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Politik

"Masterplan"- 63 Punkte Konfliktstoff

10. Juli 2018

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat nach wochenlanger Verzögerung seinen Asyl-"Masterplan" vorgelegt. Dieser sieht eine Reihe von Verschärfungen vor. Das birgt politischen Sprengstoff. Christoph Hasselbach berichtet.

Horst Seehofer - Innenminister - Islam und Deutschland
Bild: picture alliance/dpa/S. Hoppe

Bisher, so glaubt Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU, sei die Ordnung in zu kurz gekommen. Daher wolle er seinem "Masterplan" eine Balance zwischen "Ordnung und Humanität" erreichen. "Kein Land dieser Welt kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen", sagte Seehofer mit einem Seitenhieb auf die Bundeskanzlerin und fügt hinzu, seine Partei wolle eine "Asylwende" einleiten. Vier Wochen verspätet hat Horst Seehofer seinen "Masterplan Migration" mit 63 Punkten jetzt vorgestellt. Dabei handelt es sich nicht um einen "Plan der Koalition", betont der CSU-Innenminister. Er berücksichtigt zwar die schwierige Einigung zwischen den Unionsschwestern CDU und CSU, aber nicht die mit der SPD. Von daher ist fraglich, ob sich die SPD hinter den Plan stellen wird. Aber auch die Zustimmung anderer Staaten oder der deutschen Bundesländer, die für manche der Maßnahmen notwendig ist, bleibt unklar. Hier die umstrittensten und gleichzeitig wichtigsten Punkte des "Masterplans":

Ziel ist die "Ordnung, Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung"Bild: Reuters/H. Hanschke

ZURÜCKWEISUNGEN:

Dies hatte zum Streit zwischen Merkel und Seehofer geführt und schließlich sogar eine Regierungskrise ausgelöst. Es geht um die mögliche Zurückweisung von Personen, die schon in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Nach den Dublin-Regeln sind diese Staaten für die Asylverfahren zuständig. Seehofers Masterplan sieht jetzt vor, dass solche Personen an der deutschen Grenze für längstens 48 Stunden in "Transitzentren" festgehalten und auf der Grundlage von Abkommen mit diesen Ländern dorthin zurückgeschickt werden. Weigert sich das entsprechende Land, soll die Zurückweisung nach Österreich erfolgen, ebenfalls auf Basis einer Vereinbarung. Ursprünglich sah dieser Punkt wohl die einseitige und unabgestimmte Zurückweisung vor.

Allerdings gibt es diese Abkommen mit den verschiedenen Ländern noch nicht, und es ist fraglich, ob es sie in Zukunft geben wird. Erstaunlich ist, dass Seehofer an dem Wort "Transitzentren" festhält. Denn nach einem Kompromiss mit dem Koalitionspartner SPD hatten sich die Regierungsparteien auf den Begriff "Transitverfahren" geeinigt. "Das ist nicht ein Masterplan der Koalition, sondern der Masterplan meines Hauses", sagte Seehofer dazu. Wenn er jede Änderung berücksichtigen wolle, müsse er sonst den Plan fast täglich ändern, begründete er das Festhalten an dem Begriff, auf den sich die Union geeinigt hatte. Die SPD hatte kritisiert, "Transitzentren" klinge ihr zu sehr nach geschlossenen Lagern - was Seehofer zurückgewiesen hat.

Manche Grenzgänger sollen gar nicht erst einreisen und wieder zurückgeschickt werdenBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

ANKERZENTREN:

Die sogenannten Ankerzentren sind einer der Schlüsselpunkte des Seehofer Plans und stehen bereits im Koalitionsvertrag. "ANKER" steht für ANKunft, Entscheidung, Rückführung. In diesen Einrichtungen soll das gesamte Asylverfahren stattfinden, die Kompetenzen von Bund, Ländern und Kommunen zusammengeführt und der Prozess dadurch beschleunigt werden. Von den geplanten Zurückweisungen direkt an der Grenze abgesehen, sollen alle anderen Asylbewerber zunächst in die Ankerzentren kommen. Hier sollen sie registriert werden, dann sollen sie ihren Antrag stellen können. Werden sie anerkannt, sollen sie auf die Kommunen verteilt werden, werden sie abgelehnt, sollen sie vom Ankerzentrum direkt in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Erste Pilotprojekte sind für den kommenden Herbst geplant. Allerdings sind auch die Ankerzentren noch nicht in trockenen Tüchern. Denn die Bundesländer müssen sie einrichten, und nur wenige Landesregierungen waren bisher überzeugt davon.

