Serbien: Gewalt bei Protesten gegen Vucic-Regierung
14. August 2025
Besonders heftig sind die Ausschreitungen in der Stadt Novi Sad im Norden Serbiens gewesen. Kritiker und Anhänger des Regierungslagers bewarfen sich gegenseitig mit Feuerwerkskörpern und weiteren Gegenständen. Die Polizei musste massiv eingreifen, wie örtliche Medien berichteten. Sie setzte Tränengas ein. Mindestens 64 Zivilisten und fünf Militärpolizisten seien bei den Auseinandersetzungen vor dem Sitz seiner Serbischen Fortschrittspartei (SNS) verletzt worden, teilte Präsident Aleksandar Vucic mit.
Zusammenstöße wurden auch aus der Hauptstadt Belgrad gemeldet. Anhänger beider Lager beschimpften sich lautstark und warfen mit Gegenständen um sich. Ein großes Polizeiaufgebot hinderte Demonstranten daran, sich Büros der SNS und einem Zeltlager von Regierungsanhängern vor dem Parlament zu nähern.
Staatspräsident droht den Gegnern
Der Staatschef bezeichnete die Protestierenden als "Schläger und Mörder" und kündigte an, sie aus Belgrad und Novi Sad "entfernen" zu lassen, wie die Nachrichtenagentur Tanjug berichtete. Damit solle ein "Bürgerkrieg" verhindert werden, sagte Vucic demnach weiter. Er bedankte sich bei den "wunderbaren einfachen Leuten", die die Parteizentralen "vor verrückten Blockierern" geschützt hätten.
In anderen Teilen Serbiens gab es ebenfalls zahlreiche Demonstrationen gegen die Regierung. Sie fanden meist vor den örtlichen Parteibüros statt. Vielfach kam es laut Augenzeugen zu Handgemengen zwischen Anhängern beider Seiten sowie Polizisten.
Dacheinsturz löst Proteste aus
Bereits seit neun Monaten gehen in Serbien immer wieder aufgebrachte Bürger auf die Straße. Die Proteste wurden ursprünglich von Studenten initiiert. Auslöser war der Einsturz eines gerade sanierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024. Dabei kamen 16 Menschen ums Leben.
Unabhängige Experten und Oppositionelle sehen Schlamperei und Korruption unter der Vucic-Regierung als Ursache der Tragödie. Die Demonstranten verlangen den Rücktritt der Staatsführung und vorgezogene Neuwahlen. Die Regierungsgegner werfen Vucic und seinen Verbündeten Verbindungen zum organisierten Verbrechen, Gewalt gegen Rivalen und die Einschränkung der Medienfreiheit vor.
Vucic lehnt Neuwahlen bislang ab. Seine von der Fortschrittspartei geführte Koalition verfügt über 156 der 250 Sitze im Parlament in Belgrad.
Die jüngsten Proteste wurden zudem von gewaltsamen Vorfällen am Dienstagabend in den nordserbischen Ortschaften Vrbas und Backa Palanka befeuert. Dort waren regierungskritische Demonstranten von Regierungsanhängern tätlich angegriffen worden, ohne dass die Polizei dagegen einschritt. Mehrere Menschen erlitten Verletzungen.
se/AR (dpa, rtr, afp)