Serena Williams tritt als eine der größten Tennisspielerinnen aller Zeiten ab. Ihr wichtigstes Vermächtnis ist jedoch die Art, wie sie ihren sportlichen Erfolg nutzte, um das Leben schwarzer Frauen zu verbessern.
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Serena Williams hat wohl ein letztes Mal den Tenniscourt als Profispielerin verlassen: Die 40-jährige Amerikanerin lieferte noch einmal eine große Show und kämpfte um jeden Ball - doch es reichte nicht zu einem weiteren umjubelten Sieg, womit sie das Achtelfinale der US Open verpasste. Williams unterlag der Weltranglisten-46. Ajla Tomljanovic im New Yorker Arthur-Ashe-Stadion in drei Sätzen (5:7, 7:6, 1:6).
Gegen die Australierin spielte die bisherige Hauptdarstellerin des Turniers lange einen starken ersten Satz, gab aber eine 5:3-Führung her. Im zweiten Satz führte sie bereits 4:0, musste dann aber doch in den Tiebreak - in dem sie starke Nerven bewies. Im dritten Satz zog Tomljanovic schnell davon. Doch Williams kämpfte im Stile eines Champions und wehrte fünf Matchbälle ab, bevor Tomljanovic nach 3 Stunden und 5 Minuten jubeln durfte.
Sportikone und Geschäftsfrau
Serena Williams hat in ihrer langen und erfolgreichen Karriere 23 Grand-Slam-Titel im Einzel gewonnen, dazu vier olympische Goldmedaillen, 14 Slams im Damen-Doppel, sie hat fast 100 Millionen Dollar an Preisgeld kassiert und auf der WTA-Tour über 850 Siege gefeiert. Neben dem Court war und ist sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau.
Vor allem aber war sie die erste afroamerikanische Frau, die ein Grand-Slam-Turnier in der Open Era gewann. Sie veränderte den Blick der schwarzen Community auf Tennis. Und sie wurde zu einer Ikone und zwang die Menschen, ihre Sichtweise auf Frauen im Sport, insbesondere auf schwarze Frauen, zu ändern.
Die Stärke der Unterstützung
Sie tat das durch ihre Erfolge und ihr Auftreten auf dem Platz, aber auch indem sie öffentlich das Wort ergriff und sich zu gesellschaftlichen und politischen Themen äußerte. Als 2016 Philando Castile und Alton Sterling in den USA ermordet wurden, postete sie eine Nachricht auf Facebook, in der sie erklärte, dass sie zu Gewalt gegen Schwarze fortan nicht schweigen werde. Im selben Jahr eröffneten Serena und ihre ältere Schwester Venus ein Gemeindezentrum in Compton, dem Stadtteil von Los Angeles, in dem sie aufwuchsen, um von Gewalt betroffenen Einwohnern eine Therapie anzubieten.
Zwei Jahre später lobte sie Colin Kaepernick für seinen Einsatz für die afroamerikanische Gemeinschaft. Als Sportartikelhersteller Nike den ehemaligen NFL-Quarterback als Markenbotschafter unter Vertrag nahm, sagte Williams, sie sei "besonders stolz darauf, heute ein Teil der Nike-Familie zu sein".
In diesem Jahr schrieb Williams einen Essay für die Zeitschrift "Elle", in dem sie enthüllte, dass sie bei der Geburt ihres Kindes fast gestorben wäre: "In den USA ist die Wahrscheinlichkeit, dass schwarze Frauen während oder nach der Geburt sterben, fast dreimal so hoch wie bei ihren weißen Geschlechtsgenossinnen", schrieb sie. "Viele dieser Todesfälle werden von Experten als vermeidbar angesehen. Mir zuzuhören und angemessen behandelt zu werden, war für mich der Unterschied zwischen Leben und Tod. Ich weiß, dass die Statistiken anders aussehen würden, wenn das medizinische Establishment auf die Erfahrungen aller schwarzen Frauen hören würde."
