Nach Jahren der Bundesliga-Vorherrschaft ist der FC Bayern im Umbruch und Serge Gnabry will Teil der langfristigen Pläne sein. Er sprach mit der DW über die Begegnung mit Liverpool und seine Erfahrungen in München.
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DW: Serge Gnabry, Sie haben in Ihrer noch jungen Karriere einige Dinge und Vereine erlebt und stehen kurz davor, den ersten Vorgeschmack auf Champions-League-Fußball zu bekommen, jetzt, wo Bayern München in die K.o.-Phase einsteigt gegen den FC Liverpool, gegen eine Mannschaft, die in der letzten Saison das Finale erreicht hat...
Serge Gnabry: Es ist mein erstes Match in der K.o.-Phase, also freue ich mich darauf. Wir wissen, dass es ein hartes Match werden wird. Als wir die Auslosung gegen Liverpool sahen, dachten wir, es sei das schwierigste Los überhaupt. Es wird also sicher ein tolles Match. Aber wir sind Bayern München. Wir haben ein großartiges Team und einen großartigen Geist. Ich denke also nicht, dass wir uns zurückhalten und nicht mit dem Vertrauen dorthin gehen sollten, um das Spiel gewinnen zu können.
Haben Sie nach Jahren der Vorherrschaft in der Bundesliga jemals daran gedacht, dass Dortmund in Ihrer ersten Saison bei Deutschlands erfolgreichstem Verein in der Bundesliga-Tabelle vorbeiziehen würde?
Ich wünschte, wir wären im Moment an Dortmunds Stelle, ich will in dieser Saison meinen erste Meisterschaft gewinnen. Aber wir wissen, dass wir noch viel zu tun haben, um das zu erreichen. Dortmund spielt eine tolle Saison, also musst du ihnen die Anerkennung geben, die sie verdienen. Wir sind ein paar Mal ausgerutscht und müssen es besser machen. Hoffentlich können wir am Ende ganz oben landen.
Ist Dortmund ein Gesprächsthema in der Bayern-Kabine?
Natürlich sind sie das, niemand kann leugnen, dass sie vorne liegen. Es weckt unseren Ehrgeiz, ihre Ergebnisse zu hören. Aber zu sehen, was Dortmund tut, hilft uns nicht weiter - wir müssen unsere Arbeit machen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, Punkte zu sammeln, und dann am Ende, werden wir hoffentlich an ihnen vorbeiziehen.
Sie sind immer noch 23 Jahre alt, waren aber schon bei einer Reihe von Profi-Klubs. Wie sieht das Training bei Bayern im Vergleich zu den Trainingseinheiten in Ihren bisherigen Vereinen aus?
Es ist intensiv. Bei allem Respekt vor meinen bisherigen KClubs ist die Qualität hier einfach auf einem anderen Niveau. Natürlich ist das eine Herausforderung, und es hat ein wenig gedauert, sich an die Intensität und Qualität zu gewöhnen. Sobald Sie da draußen (auf dem Trainingsplatz) sind, lernen Sie, sich anzupassen und gewinnen Selbstvertrauen.
Haben sie viel von den erfahrenen Spielern gelernt, mit denen Sie jetzt eine Garderobe teilen?
Sicherlich. Diese Spieler haben viele Dinge erreicht, die ich nicht erreicht habe - sie haben Meisterschaften, Weltmeisterschaften, die Champions League gewonnen, also versuche ich, so viel wie möglich von ihnen zu lernen - auch charakterlich. Es ist gut, in ihrer Nähe zu sein.
Was ist anders, wenn man für Bayern spielt?
Wir sagen gerne, dass das Trikot schwerer ist. Es ist ein großer Klub, hat eine lange Geschichte und viele Fans. Natürlich gibt es einen gewissen Druck, weil sie sechs Meisterschaften in Folge gewonnen haben, aber es ist eine Ehre, jedes Mal das Trikot anzuziehen. Es war ein Kindheitstraum.
Braucht man ein großes Ego, um für Bayern zu spielen?
Du musst ein Ego haben, um für jeden Klub zu spielen; du musst auf dich selbst aufpassen. Natürlich spielen wir eine Mannschaftssportart, aber am Ende des Tages, wenn man einen besseren Job macht (als Einzelperson), hilft es dem Team. Aber die Bayern-DNA ist "Mia San Mia" ("wir sind wir").
Sie sind auch Teil der Nationalmannschaft, und die Qualifikation für die Euro 2020 steht im März an...
Es ist eine große Ehre, für dein Land zu spielen. Unser letztes Spiel war gegen Holland und wir werden im März wieder gegen sie antreten. Wir müssen uns steigern, ich weiß nicht, wie es zu diesem 2:2 im November [Anmerkung der Redaktion: in der UEFA Nations League in Gelsenkirchen] kommen konnte. Wir hätten das Spiel gewinnen müssen. Wir müssen die gleiche Leistung bringen wie beim letzten Mal, aber wir müssen nur sicherstellen, dass uns das Spiel diesmal nicht aus den Händen gleitet.
