In einem Schuldistrikt in Florida sollen laut Medienberichten Shakespeare-Stücke nur noch in Auszügen gelesen werden. Der Lehrplan richte sich nach einem neuen Gesetz, das sexuelle Inhalte an Schulen einschränken soll.
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Diverse US-Zeitungen und die Presseagentur AP berichten, dass in den öffentlichen Schulen des Hillborough County-Schuldistrikts im US-Bundesstaat Florida Shakespeare-Stücke zukünftig nur noch in Auszügen gelesen werden sollen. Die neuen Lehrpläne richten sich nach einem neuen Gesetz, das sexuelle Inhalte an Schulen einschränken soll.
Aufgrund kürzlich eingeführter Gesetzesänderungen in Florida sollen Änderungen in den Lehrplänen der Public Schools erfolgt sein, die "Pornografisches oder obszöne Beschreibungen sexuellen Verhaltens" in Klassenzimmern verbieten. Der englische Dichter William Shakespeare nutzte in vielen seiner Stücke seinen Sprachwitz, um mit Wortspielen oder anderen literarischen Kniffen sexuelle Handlungen anzudeuten.
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Neue Gesetze, neue Standards
Als Reaktion auf die Presseberichte betonten die Vertreter des Schulbezirks in einer Erklärung von Dienstag: "Wir haben Shakespeare nicht aus unserem Lehrplan an der High School ausgeschlossen". Interessierte Schüler könnten sich weiterhin physische Kopien von Shakespeare-Büchern in den Bibliotheken ausleihen, um Auszüge im Unterricht zu lesen. Die Lehrplanleitfäden würden "das ganze Jahr über kontinuierlich überprüft und verfeinert, um sie an staatliche Standards und aktuelle Gesetze anzupassen", heißt weiter in der Erklärung, die per E-Mail versandt wurde. Als weitere Gründe für die aktuellen Lehrplanänderungen nannte der Schulbezirk, zu dem auch die Großstadt Tampa gehört, überarbeitete staatliche Standards.
Die Verwirrung und Aufregung rund um neue Lehrpläne ist die Folge einiger Maßnahmen, die die Gesetzgebung der Republikaner rund um Floridas Gouverneur Ron DeSantis, einen republikanischen Hardliner, in den letzten Monaten ergriffen hat. Ihr erstes, als "Don't say gay" bekannte Gesetz verbot Diskussionen rund um Themen wie sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität in der Unterstufe. Es hat in den vergangenen Monaten immer wieder zu Protesten geführt - und zu einem Streit zwischen Ron DeSantis und Disney.
Berühmte Bücher, die verboten wurden
Was haben Galileo Galilei, Salman Rushdie und Harry Potter gemeinsam? Bücher von ihnen oder über sie wurden verboten oder angefochten. Aus welchen Gründen?
Bild: Tony White/AP/picture alliance
Unter Blasphemie-Vorwurf
Wegen seines Buches "Die satanischen Verse", das in mehreren Ländern wegen blasphemischer Darstellung des Propheten Mohammed verboten ist, wurde Salman Rushdie mit dem Tod bedroht und tauchte jahrlelang unter. Im August 2022 wurde er in den USA Ziel eines Messerangriffs. Der mutmaßliche Täter nannte Rushdie "jemand, der den Islam angreift". Schwer verletzt überlebte der Autor den Anschlag.
Bild: Viking Press
Ausgezeichnet mit vier Oscars
"Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque wirft einen ungeschminkten Blick auf das Leben deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg. Von den Kriegsgräueln erzählt der 20-jährige Protagonist Paul Baumer. Lange galt das Werk als wichtiges Antikriegsbuch - bis die Nazis es verboten. Die erste deutschsprachige Verfilmung gewann 2023 vier Oscars, darunter den als bester internationaler Film.
Bild: Ballantine Books
Ein Buch über Bücherverbrennung
Der dystopische Roman von Ray Bradbury aus dem Jahr 1953 entwirft eine Gesellschaft der Zukunft, in der Bücher verboten sind - und verbrannt werden, wenn man sie entdeckt. In den 1990er Jahren lehnte ein US-Schulbezirk die Verwendung des Wortes "gottverdammt" ab. Auch verwende das Buch "fragwürdige Themen" wie Zensur, Unterdrückung und Religion. Dabei gilt es als eines von Bradburys besten Werken.
