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Politik

Selenskyi will vorgezogene Parlamentswahlen

20. Mai 2019

Der ehemalige TV-Komiker Wolodymyr Selenskyi hat in Kiew die Amtsgeschäfte des bisherigen Präsidenten Petro Poroschenko übernommen. Als erste Amtshandlung kündigte er die Auflösung des Parlaments an.

Ukraine Kiew Einführung von Präsident Wolodymyr Selenskyj
Selenskyi bei seiner ersten Rede als Präsident in der Werchowna Rada, dem ukrainischen ParlamentBild: Reuters/V. Ogirenko

In einer feierlichen Sitzung des Parlaments in Kiew legte Wolodymyr Selenskyi den Amtseid ab. Im Anschluss kündigte er an, das Parlament aufzulösen und in zwei Monaten neu wählen zu lassen. Ob er befugt ist, diesen Prozess einzuleiten, ist rechtlich umstritten.  Selenskyi hat keine Mehrheit in der Kammer. Im Vorfeld war deswegen bereits mit einer vorgezogenen Parlamentswahl gerechnet worden.

Frieden im Donbass als vorrangige Aufgabe

Als seine vorrangige Aufgabe nannte Selenskyi das Ende des Krieges im Osten des Landes. Für den Frieden im Donbass sei er bereit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und seine eigene Beliebtheit zu opfern, sagte er unter Beifall. Zugleich kritisierte Selenskyj die Regierung seines Vorgängers Petro Poroschenko. Sie habe nichts dafür getan, dass sich die Menschen im Donbass als Ukrainer fühlten. Einen Teil seiner Rede hielt er auf Russisch. Der frühere Schauspieler betonte, dass er alles dafür tun werde, die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder zurückzuholen. Er sei nicht bereit, Gebiete der Ukraine herzugeben.

Entgegen der gängigen Tradition ließ sich Selenskyi nicht mit einer Autokolonne zum Parlament fahren, sondern ging zu Fuß durch einen Park, in dem sich hunderte Menschen versammelt hatten. Flankiert von vier Leibwächtern klatschte er mit einigen der Zuschauer ab und machte Fotos mit seinen Anhängern.

Bild: Getty Images/AFP/S. Supinsky

Auch mehrere ausländische Staatsgäste waren anwesend. Deutschland wurde vom früheren Bundespräsidenten Christian Wulff vertreten. Nach Angaben ukrainischer Medien waren Vertreter Russlands nicht eingeladen worden. Mit der Wahl Selenskyis gab es Hoffnungen, die Beziehungen zu Russland könnten sich entspannen. Doch noch am Wochenende hatte der neue Präsident klargestellt, dass eine Normalisierung des Verhältnisses erst dann möglich sei, wenn die Halbinsel Krim und der Donbass nicht länger besetzt seien. Russland hatte die Halbinsel vor fünf Jahren annektiert - die EU und die USA stufen das als völkerrechtswidrig ein. Die Ukraine sieht sich deswegen im Krieg mit Moskau.

Russland reagierte prompt auf die Antrittsrede: Moskau wies die Forderung Selenskyis nach einer Rückgabe der Halbinsel Krim erwartungsgemäß entschieden zurück. "Die Krim ist eine Region Russlands", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Nach Kremlangaben gibt es auch weiterhin keine Gratulation von Präsident Wladimir Putin. Dieser werde Selenskyi gratulieren, wenn es erste Erfolge bei der Wiederherstellung der ukrainisch-russischen Beziehungen gebe und sich die Lage im Donbass normalisiere. 

Poroschenko mahnt zu außenpolitischer Kontinuität

Petro Poroschenko war 2014 zum Präsidenten der Ukraine gewählt wordenBild: Reuters/ Mikhail Palinchak/Ukrainian Presidential Press Service

Amtsvorgänger Petro Poroschenko mahnte seinen Nachfolger noch vor der Vereidigung zu außenpolitischer Kontinuität. Es sei sehr "wichtig, dass sich der neue Präsident verantwortungsbewusst zeigt und an den Prinzipien festhält, die wir in den vergangenen fünf Jahren etabliert haben", sagte Poroschenko der Zeitung "Die Welt". Er sei zuversichtlich, dass die europäische Solidarität auch nach der Europawahl mit der Ukraine anhalten werde - so lange die Ukraine keinen Fehler mache.

Poroschenko erinnerte daran, dass sich nach jüngsten Umfragen 69 Prozent aller Ukrainer und 80 Prozent derer, die zur Wahl gingen, für die europäische Integration der Ukraine ausgesprochen hätten. Ähnlich hoch liege die Zustimmung zum NATO-Beitritt des Landes. "Stellen Sie sich vor, die Ukraine ist heute die Europa-optimistischste Nation des Kontinents - und das bei dem hohen Preis, den sie dafür zu zahlen hat", so Poroschenko. Der ehemalige Präsident hatte nach seiner Wahlniederlage noch Richter am Obersten Gerichtshof ernannt sowie Posten und Orden vergeben.

Vom TV-Star zum Präsidenten

Noch im Mai 2018 trat Selenskyi als Komiker auf der Bühne aufBild: Imago Images/A. Gusev

Selenskyi hatte die Stichwahl im April gegen Poroschenko deutlich gewonnen. Der 41-Jährige ist ein Neuling in der Politik: Bisher war er vor allem für seine Polit-Comedy-Serie "Diener des Volkes" bekannt - der Titel ist gleichzeitig Name seiner Partei. In der Serie spielte Selenskyi einen Lehrer, der unbeabsichtigt in die Politik stolpert und Präsident der Ukraine wird, um gegen die Korruption zu kämpfen. Sie endet damit, dass der Lehrer eine finanzielle Katastrophe von der Ukraine abwendet und das Land eint.

cvo/sti (dpa, afp)

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