Serge Gnabry, 23, wurde in Stuttgart als Sohn eines ivorischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren. Er spielte in der Jugend für mehrere Vereine und trat schließlich dem Nachwuchs des VfB Stuttgart bei. Mit 16 Jahren kam er in die Jugendabteilung des FC Arsenal, schaffte bei den Londonern aber nie den Durchbruch im Profi-Bereich. Im Jahr 2016 kehrte nach Deutschland zurück, unterschrieb zunächst bei Werder Bremen, und dann bei Bayern München. Nach einem Jahr als Leihgabe in Hoffenheim kam er im Sommer 2018 zum FC Bayern. Für Deutschland durchlief er mehrere Jugend-Auswahlmannschaften und ist aktuell Mitglied der A-Nationalmannschaft.
Das Interview führte Kres Harrington.
Jürgen Klopp: Mit Herz und Charisma
Ein Champions-League-Triumph, eine englische Meisterschaft, weitere Titel. Jürgen Klopp und der FC Liverpool, das ist eine Erfolgsgeschichte. Zum Saisonende hört der Erfolgstrainer bei den "Reds" auf.
Bild: Manu Fernandez/AP/dpa/picture alliance
Volksheiliger
Schnell hat Jürgen Klopp die Herzen der Fans erobert: "Wir müssen uns von Zweiflern in Gläubige verwandeln", fordert er 2015 gleich an seinem ersten Tag in Liverpool. Der "Believer"-Schal ist heute einer der beliebtesten Fan-Artikel an der Anfield Road. Ebenso das "In Klopp we trust"-Shirt. Klopp ist Kult beim kultigsten Klub Englands. Angefangen hat er aber fernab der großen Fußball-Tempel.
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Gruppenbild mit Seeler
Jürgen Klopp wird 1967 in Stuttgart geboren und wächst im Schwarzwald auf. Als A-Jugendspieler des TuS Ergenzingen (oben, 2.v.l.) darf er bei einem Turnier 1985 in Hamburg sogar neben HSV-Legende Uwe Seeler stehen. Da ahnt noch niemand, dass sich heute Leute darum reißen, sich für ein Selfie neben Klopp platzieren zu können.
Bild: picture-alliance/dpa
Eher Fußball-Handwerker
Ein Ballzauberer ist Jürgen Klopp in seiner aktiven Karriere eher nicht. Der Stürmer, der beim Zweitligisten FSV Mainz 05 bald zum Verteidiger umschult, steht eher für einen rustikalen Stil. Die Fans mögen seine ehrliche Art, Fußball zu spielen. Als einziger Spieler der Mainzer hat er einen eigenen Fan-Klub, die "Kloppos".
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Abschied aus Mainz nach 18 Jahren
Nahtlos wechselt Klopp 2001 vom Spielfeld auf die Trainerbank. Nachdem Mainz zweimal knapp daran gescheitert ist, gelingt dem Team unter Klopp 2004 im dritten Anlauf der historische erste Aufstieg des FSV in die Bundesliga. Nach dem Abstieg 2007 und dem knapp verpassten Wiederaufstieg im Jahr darauf verabschiedet sich Klopp aus Mainz: nach 18 Jahren als Spieler und Trainer.
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Preisgekrönter TV-Experte
Klopp ist ein Energiebündel - und hat fast immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Verbunden mit seiner Fußball-Kompetenz macht ihn das zum idealen TV-Experten. Mit dem Ex-Schiedsrichter Urs Meier (l.) und Moderator Johannes B. Kerner (r.) bildet Klopp von 2005 bis 2008 beim ZDF ein eingespieltes Team. Später heuert er bei RTL als Experte an. Zweimal erhält er den Deutschen Fernsehpreis.
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Trendsetter
Jürgen Klopp kommt mit seiner offenen und sympathischen Art bei den Fernsehzuschauern und Fußballfans gut an - und wird auch zum Trendsetter. Selbst seine modischen Brillen werden von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. 2008 ernennt das "Kuratorium Gutes Sehen" Klopp zum "Brillenträger des Jahres".
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Stars machen
Mitte 2008 wird Klopp Cheftrainer von Borussia Dortmund. Der BVB ist nach der Fast-Pleite drei Jahre zuvor immer noch dabei, die Finanzen zu sanieren, sportlich läuft es nicht rund. Klopp verspricht, dem Verein "wieder in die Spur" zu helfen. Seine Devise lautet: Keine Stars kaufen, sondern sie machen. So stellt er die beiden erst 19 Jahre alten Mats Hummels und Neven Subotic ins Abwehrzentrum.
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Drei Titel in zwei Jahren
Klopps Rezept geht auf, der Weg des BVB führt nach oben. 2011 holen die Dortmunder die Meisterschale - und feiern hinterher so kräftig, dass der Trainer am Tag danach bei der Party mit den Fans auf dem Borsigplatz seine Augen hinter einer Sonnenbrille verbergen muss. 2012 schafft der BVB sogar das Double.
