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Politik

Seenotretter beugen sich Italiens Druck

8. August 2017

Tagelang durfte ein spanisches Rettungsschiff nicht in italienische Häfen einlaufen, weil die NGO nicht den Kodex der italienischen Regierung unterzeichnete. Der Streit um Bootsflüchtlinge wird zur Zerreißprobe.

Lybien: Eine spanische Krankenschwester auf dem Rettungsschiff "Golfo Azzuro" hält ein kleines Kind auf ihrem Arm. (Foto: picture alliance/dpa/AP/A. Surinyach)
Bild: picture alliance/dpa/AP/A. Surinyach

Als vierte Hilfsorganisation hat "Proactiva Open Arms" den Verhaltenskodex der italienischen Regierung für private Seenotretter unterzeichnet. Das teilte das Innenministerium in Rom mit. Die Organisation mit Sitz in Spanien hatte bislang nur angekündigt, das unter Helfern umstrittene Regelwerk auch offiziell anzunehmen. Nichtsdestoweniger erhob "Proactiva Open Arms" Vorwürfe gegen die italienischen Behörden.

Tagelang im Mittelmeer blockiert

Nach eigenen Angaben rettete die Besatzung in einer von der italienischen Küstenwache koordinierten Operation hundert Seemeilen von der libyschen Küste entfernt drei Libanesen aus Seenot. Das Schiff wurde auf dem Mittelmeer blockiert, nachdem die Leitstelle der italienischen Küstenwache die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verweigerte. Die Besatzung der "Golfo Azzurro" durfte zuvor auch nicht in den Hafen von Malta einlaufen. Der Inselstaat begründete die Entscheidung nach einem Bericht der Zeitung "Malta Today" damit, dass die Rettungsaktion im Zuständigkeitsbereich Italiens stattgefunden habe.

Ja- und Neinsager unter Seenotrettern 

Vor "Proactiva Open Arms" unterschrieben vergangene Woche die Organisationen "Migrants Offshore Aid Station" (MOAS) und "Save the Children" und später auch "Sea Eye" den Verhaltenskodex. Hingegen lehnten "Ärzte ohne Grenzen", "Jugend Rettet", "Sea Watch" und "SOS mediterranee" die Selbstverpflichtung ab. Der Verhaltenskodex sieht unter anderem eine Offenlegung der Finanzierung und strengere Regeln für die Bergungsoperationen vor.

Italien fordert Flüchtlingsrettungsorganisationen zur Unterzeichnung eines neuen Verhaltenskodex auf, der die Anwesenheit von Polizisten an Bord von deren Schiffen vorsieht. Überdies dürfen die Schiffe die Ortung nicht abschalten und müssen Gerettete selbst nach Italien bringen, ohne diese an andere in der Umgebung befindliche Frachter zu übergeben. Mehrere Hilfsorganisationen verweigerten die Unterzeichnung der Richtlinien; Italien droht für diesen Fall mit Verboten, italienische Häfen anzulaufen – wie es jetzt bei der "Golfo Azzurro" geschieht.

Verhaltenskodex Völkerrechtlich bedenklich

Gegen den harten Kurs von Innenminister Marco Minniti formt sich nun Widerstand. Sein Kabinettskollege Graziano Delrio stellte sich hinter private Seenotretter. Vorrang habe das internationale Recht, das die Rettung von Schiffbrüchigen vorschreibe, auch wenn die betreffenden Hilfsorganisationen den Kodex nicht unterzeichnet hätten, betonte Delrio in einem Interview der Zeitung "Repubblica". Ihm unterstehen die Küstenwache und die Hafenbehörden. Rechten Politikern, die härtere Restriktionen fordern, warf er rassistische und faschistische Haltungen vor.

Um Menschenleben zu retten, müssten die Schiffe näher an die Flüchtlingsboote heran, sagte Delrio. Er sei nicht gegen den von Minniti aufgestellten Verhaltenskodex für private Seenotretter.

pab/kle (afp, epd, kna)

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