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Selbstbewusster Gast aus China

20. September 2012

Der scheidende Ministerpräsident Wen hatte beim EU-China-Gipfel keine Hemmungen, die Wünsche Pekings klar und deutlich zu formulieren. Weitaus zugeknöpfter ging es dagegen im Umgang mit den Medienvertretern zu.

Ministerpräsident Wen, EU-Ratspräsident Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Barroso beim 15. EU-China-Gipfel in Brüssel (Foto: dapd)
Bild: dapd

China hat bei der Europäischen Union auf ein Ende des europäischen Waffenembargos gegen die Volksrepublik gedrungen. Er "bedaure zutiefst", dass für diesen Streitpunkt noch keine Lösung gefunden worden sei, sagte Ministerpräsident Wen Jiabao beim 15. EU-China-Gipfel in Brüssel. Er hoffe, die Europäische Union werde künftig "mehr Initiative" für die Lösung zeigen, fügte Wen hinzu.

Das Verbot von Waffenexporten aus der EU in die Volksrepublik war nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking 1989 eingeführt worden. Die EU hat nach Diplomatenangaben bislang nicht die Intention, das Embargo aufzuheben. Allerdings ist es innerhalb der EU nicht unumstritten.

Wen: China als volle Marktwirtschaft anerkennen

Chinas Regierungschef bekräftigte die Unterstützung seines Landes bei der Lösung der Schuldenkrise in den Euro-Staaten. Seine Regierung habe im Juni nicht nur beschlossen, 43 Milliarden Dollar an den Internationalen Währungsfonds zur Bekämpfung der Krise zu zahlen, sagte Wen. In den vergangenen Monaten habe China weiter in Anleihen von Regierungen der Euro-Zone und in den Euro-Rettungsfonds EFSF investiert.

Wen drang zugleich darauf, dass die EU China als volle Marktwirtschaft anerkennen möge. Dieser Status hat Auswirkungen auf Handelsstreitigkeiten etwa vor der Welthandelsorganisation in Genf. Solange China nicht als volle Marktwirtschaft gilt, kann die EU in Genf zum Beispiel leichter geltend machen, dass chinesische Firmen Dumping betreiben. Zuletzt hatte es Spannungen zwischen Peking und Brüssel gegeben, als die EU-Kommission eine Dumping-Untersuchung zu billigen Solarpaneelen aus der Volksrepublik einleitete.

China und EU nicht im Gleichklang

01:27

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Mehr Zusammenarbeit beim Klimaschutz

Dessen ungeachtet sagte China - einer der größten Produzenten von Treibhausgasen - der Europäischen Union eine engere Zusammenarbeit beim Klimaschutz zu. Die Volksrepublik wolle gemeinsam mit den Europäern Systeme für den Emissionshandel entwickeln, teilte die EU-Kommission während des Gipfeltreffens mit. Andris Piebalgs, EU-Kommissar für Entwicklung, und der chinesische Handelsminister Chen Deming, unterzeichneten einen Vertrag über Finanzhilfen für Projekte, die den C02-Ausstoß der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt reduzieren sollen.

Die Teilnahme chinesischer Airlines am europäischen Emissionshandel blieb in Brüssel strittigBild: REUTERS

Strittig blieb die Teilnahme chinesischer Fluggesellschaften am europäischen Emissionshandel: Die EU verlangt eine Beteiligung ab April, um ihre Klimaziele zu erreichen. China weigert sich bislang aber, Rechte auf den Ausstoß von Treibhausgasen zu kaufen und damit seinen Airlines Kosten aufzuhalsen.

EU-Vertreter würdigen Wen

Zu Beginn des Gipfels hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Rolle des aus dem Amt scheidenden Wen bei der Verbesserung des Verhältnisses zwischen der EU und China in den vergangenen zehn Jahren gewürdigt. Beide Seiten seien sich heute stärker denn je ihrer wechselseitigen Abhängigkeit bewusst, so Van Rompuy. Der Handel zwischen beiden Seiten wuchs in zehn Jahren um 280 Prozent. China ist der zweitgrößte Handelspartner der EU, knapp hinter den USA.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ergänzte, die Freundschaft mit Peking erlaube es, "über alle Themen sprechen - jene, über die wir uns einig sind, und über jene, wo wir nicht immer einig sind." Ein Dissens besteht vor allem in Menschenrechtsfragen. Die EU kritisiert das Vorgehen Chinas in Tibet und die Verfolgung von Oppositionellen.

Keine Pressekonferenz zum Abschluss

Bereits vor dem Gipfel hatte die Absage der bei solchen Gelegenheiten üblichen Abschlusspressekonferenz für Wirbel gesorgt. Die chinesische Seite wollte nur 15 europäische Korrespondenten zulassen. Der Internationale Journalistenverband API sah darin den Versuch, unliebsame Fragesteller auszuschließen, und wollte die Bedingungen nicht akzeptieren. Daraufhin ließen Barroso und Van Rompuy die geplante Pressekonferenz platzen.

Und während Wens Eingangsstatement brach plötzlich die Übertragung des von der EU-Kommission betriebenen und frei empfangbaren Fernsehkanals "Europe by Satellite" ab. Da Journalisten wegen der Absage einer Pressekonferenz auf die übertragenen Erklärungen angewiesen waren, löste dies Irritationen im Pressekorps aus. Ein Sprecher des EU-Ministerrates erklärte, dass die chinesische Delegation um einen Stopp der Übertragung gebeten habe, weil Wens Einlassungen zum Embargo und der Marktwirtschaftsfrage bereits zum vertraulichen Teil der Verhandlungen gehört hätten. Dies sei ein übliches Vorgehen bei Übertragungen.

sti/gmf (afp, dpa, rtr)