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KonflikteUkraine

Selenskyj: Russische Angriffe trotz "Oster-Waffenruhe"

20. April 2025

Der ukrainische Präsident begegnet der Initiative Putins mit viel Misstrauen, bietet zugleich aber die Kooperation seines Landes an. So greift Selenskyj auch wieder Trumps Vorschlag einer 30-tägigen Feuerpause auf.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit traurigem Gesicht bei einer Veranstaltung in Kyjiw
Staatschef Wolodymyr Selenskyj: "Die Ukraine wird entsprechend handeln" Bild: Ukraine Presidency/ZUMA/IMAGO

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat trotz der von Moskau angekündigten Feuerpause zum Osterfest von anhaltenden Kämpfen auf russischem Boden und von Artilleriebeschuss entlang der Front in der Ukraine berichtet. Die ukrainischen Streitkräfte hätten am Morgen 59 Fälle von Beschuss und fünf Angriffsversuche entlang der Frontlinie durch die russische Seite gemeldet, schrieb Selenskyj in der Onlineplattform X

Auch in der Ukraine selbst sei die russische Artillerie an manchen Frontabschnitten weiter zu hören. Russische Drohnen seien ebenfalls wieder im Einsatz. In der Hauptstadt Kyjiw und anderen Landesteilen wurde am Samstagabend Luftalarm ausgelöst.

Daher sei den Worten aus Moskau nicht zu trauen. "Wir wissen nur zu gut, wie Moskau manipuliert, und wir sind auf alles vorbereitet." Selenskyj weiter: "Jeder russische Schlag wird auf eine angemessene Antwort treffen." Der ukrainische Staatschef räumte aber ein: "In manchen Gebieten hat sich die Lage beruhigt." 

"30 Tage würden dem Frieden eine Chance geben"

Zugleich erklärte der Präsident, dass die Ukraine selbst bereit sei, die Waffenruhe einzuhalten. "Wenn Russland nun plötzlich bereit ist, sich wirklich auf ein Format des vollständigen und bedingungslosen Schweigens (der Waffen) einzulassen, wird die Ukraine entsprechend handeln", schrieb Selenskyj in X weiter. Er schlug zudem vor, die Waffenruhe über Ostersonntag hinaus zu verlängern. "30 Tage würden dem Frieden eine Chance geben", betonte der Staatschef in Kyjiw.

Für Millionen Ukrainer sei Ostern "einer der wichtigsten Feiertage", erklärte Selenskyj ergänzend in seiner abendlichen Videobotschaft. "Und Millionen Ukrainer werden in die Kirche gehen", fügte er hinzu. Russland habe im Krieg seit 2022 aber "mehr als 600 Kirchen, Gebetshäuser und Gotteshäuser zerstört oder beschädigt".

"In den Weiten der historischen Rus"

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Samstag gesagt, die "Oster-Waffenruhe" gelte vom Abend (17.00 Uhr MESZ) bis zu diesem Sonntag um Mitternacht (23.00 Uhr MESZ). Sie bezieht sich auf die Front in der Ukraine. Der Kremlherrscher begründete die Kampfpause bei einem Treffen mit Generalstabschef Waleri Gerassimow mit "humanitären Gründen" und rief die Ukraine auf, in diesem Zeitraum ebenfalls die Waffen niederzulegen.

Der russische Präsident Wladimir Putin (Zweiter von rechts) beim Ostergottesdienst in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau. Ganz links das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch KirillBild: Stringer/Anadolu/picture alliance

Der Kremlchef nahm in der Nacht an dem Ostergottesdienst in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale teil. Geleitet wurde dieser vom Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill. Der enge Verbündete Putins sagte in seinen Gebeten, dass "in den Weiten der historischen Rus ein dauerhafter und gerechter Frieden geschaffen werden kann", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur RIA. Es handelt sich vermutlich um eine Anspielung auf das mittelalterliche Großreich, das als Vorläuferstaat Russlands und der Ukraine gilt.

Analyst Oreschkin zu DW: Feuerpause "eine eklatante Heuchelei"

Die Ukraine hatte im vergangenen Monat einem Vorschlag von US-Präsident Donald Trump für eine vollständige und bedingungslose 30-tägige Waffenruhe zugestimmt. Putin lehnte dies jedoch ab. Zuletzt hatten die USA Druck in ihren Friedensbemühungen gemacht und mit einem Rückzug aus den Verhandlungen gedroht.

Der im Exil lebende russische Politologe Dimitri Oreschkin bezeichnete den zweitägigen Waffenstillstand Putins als "eine eklatante Heuchelei". Wollte der russische Präsident wirklich Frieden, hätte er eine Waffenruhe für die Osterwoche oder sogar zwei Wochen ausrufen müssen, sagte Oreschkin der Deutschen Welle.

Putin wolle mit der begrenzten Aktion signalisieren, dass er die Bemühungen von Trump respektiere. Er unternehme jedoch "keine ernsthaften Schritte in Richtung Deeskalation", erklärte Oreschkin gegenüber der DW weiter. Putin wolle nicht mit dem US-Präsidenten "offen aneinandergeraten", hoffe aber, den Prozess einer Konfliktlösung in die Länge ziehen und so "kleine Stücke ukrainischen Territoriums abknabbern" sowie seine Verhandlungsposition stärken zu können.

Gruppenbild von freigelassenen Kriegsgefangenen an einem nicht näher genannten Ort in der Ukraine Bild: Ukrainian Human Rights Ombudsman Dmytro Lubinets/Handout/REUTERS

Austausch von 538 Soldaten

Unterdessen tauschten Russland und die Ukraine nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau jeweils mehr als 240 Kriegsgefangene aus. Am Samstag seien 246 russische Soldaten "aus dem vom Kiewer Regime kontrollierten Gebiet" zurückgebracht worden. "Im Gegenzug wurden 246 ukrainische Kriegsgefangene ausgehändigt", erklärte das Ministerium in Onlinediensten. Zudem seien "31 verwundete Kriegsgefangene im Austausch gegen 15 verwundete russische Kriegsgefangene" übergeben worden.

Von der Ukraine freigelassene russische Soldaten besteigen in Belarus einen Bus, der sie in die Heimat fahren soll Bild: Russian Defense Ministry Press Service/AP Photo/picture alliance

sti/ack (afp, dpa, DW)