Serbien zwischen EU-Annäherung und Isolation
13. März 2008Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo am 17. Februar und die Anerkennung des neuen Staates durch die USA und die führenden EU-Mitglieder war der Anfang vom Ende der serbischen Regierungskoalition. Die nationalistischen und national-konservativen Parteien wollten einen klaren Konfrontationskurs gegenüber dem Westen, die Sozialdemokratien und Liberalen möchten weiter die Annäherung an die Europäische Union vorantreiben.
Zankapfel Kosovo
Gleichzeitig erklären alle: Kosovo sei weiterhin eine serbische Provinz. Daraus ziehen sie aber unterschiedliche Konsequenzen. So stellte Premier Vojislav Kostunica fest: „Kosovo gehört zu Serbien, und Serbien kann in die EU nur mit Kosovo. So einfach ist das. Die Parteien, die für den Erhalt Serbiens in seinen Grenzen eintreten, haben ihre Politik nicht geändert.“
Der Europa-kritische Kostunica glaubt, seine pro-europäischen Regierungspartner haben Kosovo aufgegeben. Zu den pro-europäischen Kräften zählt der serbische Präsident Boris Tadic. Er will die EU-Annäherung nicht mit dem Kosovo-Streit verbinden und warnt vor der Isolation seines Landes: „Die Bürger Serbiens haben ein besseres Leben verdient und eine Wirtschaftsperspektive, die nur innerhalb der EU möglich ist. Ich bin der Überzeugung, dass wir unser Kosovo vor der Unabhängigkeit am besten als Mitglied der EU schützen können.“
Angesichts der Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Koalition ist die Regierung Kostunica zurückgetreten. Präsident Tadic hat das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 11. Mai angesetzt. Doch ob die Wahlen etwas an den politischen Verhältnissen in Serbien ändern werden, ist ungewiss.
Erstarken nationalistischer Kräfte
Der Berliner Balkan-Experte Franz-Lothar Altmann glaubt, dass Tadic und seine Demokratische Partei sich auf Dauer nicht gegen die Unabhängigkeit des Kosovo und zugleich für die EU-Annährung aussprechen können. Altmann erwartet, dass der Verlust des Kosovo in Serbien die nationalistischen Parteien erstarken lässt. Er sieht deshalb wenig Chancen für eine prowestliche Regierung in Belgrad nach den Neuwahlen: „Das wird eine schwierige Koalitionsbildung werden. Wir müssen davon ausgehen, dass die Radikale Partei auf Grund der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Stimmen dazu gewinnen wird. Darauf hofft natürlich auch Kostunica. Und es wird wahrscheinlich so sein, dass die Demokratische Partei von Tadic Stimmen verliert.“
Dass der konservative Premier und die ultranationalistischen Radikalen nach den Wahlen eine neue Regierung bilden könnten, darüber wurde schon vor dem Rücktritt Kostunicas in Belgrad spekuliert. Die oppositionellen Radikalen sind seit Jahren die stärkste Partei im Parlament, aber bislang waren sie nicht an einer Regierung beteiligt.
Spielräume der EU
Um die Bildung einer nationalistischen Regierung in Serbien zu verhindern, könnte die EU versuchen, Einfluss auf die Parlamentswahl zu nehmen. Dazu könnte sie Belgrad erneut den Abschluss eines Assoziierungs-Abkommens oder eines anderen politischen Vertrages anbieten. Eine EU-Assoziierung hat Brüssel bereits vorgeschlagen. Sie wurde von Belgrad aber wegen der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Mitte Februar zurückgewiesen. Franz-Lothar Altmann meint: „Es wäre wichtig, dieses Ersatzabkommen noch einmal anzubieten, weil es essenziell das ist, was Serbien braucht: Handels- und Visa-Erleichterungen. Damit sollte man zeigen, dass der Weg nach Europa wieder begangen wird.“
Filip Slavkovic