechtsextremismus-Vorwürfe gegen Polizisten laut geworden, etwa in Hessen. Dort hatten mehrere Personen Morddrohungen unter Angabe persönlicher Daten erhalten, die mutmaßlich an Polizeicomputern abgefragt worden waren.

jj/wa (dpa, afp, epd)

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