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Gelegentliche Ausraster
Bei allem Charme und Witz - immer wieder gehen Klopp an der Seitenlinie auch mal die Gäule durch - wie hier 2010 bei einem Disput mit dem Vierten Offiziellen, Schiedsrichter Stefan Trautmann. "Ich habe mich über mich selbst erschrocken, das war nicht in Ordnung", sagt Klopp, nachdem er dieses Foto gesehen hat.
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Glücklich verheiratet
Seit 2005 ist Klopp in zweiter Ehe mit seiner Frau Ursula verheiratet. Beide haben je einen Sohn aus früherer Ehe. "Ich wäre nicht im Ansatz derjenige, der ich bin, wenn es meine Frau nicht gäbe", verrät Klopp einmal der Zeitschrift "Gala": "Ich wäre nicht ein solch zufriedener Mensch." Seine "Ulla", so Klopp, möge auch seinen Bart, ein weiteres seiner Markenzeichen.
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Das Ende der Geheimratsecken
"Wir haben mit unseren Söhnen und einem Freund, der Arzt ist, zusammengesessen und darüber gesprochen, was man an sich ändern würde, wenn man könnte", sagt Klopp hinterher. Dem BVB-Trainer missfallen seine Geheimratsecken, also lässt er sie sich sich per Haartransplantation verkleinern. Und er redet 2013 offen darüber: "Ich finde, das Ergebnis ist ganz cool geworden, oder?"
2013 hat Klopp die Chance, seinen ersten internationalen Titel zu holen und dann gleich in der Champions League - im Finale im Wembleystadion in London gegen den deutschen Rivalen FC Bayern. Der BVB verliert unglücklich mit 1:2, der Siegtreffer der Münchener durch Arjen Robben fällt in der vorletzten Minute. Klopp ist als Tröster gefordert.
Bild: picture alliance/augenklick
Tschüss, BVB!
Mitte 2014 wird der BVB zum zweiten Mal in Serie Vizemeister, danach beginnt die Krise. Nach 18 Spieltagen steht Dortmund auf dem letzten Tabellenplatz. Klopp wirkt erschöpft. Immerhin führt er das Team noch als Siebter in die Europa League und ins DFB-Pokalfinale 2015, das der BVB gegen Wolfsburg mit 1:3 verliert. Zu diesem Zeitpunkt hat Klopp bereits seinen Abschied aus Dortmund verkündet.
Bild: Reuters/Ina Fassbender
"The Normal One"
Klopps "Sabbatjahr" dauert nur fünf Monate. Im Oktober 2015 wird er als neuer Teammanager des FC Liverpool vorgestellt. Angesprochen auf den Ausspruch "I'm the Special One" des portugiesischen Star-Trainers Jose Mourinho, antwortet Klopp: "Ich war ein durchschnittlicher Spieler, und in Mainz habe ich als durchschnittlicher Trainer angefangen. Man könnte sagen: I'm the Normal One."
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Liebling der Fans
Wie in Mainz und in Dortmund fliegen ihm auch in Liverpool die Herzen der Fans zu. Klopp lässt die "Reds" attraktiven Offensivfußball spielen - und formt, wie einst beim BVB, neue Stars. So reift Mohamed "Mo" Salah unter Klopp zu einem Weltklassespieler. Mit 32 Treffern bricht der Ägypter den Torrekord der Premier League und wird zum "Spieler der Saison 2017/18" gekürt.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen
Am Pokal vorbei
Wieder "nur" die Medaille für den zweiten Platz. Das Champions-League-Finale 2018 gegen Real Madrid ist Klopps drittes Endspiel mit dem FC Liverpool, das er verliert - wie zuvor die beiden Finals im Jahr 2016, im Ligapokal und in der Europa League. "Wir hatten kein Spielglück", sagt er hinterher. "Es geht mir nicht wahnsinnig gut."
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Champions-League-Sieger und Welttrainer
Und dann schnappt sich Klopp doch den Champions-League-Pokal. Liverpool gewinnt 2019 das "englische Finale" gegen Tottenham Hotspur mit 2:0. Mit dem Triumph in Madrid besteigt der Klub den europäischen Fußball-Thron, und sein deutscher Trainer besiegt endlich seinen "Endspiel-Fluch". Die FIFA kürt Klopp später zum "Welttrainer des Jahres".
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Premier-League-Triumphator
Für die Fans der "Reds" ist es das Sahnehäubchen, der "Heilige Gral", wie eine Liverpooler Zeitung schreibt: Nach 30 Jahren Durststrecke wird der FC Liverpool unter Klopp 2020 wieder englischer Meister - sieben Spieltage vor Saisonschluss der Premier League.
2022 erreicht Liverpool unter Klopp erneut das Finale der Champions League, findet beim Endspiel in Paris aber seinen Meister in Real Madrid. Kleiner Trost sind zwei nationale Titel: Die "Reds" schaffen das "Pokal-Double" auch FA-Cup und Liga-Cup. Danach geht die Leistungskurve nach unten. Anfang 2024 verkündet Klopp seinen Abschied aus Liverpool. Zu diesem Zeitpunkt ist der Klub Tabellenführer.