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Sexuelle Übergriffe - Vorwürfe gegen Bergsteiger-Star Purja

4. Juni 2024

Zwei Bergsteigerinnen beschuldigen den nepalesischen Star Nirmal Purja der sexuellen Belästigung und Nötigung. Die Vorwürfe lösen eine Debatte aus: Ist die Bergszene ein sicherer Raum für Frauen?

Nirmal Purja wird 2019 auf dem Flughafen Kathmandu begeistert empfangen - er trägt einen Blumenkranz um den Hals und hat rote Farbmale im Gesicht.
Vom Volkshelden zur unerwünschten Person? Nepals Bergsteiger-Star Nirmal PurjaBild: Subash Shrestha/Pacific Press/IMAGO

Die Vorwürfe wiegen schwer. Lotta Hintsa, Bergsteigerin und Model aus Finnland, beschuldigt den nepalesischen Bergsteiger-Star Nirmal Purja, sie im vergangenen Jahr in einem Hotelzimmer in Kathmandu sexuell bedrängt zu haben. Er habe gegen ihren Willen damit begonnen, sie auszuziehen und sich dann in ihrer Gegenwart selbst befriedigt, wird Hintsa in einem Artikel der "New York Times" zitiert.

Die US-amerikanische Ärztin April Leonardo sagte der Zeitung, sie sei von Purja ebenfalls sexuell belästigt worden. Während einer Expedition 2022 zum K2, dem in Pakistan gelegenen zweithöchsten Berg der Erde, sei er in ihr Zelt gekommen, habe sie gegen ihren Willen geküsst und sexuell bedrängt.

Leonardo war eine Kundin von Purjas Unternehmen Elite Exped, das geführte Besteigungen auf die höchsten Berge der Welt anbietet. Purja stritt via Instagram-Story die Vorwürfe "unmissverständlich" ab: "Diese Behauptungen sind verleumderisch und falsch."

Nirmal Purja: mehr als zwei Millionen Instagram-Follower

Purja hatte 2019 weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er alle 14 Achttausender innerhalb von nur sechs Monaten bestiegen hatte - mit Flaschensauerstoff, einem starken Sherpa-Team an seiner Seite und indem er Hubschrauber benutzte, um möglichst schnell von einem zum nächsten Berg zu gelangen.

Zum Vergleich: Reinhold Messner hatte 16 Jahre dafür gebraucht. Der Südtiroler war 1986 der erste Mensch auf allen Achttausendern gewesen. Er hatte die höchsten Berge der Welt in kleinen Teams und ohne Atemmaske bestiegen. Der 2021 erschienene Netflix-Dokumentarfilm "14 Gipfel - Nichts ist unmöglich" hatte für zusätzliche Popularität Purjas gesorgt. Auf Instagram hat der 40-Jährige mehr als zwei Millionen Follower.

Nach der ersten Winterbesteigung des K2 im Jahr 2021 wurde Purja in Nepal noch gefeiertBild: Niranjan Shrestha/AP Photo/picture alliance

Der nepalesische Bergsteiger ist ein früherer Elitesoldat des traditionsreichen britischen Gurkha-Regiments. Dort verdienen seit gut 200 Jahren nepalesische Soldaten ihr Geld. Purja lebt mit seiner Ehefrau und seiner Tochter in der Grafschaft Hampshire im Südosten Englands. 2018 ehrte ihn die damalige Königin Elizabeth II. wegen seiner Verdienste um das Höhenbergsteigen mit einem britischen Ritterorden.

Andere Expeditionsveranstalter gehen auf Distanz zu Purja

Die Vorwürfe gegen Purja haben in der Bergszene für eine Debatte darüber gesorgt, ob die Berge ein sicherer Raum für Frauen sind. Mehrere westliche kommerzielle Expeditionsveranstalter gingen auf Distanz zu Purja.

"Wir sind schockiert und tief traurig", verkündete der österreichische Anbieter Furtenbach Adventures auf Instagram. "Eines der wichtigsten Vorbilder in dieser Gemeinschaft [der Bergführer im Höhenbergsteigen - Anm. d. Red.] wird von mehreren Frauen glaubhaft der sexuellen Nötigung beschuldigt. Wir verurteilen ein solches Verhalten unmissverständlich und bekräftigen, dass es in unserer Gemeinschaft keinen Platz hat."

Sexuelle Straftaten seien "eine Gefahr, die wir nicht einfach nur eindämmen können", schrieb Adrian Ballinger, Chef des US-Veranstalters Alpenglow Expeditions. "Wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass wir dazu eine Null-Toleranz-Einstellung haben."

Der Artikel der New York Times zeige, dass "dies nicht das erste oder einzige aktuelle Beispiel für ein solches Verhalten in der Klettergemeinschaft ist. Wir müssen es besser machen."

Skandal um Nirmal Purja - "nur die Spitze des Eisbergs"?

In die gleiche Kerbe schlägt AW Expeditions, ein US-Anbieter von Frauen für Frauen: "Leider können wir auf der Grundlage vieler informeller Gespräche mit Sicherheit sagen, dass dieser öffentlichkeitswirksame Fall nur die Spitze des Eisbergs eines systemischen Problems im Bergsport ist."

Darauf macht auch die US-Bergsteigerin Melissa Arnot aufmerksam. "Flirte zurück oder werde ausgeschlossen. Mache mit und verursache keine Probleme", beschreibt die 40-Jährige ihre ersten Erfahrungen als junge Bergführerin. "Ein Vorgesetzter nannte mich das 'Gesamtpaket', als er den Kunden erklärte, warum es in Ordnung sei, sich mit einer jungen, kleinen Frau anzuseilen. Und ich habe gelächelt und meine Rolle gespielt." Arnot bestieg sechsmal den Mount Everest, einmal ohne Flaschensauerstoff.

Auch in Nirmal Purjas Geburtsland Nepal ist der Wirbel um den Star-Bergsteiger angekommen. Rajendra Bajgain, Mitglied der oppositionellen Kongresspartei, forderte im Parlament, Purja künftig die Einreise zu verweigern. Der Bergsteiger diffamiere Nepal, indem er Bergsteigerinnen sexuell belästige, sagte der Politiker. Der Rucksackhersteller Osprey aus den USA zog als erster Sponsor Purjas Konsequenzen aus der Affäre. Der Bergsteiger sei nicht länger Markenbotschafter, ließ das Unternehmen wissen.

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