1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Setzt Russland im Ukraine-Krieg Chemiewaffen ein?

2. Mai 2024

Die USA erheben neue Vorwürfe gegen Russland: Laut US-Außenministerium geht es um einen Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen.

Ukrainischer Soldat steht mit dem Rücken zur Kamera in einem Schützengraben an der Front in Horliwka  (28.02.2023)
Ukrainischer Soldat an der Front in Horliwka (2023): Hat Russland versucht Soldaten mit Reizgasen zu vertreiben?Bild: Yasuyoshi Chiba/AFP/Getty Images

Nach Ansicht der USA verstößt Russland gegen die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen. Im Angriffskrieg gegen die Ukraine habe das russische Militär verschiedene Reizgase "als eine Form der Kriegsführung" eingesetzt, teilte das Außenministerium in Washington mit. "Der Einsatz solcher Chemikalien ist kein Einzelfall", hieß es in der Mitteilung. Russische Truppen wollten damit ukrainische Streitkräfte aus befestigten Stellungen vertreiben und so auf dem Schlachtfeld taktische Vorteile erzielen.

 

Russland wies den Vorwurf der USA zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Regierung in Moskau bleibe an seine Verpflichtungen aus dem Vertrag über das Verbot chemischer Waffen gebunden. Die Anschuldigungen seien "wie immer völlig haltlos und unbegründet, so Peskow.

Schon häufiger Vorwürfe gegen Russland

Die Ukraine hat Russland in der Vergangenheit mehrfach den Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen. Die UN-Chemiewaffenkonvention verbietet dies. So beklagte der ukrainische Generalstab zu Jahresbeginn, dass russische Truppen das Reizgas CS gegen ukrainische Soldaten in Schützengräben einsetzten.

Damals hieß es, seit Beginn des Krieges im Februar 2022 seien 626 Fälle gezählt worden. Die Granaten mit dem Reizgas CS, das vielerorts auch von der Polizei verwendet wird, würden von Drohnen abgeworfen oder von Artillerie verschossen. Die Führung in Moskau warf ihrerseits den ukrainischen Streitkräften ebenfalls den Einsatz verbotener Chemiewaffen vor.

Training eines russischen Soldaten (im März)Bild: Vitaliy Ankov/IMAGO

Das britische Russland-Forschungsinstitut Rusi hatte schon im Juni vorigen Jahres über den möglichen Einsatz von Reizgas durch russische Truppen geschrieben, gestützt auf einen Bericht im staatlichen russischen Fernsehen. Weil die ukrainischen Soldaten ihre ABC-Schutzausrüstung gegen atomare, biologische und chemische Waffen hätten, könne ihnen das Tränengas nicht viel anhaben, analysierte das Institut damals. Das Tragen der Gasmasken sei aber hinderlich beim Kämpfen.

Selenskyj plant bilaterale Sicherheitsabkommen

Die Ukraine soll nach Darstellung von Präsident Wolodymyr Selenskyj durch neue bilaterale Verträge mit internationalen Partnern mehr Sicherheit erhalten. "Wir bereiten noch sieben neue Sicherheitsdokumente für unser Land vor - bilaterale Sicherheitsabkommen", sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache, "darunter auch mit den USA".

Die Details bezüglich der Waffenlieferungen, Finanzhilfen und politischen Kooperation würden gerade ausgearbeitet. Die Verträge unterstützten das Land dieses Jahr und die nächsten Jahre und stellten die Sicherheitsarchitektur bis zum angestrebten NATO-Beitritt dar. Weitere Details oder Länder nannte er nicht.

Weitere US-Sanktionen

Die USA verhängen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine weitere Strafmaßnahmen gegen Unterstützer Russlands. Bei den neuen Sanktionen geht es der Regierung in Washington insbesondere um die russische Waffenproduktion. Betroffen seien rund 200 Unternehmen und 80 Einzelpersonen in Drittstaaten wie etwa China, Belgien und der Slowakei, die Russland bei der Beschaffung von Material für sein Waffenprogramm unterstützen sollen, teilte das US-Finanzministerium mit. Die Sanktionen zielen demnach auch auf den Bau chemischer und biologischer Waffen durch Russland ab.

Sanktioniert werden zudem drei Personen, die den Angaben zufolge in Verbindung mit dem Tod von Alexej Nawalny stehen. Der Kremlgegner war im Februar in russischer Haft gestorben. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede. Nawalnys Angehörige sprechen von Mord.

Uran-Abbau in einer Mine bei Krasnokamensk in der russischen Region Transbaikalien (Archiv)Bild: Sergei Bobylev/TASS/picture alliance

Als Folge der neuen Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA gesperrt. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.

Darüber hinaus wollen die USA die Einfuhr von russischem Uran verbieten. Der Senat verabschiedete die Maßnahme einstimmig. Die Sanktionen werden 90 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes wirksam. Sie enthalten Ausnahmeregelungen für den Fall, dass die Versorgung heimischer Reaktoren gefährdet ist.

Uran wird für den Betrieb kommerzieller Atomreaktoren zur Stromerzeugung verwendet. Nach Angaben der US-Behörde für Energiestatistik (EIA) importierten die US-Kernkraftwerke im Jahr 2022 rund zwölf Prozent ihres Urans aus Russland.

Großfeuer in Odessa nach Raketenbeschuss

Im Hafen der ukrainischen Stadt Odessa ist nach einem Raketeneinschlag ein Großbrand ausgebrochen. Mindestens 13 Menschen seien verletzt worden, teilte Gouverneur Oleh Kiper mit. Bilder und Videos auf Social-Media-Kanälen zeigen Flammen am Ort des Geschehens und große Rauchwolken, die in den Himmel steigen.

Feuerwehrleute kämpfen gegen ein in Flammen stehendes Lagerhaus im Hafen von OdessaBild: State Emergency Service of Ukraine/Anadolu/picture alliance

Ein Medienkanal meldet, das Lagerhaus eines großen Post- und Kurierdienstes sei getroffen worden. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte die Berichte nicht unabhängig verifizieren. Eine russische Stellungnahme lag zunächst nicht vor. Odessa ist ein häufiges Ziel russischer Angriffe. In den vergangenen zwei Tagen wurden acht Menschen durch Raketeneinschläge in der Metropole am Schwarzen Meer getötet.

In der russischen Grenzregion Kursk wurden durch einen russischen Drohnenangriff Leitungen beschädigt und die Stromversorgung der Kleinstadt Poniri lahmgelegt. Das teilte der Gouverneur der Region, Roman Starowoit, mit. Die Drohne sei abgeschossen worden. Reparaturteams seien bereits vor Ort, um die Stromversorgung wiederherzustellen.

mak/AR (dpa, rtr, afp)