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Tennis-Trauma
Und auch die Tenniswelt stellte Serenas Entschlossenheit auf die Probe: Im Finale von Indian Wells wurde Williams 2001 in einer feindseligen Atmosphäre ständig ausgebuht. In seiner Autobiografie schreibt Williams' Vater Richard, die rassistischen Beleidigungen gegen ihn und seine Töchter seien nur so "durch das Stadion geflogen". Serena boykottierte Indian Wells danach für die nächsten 13 Jahre.
Bei den US Open 2004 verlor Williams im Viertelfinale gegen Jennifer Capriati nach einer umstrittenen Linienentscheidung. Dieses Match war ausschlaggebend für die Einführung der Hawk-Eye-Technologie im Tennis, ein Computer-System, mit dem die Flugbahn des Balls verfolgt und der genaue Treffpunkt bestimmt werden kann. Bei Williams hinterließ die offensichtliche Benachteiligung gegen Capriati ein Trauma.
"Meine Bälle wurden immer wieder aus gegeben, obwohl sie nicht einmal in der Nähe der Linie waren", sagte Williams kürzlich in einem Podcast mit Meghan Markle. "In diesem Match habe ich richtig Angst davor bekommen, überhaupt zu schlagen, denn jedes Mal, wenn ich den Ball schlug, gaben sie ihn aus, egal wie nah oder weit er von der Linie weg war."
Nachdem sie während des Endspiels der US Open 2018 gegen Naomi Osaka mit dem Schiedsrichter, von dem sie sich benachteiligt fühlte, in Streit geraten war und daraufhin die Fassung verloren hatte, stellte eine australische Zeitung Williams in einer Karikatur dar, die ihre körperlichen Merkmale übertrieb. Die National Association of Black Journalists in den USA prangerte dies als "auf vielen Ebenen widerwärtig" an.
Doppelmoral
Verändern wollte sich Williams trotz aller Kritik aber nie. "Ich kann nicht gewinnen, wenn ich jemand anderes bin, ich muss gewinnen, wenn ich Serena bin, und das bedeutet manchmal, dass ich grimmiger sein muss", sagte sie im Markle-Podcast. "Aber ist es kämpferisch, wenn die Männer sagen: 'Komm schon' oder ihre Fäuste schwingen? Für mich ist es aggressiv."
Obwohl Serena Williams eine außergewöhnliche Karriere hatte und sehr viel erreicht hat, geht sie nun in Tennis-Rente, ohne sich einen ganz großen Traum erfüllt zu haben: Sie hätte nur zu gerne auch den 24. Grand-Slam-Titel noch gewonnen und damit den Allzeit-Rekord von Margaret Court eingestellt, doch vier verlorene Finals in den Jahren 2018 und 2019 machten diese Hoffnung zunichte.
Ohnehin ging es Williams am Ende ihrer Laufbahn nicht darum, um jeden Preis zu gewinnen. "Ich kann es kaum erwarten, eines Tages aufzuwachen und mir buchstäblich keine Sorgen mehr darüber machen zu müssen, auf so hohem Niveau zu spielen und zu konkurrieren", sagte sie vor den US Open. "Das habe ich noch nie gefühlt."
Williams mag zwar ihr letztes Match und der Tennissport eine der größten Spielerinnen verloren haben, aber viele, die Serena Williams je zugeschaut oder ihr zugehört haben, haben gewonnen.
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.
Serena Williams, schillernde Tenniskönigin
Eine der größten Tenniskarrieren aller Zeiten steht vor dem Ende. Serena Williams, die seit mehr als 20 Jahren die Tennisszene geprägt hat, wird wohl nach den US Open den Schläger an den Nagel hängen.
