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Politik

Sendeverbot für Deutsche Welle in Russland

3. Februar 2022

Russlands Regierung hat der Deutschen Welle, dem Auslandssender der Bundesrepublik, ein Sendeverbot erteilt. Der Schritt ist eine Reaktion auf das Verbot des deutschsprachigen Programms ihres Staatssenders RT DE.

Das DW-Studio in Moskau
Das DW-Studio in MoskauBild: DW

Das russische Außenministerium in Moskau hat die Schließung des DW-Korrespondentenbüros in der Hauptstadt Moskau und den Entzug der Akkreditierungen der DW-Journalisten angeordnet. Zudem sollen die Sendelizenzen für die TV-Kanäle der DW in Russland entzogen werden. Das Moskauer DW-Büro wurde am Freitag morgen geschlossen. Die DW-Journalisten müssen im Lauf des Tages ihre Akkreditierungen abgeben. 

Sendeverbot für DW in Russland: Juri Rescheto

03:43

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Ein russischer Behördensprecher versicherte laut der Nachrichtenagentur Tass, DW-Journalisten dürften auch ohne Akkreditierung weiter in Russland arbeiten. Das Außenministerium teilte ferner mit, es werde auch ein Verfahren eingeleitet, um die Deutsche Welle zum "ausländischen Agenten" zu erklären. Das umstrittene Ausländische-Agenten-Gesetz verpflichtet Einzelpersonen und Organisationen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten, ihre Publikationen mit speziellen Kennzeichnungen zu versehen. Kreml-Kritiker sehen in dem Gesetz ein politisches Instrument, um Oppositionelle und zivilgesellschaftliche Gruppen zum Schweigen zu bringen.

Moskau droht mit weiteren Sanktionen

Es seien zudem Sanktionen vorgesehen gegen "Vertreter deutscher staatlicher und öffentlicher Strukturen, die an der Einschränkung der Ausstrahlung von RT beteiligt sind", erklärte das russische Außenministerium. Es stellte klar, diese Maßnahmen seien ein "erster Schritt" in Moskaus Vergeltungsmaßnahmen. "Zu gegebener Zeit" werde eine weitere Reaktion folgen, hieß es. 

Sendeverbot für DW: Intendant Peter Limbourg

02:33

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DW protestiert und spricht von Überreaktion 

DW-Intendant Peter Limbourg sagte, die Maßnahmen der russischen Behörden seien in keiner Weise nachvollziehbar und eine völlige Überreaktion. "Wir werden hier in einer Weise zum Spielball gemacht, wie es Medien nur in Autokratien erfahren müssen. Wir protestieren in aller Form gegen diese absurde Reaktion der russischen Regierung und werden den Rechtsweg beschreiten, um gegen die angekündigten Maßnahmen vorzugehen. Bis uns die Maßnahmen offiziell zugestellt werden, berichten wir weiter aus unserem Büro in Moskau. Selbst, wenn wir es letztendlich schließen müssten, würde unsere Berichterstattung über Russland dadurch nicht beeinträchtigt. Vielmehr würden wir die Berichterstattung deutlich verstärken."

Die Deutsche Welle hat seit 2005 in Russland Sendelizenzen für ihre TV-Kanäle DW English und DW Deutsch. Die aktuellen Lizenzen der russischen Medienbehörde gelten für DW English bis 2025 und für DW Deutsch bis 2027. Auf dem deutschen Kanal gibt es laut DW auch ein tägliches zwei- bis vierstündiges Programmfenster in russischer Sprache. Damit entspreche man den für die Lizenz notwendigen Auflagen.  

Roth: Sendeverbot nicht hinnehmbar

Von einer Sprecherin des Auswärtigen Amtes hieß es: "Die Maßnahmen, die die russische Regierung heute gegen die Deutsche Welle angekündigt hat, entbehren jeglicher Grundlage und stellen eine erneute Belastung für die deutsch-russischen Beziehungen dar." Sollten die von der russischen Regierung verfügten Maßnahmen gegen die Deutsche Welle tatsächlich umgesetzt werden, würde dies die freie Berichterstattung unabhängiger Journalistinnen und Journalisten in Russland, der gerade in politisch angespannten Zeiten eine besondere Bedeutung zukomme, in erheblichem Maße einschränken.

