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"Im Strip-Club werden die Deals gemacht"

Anne Schwedt
5. Juli 2017

Sexuelle Belästigung, Mobbing, Frauenfeindlichkeit, Führungsprobleme: Die Vorkommnisse beim US-Fahrdienstanbieter Uber sind kein Einzelfall. Sexismus und Machtspiele gehören im Silicon Valley zur Normalität.

TechCrunch Disrupt NY 2016 | Whitney Wolfe, Bumble
Tinder-Mitgründerin Whitney Wolfe verklagte ihre Firma wegen sexueller Belästigung und startete die Dating-App BumbleBild: Getty Images for TechCrunch

Jung, Mitte Zwanzig, Studienabbrecher, Programmier-Profi und vor allem eins: männlich. So stellt sich das Silicon Valley seine nächsten Marc Zuckerbergs und Steve Jobs vor, die mit Schlabberhosen und Millionen Dollar-Deals in der Tasche aus einer der unzähligen Wagnis-Kaptal-Firmen an der bekannten Sand Hill Road herausstürmen. Frauen kommen in diesem Szenario nicht vor. "Ich mag nicht, wie Frauen denken", sagte ein Investor zu der Idee von Kathryn Tucker. Sie wollte eine App entwickeln, die Eltern hilft, kinderfreundliche Aktivitäten zu finden.

Bei der Dating-App Tinder sagte einer der Gründer: "Eine Frau im Vorstand lässt die Firma wie ein Witz aussehen." Damit meinte er seine Ex-Freundin Whitney Wolfe (Artikelbild), die ebenfalls im Gründerteam war. Wolfe verließ das Unternehmen und verklagte Tinder wegen sexueller Belästigung. Anschließend gründete sie das "Women First" Portal Bumble, das neben Tinder inzwischen eine der erfolgreichsten Dating-Apps ist. 

"Ich wurde oft wie eine Assistentin behandelt, sollte Kaffee kochen oder wurde bei Meetings sogar vor die Tür geschickt", sagt Lakshmi Balachandra. Sie hat jahrelang als einzige Frau in einer der großen Investment-Firmen gearbeitet. Balachandra erzählt, wie sie alles dafür getan hat, um dazuzugehören und respektiert zu werden. Auch wenn das bedeutete, mit den Männern auf den Golfplatz oder in den Strip-Club zu gehen. "Because that's where the deals are made", sagt sie. "Wenn man nicht dabei ist, verpasst man was oder bekommt nicht die gleichen Möglichkeiten."

Uber ist kein Einzelfall

Musste wegen einer Reihe von Skandalen seinen Posten räumen: Uber-CEO Travis Kalanick Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Einer aktuellen Umfrage der Stanford University zufolge wurden 60 Prozent der befragten Frauen im Silicon Valley bereits sexuell von männlichen Kollegen belästigt. Erniedrigende Kommentare mussten sich fast 90 Prozent der Frauen schon anhören. Nur etwa die Hälfte der belästigten Frauen gab jedoch an, die Vorfälle gemeldet zu melden - aus Angst ihrer Karriere zu schaden.

Konsequenzen hat ein solches Verhalten jedoch selten. Start-Up Gründer geben in der Regel die Macht über ihr Unternehmen nicht komplett in andere Hände und können somit nicht gefeuert werden. Uber ist einer der wenigen Fälle, bei denen der Druck auf die Führung zu groß wurde und der Gründer zurücktreten musste. Ins Rollen kam das Ganze aber erst, nachdem eine Mitarbeiterin öffentlich auf ihrem Blog über ihre Erfahrungen schrieb. Davor wurden ihre Beschwerden im Unternehmen einfach ignoriert.

"Ich denke, was da bei Uber passiert, ist kein Einzelfall", sagt Balachandra. "Das ganze Problem mit den sexuellen Belästigungen kommt daher, dass so wenige Frauen in diesen männerdominierten Firmen arbeiten. Je mehr Frauen in diese Branchen kommen, desto mehr wird sich das ändern."

Keine weiblichen CEOs

Kein CEO, aber als COO von Facebook eine der wenigen Top-Managerinnen im Silicon Valley: Sheryl Sandberg, hier mit Amazon-Chef Jeff Bezos (links), Larry Page von Alphabet, Vize Präsident Mike Pence und US-Präsident Donald TrumpBild: Getty Images/AFP/T.A. Clary

Aktuellen Zahlen von Crunchbase zufolge sind nur neun Prozent der Silicon Valley Start-Up Gründer weiblich. Auf den Chefsesseln sitzen größtenteils Männer. Sahil Raina, Professor an der University of Alberta, glaubt, dass es teilweise an den geringen Absolventenzahlen von Frauen in technischen Fächern liegt. Zudem seien Frauen nicht so risikofreudig wie Männer. "Meine Recherche zeigt, dass Frauen insgesamt weniger Firmen gründen, weil sie von vornherein schon wissen, dass es schwer für sie wird, Investoren zu finden", sagt er.

Im vergangenen Jahr wurden 94 Milliarden Dollar in Männer Start-Ups investiert. Ideen, an denen mindestens eine Frau beteiligt war, bekamen nur 10 Milliarden Dollar. Lakshmi Balachandra kann aus ihrer eigenen Erfahrung in einer Investment-Firma sagen, dass es auch dafür einen recht simplen Grund gibt: Männer investieren eher in Menschen, die ihnen ähnlich sind. Die Venture Capital Firmen haben aber selbst nur einen Frauenanteil von sechs Prozent.

Außerdem würden Frauen hauptsächlich Ideen vorschlagen, die auf eine weibliche Zielgruppe ausgelegt sind - wie beispielsweise Handtaschen-Geschäfte oder Apps, die die weibliche Menstruation aufzeichnen. "Da sagen die Männer dann: Ich würde das nie benutzen, ich verstehe das nicht, ich bin raus", so Balachandra.

Mehr Frauen in Frauen Start-Ups

Wenn eine Frau dann aber doch erfolgreich ein Start-Up gegründet hat, kommen auch weitere Frauen nach. Einer Studie der Investment-Plattform FundersClub zufolge, arbeiten in Frauen-Start Ups fast doppelt so viele Frauen wie in Firmen, die von Männern gegründet wurden. In den Start-Ups mit Gründerinnen sind 48 Prozent der Mitarbeiter weiblich, bei Google sind es 31 Prozent, bei Facebook 33 und bei Uber 36 Prozent.

An der Sand Hill Road im Silicon Valley haben mehr als 50 Venture Capital-Firmen ihren Sitz Bild: DW/G. Hofmann

Weitere Hoffnung geben die Programme großer Unternehmen, die in Gleichberechtigung der Geschlechter investieren. So hat beispielsweise Apple angekündigt, Gehälter anzupassen, Facebook will 15 Millionen Dollar für Computerkurse für Frauen ausgeben. Google ist die Vielfalt der Angestellten 150 Millionen Dollar wert.

Dennoch wird es wohl noch ein weiter Weg werden, bis Frauen aus Meetings bei Investment-Firmen herauskommen - in Kapuzenpullis und mit Millionen-Dollar-Deals in der Tasche.

 

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