ASYLVERFAHREN:

Hier plant Seehofer deutliche Verschärfungen gegenüber der jetzigen Praxis, die der Bundesinnenminister als zu lax empfindet. Bei Asylbewerbern, die ihre Identität nicht durch entsprechende Dokumente nachweisen können - und das gilt für die Mehrheit - soll laut Plan in Zukunft angenommen werden, dass der Antrag "offensichtlich unbegründet" ist. Dafür ist ein beschleunigtes Verfahren vorgesehen. Bei diesen Antragstellern wird gewissermaßen die Beweislast umgedreht, und man geht man davon aus, dass sie sich Asyl erschleichen wollen. Wer Asyl bekommt, soll außerdem verpflichtet werden, nach einer gewissen Zeit bei der Überprüfung seiner weiteren Bleibeberechtigung mitzuwirken. Ein weiterer Punkt hat vor allem im Zusammenhang mit Straftaten, aber auch mit der Unterbringung von Asylbewerbern immer wieder zu rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen geführt: das Alter eines Schutzsuchenden. Hier sieht der Masterplan vor, dass in allen Fällen, in denen Zweifel am angegebenen Alter bestehen, eine medizinische Altersfeststellung vorgeschrieben wird. Schließlich plant Seehofer, die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, BAMF, von einer unabhängigen Stelle überprüfen zu lassen. Das BAMF war ins Gerede gekommen, als aufgedeckt wurde, dass zahlreiche Asylverfahren im Sinne von Antragstellern manipuliert wurden. 

Der Aufnahmestandort Manching in Bayern ist als eines der Ankerzentren geplantBild: picture-alliance/dpa/S. Puchner

SOZIALLEISTUNGEN:

"Sachleistung vor Geldleistung" ist laut Masterplan in Zukunft die Devise, um keine falschen Anreize zu setzen. Wo immer es praktikabel und rechtlich möglich ist, will Seehofer bei Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften und bei Abgelehnten durchsetzen, dass sie statt Bargeld, um damit die Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen, zum Beispiel Lebensmittelgutscheine bekommen. Auch die Wartezeit soll länger werden, bis ein Asylbewerber statt der niedrigeren Asylbewerberleistungen die höheren auf Basis von Hartz-IV erhält: statt 15 Monate drei Jahre. Wer im Asylverfahren schummelt oder sich gegen eine Überprüfung der Identität wehrt, dem droht eine Kürzung der staatlichen Leistungen. Dasselbe soll demjenigen drohen, der bei den Integrationskursen schwänzt oder gegen Wohnsitzauflagen verstößt.

ABSCHIEBEHAFT:

Bisher macht der Staat sehr wenig Gebrauch vom Mittel der Abschiebehaft, mit der gewährleistet werden soll, dass sich Ausreisepflichtige nicht der Abschiebung entziehen, indem sie zum Beispiel untertauchen. Dieses Zwangsmittel will Seehofer ausweiten. Allerdings gibt es nur wenige Plätze für Abschiebehaft. Dem will der Innenminister auch dadurch abhelfen, dass Abschiebehäftlinge in normalen Gefängnissen zusammen mit den dortigen Häftlingen untergebracht werden. Eigentlich verbietet das eine EU-Regelung - Seehofer will sie befristet aussetzen. An Flughäfen könnten außerdem bundeseigene Abschiebegefängnisse entstehen. Da Abschiebungen Ländersache sind und die Länder immer wieder über Abschiebehindernisse klagen, plant Seehofer überdies, dass der Bund die Ländern hier stärker unterstützen soll.

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