Als in keiner Weise hinnehmbar hat auch die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, das Sendeverbot für die DW bezeichnet. "Die Entscheidung ist offensichtlich als Gegenreaktion auf die Entscheidung der Landesmedienanstalten gedacht, die Verbreitung des zulassungspflichtigen Rundfunkprogramms von RT DE zu untersagen", teilte Roth in Berlin mit. Die Gleichsetzung entbehre allerdings jeglicher Grundlage. Die Grünen-Politikerin betonte, die DW sei staatsfern organisiert. "Das heißt, anders als bei RT DE nimmt der deutsche Staat keinen Einfluss auf die Programmgestaltung." 

Retourkutsche aus Moskau

Russlands Führung reagiert mit der Anordnung auf das Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssenders RT DE. Die Regierung in Moskau wertete diese Entscheidung als Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit. "Die Situation ist völlig klar: Ein russisches Medienunternehmen, ich würde sogar sagen, ein internationales Medienunternehmen, hat ein Verbot in Deutschland zu senden. Das ist nichts weniger als ein Angriff auf die Meinungsfreiheit", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur Interfax. 

In Deutschland hatten die Regulierer der zuständigen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) bei den Medienanstalten am Mittwoch die Verbreitung des Fernsehprogramms RT DE untersagt. Als Grund wurde das Fehlen einer Sendelizenz angeführt.

Innenansicht DW-Studio Moskau Bild: DW

"In Deutschland ist kein Staatsfunk erlaubt"

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte bei ihrem Treffen mit ihrem Kollegen Sergej Lawrow im Januar in Moskau deutlich gemacht, in Deutschland sei kein Staatsfunk erlaubt. 

RT - ehemals Russia Today - sendet international in sechs Sprachen und behauptet, sein  deutschsprachiges Programm trage zur Meinungsvielfalt in Europa bei. Kritiker werfen RT dagegen vor, mit der Verbreitung von Desinformation und Propaganda ein Sprachrohr des Kremls zu sein.

Merz kritisiert Entscheidung Russlands zur DW

00:52

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Lambsdorff sieht "Überreaktion"

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff forderte, Bundeskanzler Olaf Scholz müsse bei seinem anstehenden Russland-Besuch auf eine Rücknahme des Sendeverbots drängen. Dabei müsse Scholz in Moskau deutlich machen, dass Selbstisolation schädlich sei, sagte Lambsdorff der Deutschen Welle. Das Sendeverbot für die DW in Russland sei "eine bilaterale Angelegenheit von höchster Bedeutung".

Lambsdorff sagte weiter, es gebe keine Gleichwertigkeit zwischen DW und RT. "Die Deutsche Welle mit Russia Today zu vergleichen, wie es das russische Außenministerium getan hat, ist absolut lächerlich." Die Deutsche Welle sei "eben gerade kein Staatssender wie Russia Today, sondern bietet ein unabhängiges Programm". Er sprach in diesem Zusammenhang von einer Überreaktion der russischen Regierung. Die Entscheidung zeige einmal mehr, dass sich Russland von universellen Werten wie Demokratie und Meinungsfreiheit entferne und weiter in die Selbstisolierung bewege.

Auch Rundfunkanstalten und Medien-Gewerkschaften protestieren scharf

Die Spitzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland haben das russische Sendeverbot für die Deutsche Welle verurteilt. Die ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger, ZDF-Intendant Thomas Bellut und Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue teilten in einem Statement mit: "Hier wird freie, unabhängige Berichterstattung radikal eingeschränkt, um politischen Druck auszuüben. Dass damit zugleich die Pressefreiheit zum Faustpfand gemacht wird, erfüllt uns mit großer Sorge." 

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, das Sendeverbot für die Deutsche Welle in Russland sofort wieder aufzuheben. Außerdem müssten alle Journalistinnen und Journalisten des deutschen Auslandssenders ihre Akkreditierungen zurückerhalten. "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diese drastische Zensurmaßnahme", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Von der Bundesregierung erwartet der DJV einen "deutlichen und unüberhörbaren Protest" gegen die Schikane: "Die Bundesregierung steht in der Verantwortung für die Deutsche Welle und ihre Beschäftigten. Das muss Moskau unverzüglich klargemacht werden."

Scharfer Protest kam auch von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). In einer Erklärung heißt es, Russland gehe vehement gegen Zeitungen, Rundfunksender und Blogger im eigenen Land vor und unterbinde jetzt auch die freie Berichterstattung aus dem Ausland durch die Deutsche Welle. "Das ist ein klarer Angriff auf die Pressefreiheit in einem Land, das Meinungsfreiheit und demokratische Opposition auch gewaltsam unterdrückt."

se/qu/kle (dw, rtr, dpa, afp) 

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