Serbien: Jugendliche neigen zu Selbstmord
24. August 2006Die allgemein pessimistische Stimmung in der Gesellschaft und ungewisse Zukunftsperspektiven - all dies sind Faktoren, die auf die Jugendlichen in Serbien einwirken und aus ihnen Menschen machen, die zu Verzweiflung und sogar zu Selbstmord neigen. Dies zeigt ein Untersuchungsergebnis des serbischen Zentrums für Selbstmord-Prävention Srce. Beklemmend ist die Tatsache, dass die Umfrage auf dem Exit-Festival, dem größten Musikfestival in Südosteuropa, das seit 2000 jeden Sommer in Novi Sad stattfindet, durchgeführt wurde. Dort, sollte man meinen, fühlen sich junge Leute glücklicher als sonst. Dennoch lautet die Quintessenz der Untersuchung von 500 Festival-Teilnehmern, dass das Problem Selbstmord unter den Jugendlichen in Serbien ausgesprochen akut ist und der Gedanke an Selbstmord als möglichem Ausweg aus den momentanen Problemen häufig vorkommt.
Generation der Desillusionierten
Silvija Bunjac von Srce sagte DW-RADIO, die Untersuchungen hätten ergeben, dass Depressionen und Hoffnungslosigkeit häufige Gefühle bei Jugendlichen seien. "Auf die Frage, welches Gefühl in ihrem Leben dominiere, antworteten nur 56 Prozent der Befragten, dass sie positive Gefühle hätten. Dagegen führten sogar 26 Prozent sehr negative Gefühle als dominant in ihrem Leben an. Darunter fällt: Verzweiflung, Depressionen und Hoffnungslosigkeit. Die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass die Gründe für diese Gefühle an negativen Stimmungen in ihrer Umgebung lägen, und 21 Prozent führen als Grund die schwierige gesellschaftliche Lage an." Eine Problemlösung strebten die Jugendlichen indes nicht an. "Die Befragten gaben als häufigste Art, diese Gefühle zu überwinden, an, dass sie vor den Problemen flüchten oder sie ignorieren", so Silvija Bunjac. Ihr zufolge ist beunruhigend, "dass sogar 26 Prozent der Befragten schon an Selbstmord gedacht haben. Vier Prozent denken im Augenblick darüber nach und 0,8 Prozent der Festival-Besucher haben erklärt, dass sie bereits einen Selbstmordversuch unternommen hätten."
Viele wollen Serbien verlassen
Die Psychologen in dem Untersuchungsteam raten Eltern und anderen Personen aus dem engeren Umfeld, mit den Jugendlichen offen zu reden, weil dies eine der besten Möglichkeiten sei, die Folgen schwerer Lebensumstände zu mildern. Fragt sich nur, inwiefern dies in Serbien – in der Schule, in der Familie, in der Gesellschaft – möglich ist. Zumal die Bevölkerung in Serbien von Jahr zu Jahr älter wird – teils wegen der niedrigen Geburtenrate, aber noch mehr wegen der Tatsache, dass als Folge der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die sie fühlen, die jungen Leute immer noch nur auf die erste Gelegenheit warten, Serbien zu verlassen.
Dinko Gruhonjic, Novi Sad
DW-RADIO/Serbisch, 23.8.2006, Fokus Ost-Südost