Senat bestätigt Amy Coney Barrett als Verfassungsrichterin
27. Oktober 2020Amy Coney Barrett ist erzkonservativ, tief religiös - und gewissermaßen ein Wahlkampfgeschenk von US-Präsident Donald Trump an seine Anhänger. Denn die Ernennung konservativer Bundes- und Verfassungsrichter war eines von Trumps zentralen Zielen vor Beginn seiner Amtszeit. Mit der Bestätigung der 48-jährigen Juristin durch den Senat in Washington, die ohnehin nur als Formsache galt, wächst rund eine Woche vor der Präsidentschaftswahl in den USA die konservative Mehrheit am mächtigen Supreme Court auf sechs zu drei Richter. Und dieses Verhältnis ist auf Jahre oder sogar Jahrzehnte gesichert. Denn Verfassungsrichter werden in den Vereinigten Staaten auf Lebenszeit ernannt.
52 zu 48 Ja-Stimmen
Trumps Republikaner stellen im Senat 53 der 100 Senatoren. 52 von ihnen stimmten jetzt für Barrett. Anschließend legte sie im Weißen Haus den Eid auf die Verfassung ab. An diesem Dienstag soll die Juristin vom Vorsitzenden Richter des Supreme Court, John Roberts, vereidigt werden.
Bereits im Vorfeld der Wahl tönte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, bald "werden wir ein neues Mitglied im Obersten Gerichtshof der USA haben". Die andere Seite werde auf lange Zeit nicht in der Lage sein, viel dagegen zu unternehmen. McConnells demokratischer Gegenspieler Chuck Schumer warf den Republikanern "eklatante Heuchelei" vor. Ihr Vorgehen werde den Republikanern auf ewig als Makel anhaften.
Barrett folgt Ruth Bader Ginsburg nach
Trump hatte die 48-jährige Barrett im September nach dem Tod der linksliberalen Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg für den Supreme Court nominiert. Das sorgte bei den Demokraten für Empörung: Sie riefen den Präsidenten vergeblich auf, den Posten so kurz vor der Wahl nicht neu zu besetzen. Die Oppositionspartei argumentierte, der Wahlsieger solle das Recht zur Nominierung eines neuen Verfassungsrichters bekommen.
Die in konservativen und religiösen Kreisen hoch angesehene Barrett hatte es bei den Anhörungen im Justizausschuss vor zwei Wochen abgelehnt, Stellung zu umstrittenen Themen wie dem Gesundheitssystem, dem Abtreibungsrecht und der Homo-Ehe zu beziehen. Sie verweigerte auch die Zusage, dass sie sich für befangen erklären würde, sollte Trump bei einer möglichen Wahlniederlage vor den Obersten Gerichtshof ziehen.
Die Verschiebung des Kräfteverhältnisses am Obersten Gerichtshof könnte bereits Anfang November Folgen haben, falls Republikaner und Demokraten wegen mutmaßlicher Verstöße bei der Präsidentschaftswahl klagen sollten und diese Fälle am Supreme Court landen.
se/wa (ap, dpa, rtr, afp)