Bild: Reuters/T.Peter
Abschied angekündigt
"Meine Güte, ich liebe Tennis. Aber jetzt hat der Countdown begonnen", schreibt Serena Williams auf Instagram. Sie wolle "endlich eine andere, aber einfach aufregende Serena entdecken". Bei den US Open, wo sie 1999 den ersten ihrer 23 Grand-Slam-Titel gewann, will die 40-Jährige offenbar zum letzten Mal aufschlagen. Sechsmal hat sie dort triumphiert - aber auch negative Schlagzeilen produziert.
Bild: Christopher Katsarov/Zumapress/IMAGO
Auch für Ausraster gut
2018 sorgt Williams im Finale der US Open, das sie gegen die Japanerin Naomi Osaka verliert, für einen Eklat. Sie beschimpft Schiedsrichter Carlos Ramos als "Dieb" und wirft ihm später Sexismus vor. Das erinnert an ihren Ausraster beim gleichen Turnier 2009: "Bei Gott, ich schwöre, dass ich dir einen dieser verdammten Bälle in den Hals stopfe", brüllt sie damals eine Linienrichterin an.
Bild: USA Today Sports/R. Deutsch
Erstes Training auf dem Betonplatz
Serena Williams wächst in einem Armenviertel von Los Angeles auf. Ihr Vater, ein Wachmann, führt in der Familie ein eisernes Regiment. Richard Williams ist auf einem Betonplatz der Stadt auch der erste Trainer seiner Töchter Serena (l.) und Venus (r.). Die jüngere Serena ist damals fünfeinhalb Jahre alt. Für beide ist es ein langer, harter Weg bis zur Weltspitze.
Bild: picture-alliance/AP Photo
Finalsieg gegen Steffi Graf
1997 gibt Serena Williams als 16-Jährige ihren Einstand auf der WTA-Tour. Zwei Jahre später gewinnt sie in Indian Wells ihr erstes Freiluft-Turnier. Sie setzt sich im Finale in drei Sätzen mit 6:3, 3:6 und 7:5 durch - gegen keine Geringere als den deutschen Tennis-Superstar Steffi Graf.
Bild: Getty Images/AFP/M. Nelson
Erster Grand-Slam-Titel 1999
Mit weißen Perlen im Haar holt sie sich im selben Jahr ihren ersten Grand-Slam-Titel. Zwei Wochen vor ihrem 18. Geburtstag besiegt Serena Williams im Endspiel der US Open in New York die Schweizerin Martina Hingis in drei Sätzen mit 6:3, 7:6 und 7:4.
Bild: Getty Images/Allsport/J. Squire
Power-Tennis
In ihrer Glanzzeit ist Serena Williams für ihr Power-Tennis gefürchtet. Sie bevorzugt das brachiale Spiel von der Grundlinie, mit einem unglaublichen Druck in ihren Schlägen. Damit jagt sie ihre Gegnerinnen von einer Seite des Feldes auf die andere. Anfangs verspotten Kritiker ihren Stil noch als "Slum-Tennis", doch sie verstummen rasch.
Bild: Getty Images/C. Brunskill
Zweimal "Serena-Slam"
Sie gewinnt alle vier Grand-Slam-Turniere mehrfach: je siebenmal die Australian Open und - wie hier 2012 - das Turnier auf dem "heiligen Rasen" von Wimbledon sowie sechsmal die US Open und dreimal die French Open. Zweimal gelingt ihr der sogenannte "Serena Slam" - der Gewinn der vier Prestigeturniere in Folge, allerdings über den Jahreswechsel hinaus: 2002/03 und 2014/15.
Bild: Reuters
Viermal Olympisches Gold
Olympiasiegerin wird Serena Williams zunächst im Doppel. Mit ihrer Schwester Venus holt sie im Jahr 2000 in Sydney, 2008 in Peking und 2012 in London jeweils Gold. Bei den Spielen in der britischen Hauptstadt wird sie zudem Olympiasiegerin im Einzel. Im Finale fertigt sie die Russin Maria Scharapowa mit 6:0 und 6:1 ab.
