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PolitikSpanien

Separatisten verlieren Mehrheit bei Wahl in Katalonien

13. Mai 2024

Bei der Regionalwahl in Katalonien haben die bisher regierenden Unabhängigkeitsbefürworter ihre Mehrheit eingebüßt. Stärkste Kraft wurden die Sozialisten. Beide Lager sind auf Koalitionspartner angewiesen.

Der bisherige Regionalpräsident Pere Aragones geht von der Bühne
Die ERC des bisherigen Regionalpräsidenten Pere Aragonès erlitt eine herbe NiederlageBild: Josep LAGO/AFP

Die bisher regierenden Parteien der Unabhängigkeitsbefürworter erreichten dem vorläufigen Endergebnis zufolge nur 59 Sitze, die Mehrheit im Regionalparlament in Barcelona liegt bei 68. Die Sozialisten des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez errangen 42 Sitze, neun mehr als bisher. Damit müssen aber auch sie sich nach möglichen Koalitionären umsehen.

Wahlsieger Illa verspricht Aussöhnung und Aufschwung

Unter dem lauten Jubel seiner Anhänger rief der sozialistische Spitzenkandidat Salvador Illa nach der Regionalwahl: "Erstmals hat die Sozialistische Partei die Wahlen in Katalonien nach Stimmen und nach Sitzen gewonnen!" In seiner Rede knüpft er an den Aussöhnungskurs des Sozialisten-Chefs Sánchez an und betonte: "Kein Katalane wird von dieser neuen Etappe, die heute beginnt, ausgeschlossen werden." Er wolle Regionalpräsident werden, damit Katalonien wieder zur führenden Wirtschaftsregion Spaniens werde.

Seine Sozialisten durften jubeln: Spitzenkandidat Salvador Illa Bild: Quique Garcia/EPA

Der spanische Ministerpräsident Sánchez schrieb im Onlinedienst X von einem "historischen" Ergebnis. Noch an diesem Montag soll Illa Koalitionsgespräche aufnehmen. Für eine Koalition der Sozialisten in Barcelona sehen Analysten vor allem die Linke als Partner, mit der Sánchez auch in Madrid regiert.

Die drei Unabhängigkeitsparteien hatten seit rund einem Jahrzehnt in der wirtschaftlich starken nordspanischen Region regiert. 2017 hatten sie Spanien mit ihren Abspaltungsbemühungen in die schwerste politische Krise seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 1970er-Jahren gestürzt.

Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont, gegen den in Spanien immer noch ein Haftbefehl wegen seiner Unabhängigkeitsbestrebungen vorliegt und der deshalb von Südfrankreich aus Wahlkampf machen musste, hatte bei der Wahl auf eine Rückkehr an die Macht in Katalonien gehofft. Er hatte angekündigt, im Falle einer Niederlage aus der Regionalpolitik auszusteigen.

Carles Puigdemont gab am Wahltag in Südfrankreich eine PressekonferenzBild: David Borrat/EPA

Zuwachs für Puigdemonts Partei

Puigdemont konnte mit seiner Partei Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) bei der Wahl tatsächlich aufholen und landete mit 35 Sitzen hinter den Sozialisten auf Platz zwei. Die andere große Partei der Unabhängigkeitsbefürworter, die vom derzeitigen Regionalpräsidenten Pere Aragonès angeführte ERC, verlor jedoch 13 Sitze und verfügt nun nur noch über 20 Sitze. Aragonès erklärte am Wahlabend, seine Partei werde in die Opposition gehen, und schloss eine Unterstützung der Sozialisten aus. Der dritten Partei von Unabhängigkeitsbefürwortern, der linksgerichteten Separatistenpartei CUP, wurden vier Sitze zugerechnet.

Deutliche Zuwächse verzeichnete die konservative Volkspartei (PP), die im Vergleich zu 2021 zwölf Sitze hinzugewann und jetzt 15 Sitze hat. Die rechtsextreme Partei Vox sicherte sich erneut elf Sitze. PP und Vox sind entschiedene Gegner der Bestrebungen nach einer Abspaltung Kataloniens. Die Wahlbeteiligung war mit 58 Prozent überraschend niedrig.

Der sozialistische Spitzenkandidat Illa hatte bereits bei den vorangegangenen Regionalwahlen im Februar 2021 die meisten Stimmen bekommen. Jedoch wurde er nicht Regionalpräsident, weil Junts per Catalunya, ERC und CUP eine Koalition bildeten. Mit 74 Sitzen kamen sie damals noch auf eine Mehrheit.

Rückenwind für Zentralregierung

Für Spaniens Regierungschef Sánchez wäre die Rückeroberung der Macht durch die Sozialisten in Barcelona ein großer Sieg für seine Politik der Entspannung in Katalonien. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018 hatte Sánchez versucht, die durch das Unabhängigkeitsreferendum ausgelöste Krise zu entschärfen. Er hatte den Dialog mit der gemäßigten ERC gesucht und Anführer der Unabhängigkeitsbewegung begnadigt, die wegen ihrer Rolle bei dem Abspaltungsversuch 2017 inhaftiert worden waren.

Mit seiner Aussöhnungspolitik und seinen Zugeständnissen habe Sánchez den Konflikt in Katalonien weitgehend entschärft und den Separatisten - die Madrid traditionell als "Feind Nummer eins" betrachten - den Wind komplett aus den Segeln genommen, hieß es in einer Talkrunde des Fernsehsenders RTVE am späten Sonntagabend.

Katalonien und der Traum der Unabhängigkeit

28:36

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Zuletzt hatte Sánchez dem umstrittenen Amnestiegesetz zugestimmt, um sich die Unterstützung der Katalanen im spanischen Parlament und damit eine Mehrheit für seine Regierung in Madrid zu sichern. Noch in diesem Monat soll das spanische Parlament endgültig über das Gesetz abstimmen - ungeachtet des erbitterten Widerstands der rechten und ultrarechten Parteien.

Kann Puigdemont heimkehren?

Bei der Wahl hatte der frühere katalanische Regionalpräsident Puigdemont auf eine Rückkehr in dieses Amt gehofft - und auf eine Heimkehr nach Katalonien, was infolge des von Sánchez geplanten Amnestiegesetzes in greifbare Nähe gerückt ist. Trotz des Widerstands der damaligen konservativen Zentralregierung in Madrid und eines gerichtlichen Verbots war 2017 ein Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien abgehalten worden. Es kam zur Konfrontation mit Madrid, Puigdemont floh vor der spanischen Strafverfolgung ins Exil, blieb aber weiterhin in der Regionalpolitik aktiv und führte Junts per Catalunya von Belgien aus.

Da die ideologischen Gräben zwischen den Parteien in Katalonien tief sind, könnte eine Wiederholung der Abstimmung notwendig werden. Sollten die Verhandlungen nach den Wahlen nicht bis August zu einer Einigung führen, würden im Oktober Neuwahlen stattfinden.

kle/mak (afp, rtr, dpa)