Bild: Getty Images/AFP/L. Acosta
Zeitweise mehr als nur Trainer
Seit Mitte 2012 wird Williams von dem französischen Trainer Patrick Mouratoglou betreut, der nahe Nizza die größte Tennisakademie Europas betreibt. 2013 verkündet ihre Rivalin Maria Scharapowa, das Verhältnis von Williams und Mouratoglou sei mehr als nur sportlicher Natur. Affären werden ihr auch mit dem bulgarischen Tennisprofi Grigor Dimitrow und dem kanadischen Rapper Drake nachgesagt.
Bild: picture alliance/CITYPRESS24/Gep
Ehefrau und Mutter
Seit Mitte 2015 ist Serena Williams mit dem US-Internetunternehmer Alexis Ohanian liiert. "Es ist einfach passiert", sagt sie später lapidar über die Romanze. 2017 bringt Williams die gemeinsame Tochter Alexis Olympia zur Welt. Die Geburt wird zu einem Kampf auf Leben und Tod. Williams muss wegen eines Blutgerinnsels im Bauch notoperiert werden. Im November 2016 folgt die Hochzeit mit Ohanian.
Bild: picture-alliance/AP Images/C. Burton
Freundin der Herzogin von Sussex
Sie sei eine "crossover celebrity", sagt Serena Williams, ein Promi weit über den Sport hinaus. "Ich bin Schauspielerin, Modedesignerin, Model und Athletin." Befreundet ist sie auch mit der Ehefrau des englischen Prinzen Harry, der früheren US-Schauspielerin Meghan Markle. Bei der royalen Hochzeit 2018 gehört sie zu den ausgewählten Gästen, ebenso wie Schauspieler George Clooney (2.v.l.).
Bild: picture-alliance/empics/O. Humphreys
Reichste Sportlerin der Welt
Keine Tennisspielerin hat so viel Preisgeld gewonnen wie Serena Williams: knapp 95 Millionen Dollar. Ihr Vermögen wird auf 250 Millionen Dollar geschätzt, damit gilt sie als reichste Sportlerin der Welt. Williams hat auch ein eigenes Mode-Label. Für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, ist sie als Botschafterin unterwegs und unterstützt unter anderem den Bau von Schulen in Afrika.
Bild: picture-alliance/newscom/J. Angelillo
An Steffi Graf vorbeigezogen
Ihren 23. und bis dato letzten Grand-Slam-Titel feiert Serena Williams vor der Babypause: Anfang 2017 bei den Australian Open. Im Finale in Melbourne besiegt sie ihre Schwester Venus (r.) in zwei Sätzen mit 6:4 und 6:4. Mit diesem Triumph zieht sie in der ewigen Grand-Slam-Liste an Steffi Graf vorbei, die 22 Grand-Slam-Turniersiege verbuchte.
Bild: Reuters/E. Su
Vier Finalniederlagen nach der Babypause
Im Februar 2018 gibt Williams ihr Tennis-Comeback nach der Geburt ihrer Tochter. Viermal ist sie nahe dran, den Rekord von 24. Grand-Slam-Erfolgen einzustellen, scheitert jedoch: in Wimbledon 2018 an der Deutschen Angelique Kerber (Bild) und 2019 an der Rumänin Simona Halep sowie bei den US-Open 2018 an der Japanerin Naomi Osaka und 2019 an der Kanadierin Bianca Andreescu.
Bild: Getty Images/O. Mason
Missglücktes Comeback
Wegen einer Oberschenkelverletzung kann Williams fast ein Jahr lang kein Tennis spielen. In Wimbledon gibt sie im Juni ihr Comeback im Einzel - und scheitert: In der ersten Runde muss sich die 40-Jährige der Französin Harmony Tan geschlagen geben. Die Zuschauer in London verabschieden sie mit großem Applaus. Ihnen ist klar: Williams wird wohl nicht mehr als Spielerin nach Wimbledon zurückkehren.