Bild: Simon & Schuster
Die Farm der Tiere
In George Orwells Roman "Farm der Tiere" lehnen sich Tiere gegen ihren Bauern auf. Sie hoffen auf eine Gesellschaft, in der alle gleich, frei und glücklich sein können. Doch das Experiment scheitert. Gedacht als Seitenhieb auf die Korruption in der ehemaligen Sowjetunion, war das Buch dort noch bis in die 1980er Jahre verboten.
Bild: Mary Evans Picture Library/picture alliance
Geister, Sekten und Hexerei
Weltweit haben Kinder und Erwachsene die Geschichten von Harry Potter verschlungen. Ungeachtet dieses Erfolgs sollten die Bücher der britischen Autorin J.K. Rowling aus so mancher amerikanischen Schulbibliothek verschwinden. Der Grund: Sie handeln von Geistern, Sekten und Hexerei.
Bild: United Archives/Impress/picture alliance
Familie im Kinderbuch
Das Kinderbuch "And Tango makes three" beruht auf der wahren Geschichte von zwei männlichen Pinguinen in einem New Yorker Zoo, die gemeinsam ein Küken aufziehen. Kritiker monierten, die Geschichte sei "für kleine Kinder ungeeignet" und habe "homosexuelle Untertöne". In Singapur, wo Homosexualität illegal ist, wurde das Buch in die Erwachsenenabteilung der Bibliotheken verschoben.
Bild: Little Simon
In den USA nicht auf dem Index
Vladimir Nabokovs Roman "Lolita" erschien 1955 und handelt von der verbotenen, weil pädophilen Liebesbeziehung eines Literaturprofessors mittleren Alters zu einem zwölfjährigen Mädchen. Es überrascht nicht, dass das Buch in Frankreich, England, Argentinien und Neuseeland zu unterschiedlichen Zeiten als obszön verboten wurde. In den USA hingegen wurde es zwar kritisiert, aber nicht verboten.
Bild: Rowohlt Taschenbuch;
Aus der Heimat verbannt
Ma Jians Buch "Streck deine Zunge heraus" erschien 1987. Es thematisiert die brutale chinesische Besetzung Tibets. Chinas Regierung verurteilte das Buch als "geistige Verschmutzung". Ma ging nach Hongkong, arbeitete einige Zeit in Deutschland und lebt seit 1999 in England. Nach der Veröffentlichung seines Romans "The Dark Road" (2013) über Chinas Ein-Kind-Politik wurde Ma aus der Heimat verbannt.
Bild: Picador
Zum Schweigen nicht bereit
Die Rechtsanwältin Shirin Ebadi war eine der ersten Richterinnen im Iran. Nach der Revolution von 1979 wurde sie aus ihrem Amt entlassen. Ebadi eröffnete eine Anwaltskanzlei und begann, Menschen zu verteidigen, die von den Behörden verfolgt wurden. Sie ist die erste weibliche Friedensnobelpreisträgerin aus der islamischen Welt, doch ihre Memoiren "Iran Awakening" bleiben in ihrer Heimat verboten.
Bild: Rider
Voller Rassenstereotype
Mark Twains Roman "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" (1884) gilt als einer der besten Romane aller Zeiten. In den USA geräte er heute wegen seiner Darstellung von Rassenstereotypen in die Kritik. Das N-Wort kommt in dem Roman 242 Mal vor, was einen Kritiker dazu veranlasste, das Buch als "groteskestes Beispiel für Rassismus, das ich je in meinem Leben gesehen habe" zu bezeichnen.
Bild: Gemeinfrei
Der lange Weg des Rechts
Galileo Galileis "Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme" von 1632 war der katholischen Kirche ein Dorn im Auge. Der italienische Universalgelehrte behauptete darin, die Erde kreise um die Sonne. Galilei wurde der Ketzerei bezichtigt. Erst 1822 wurde das Verbot seiner Werke aufgehoben. Und weitere 177 Jahre später gab der Vatikan Galilei offiziell Recht.
Bild: Basiletti/zumapress/picture alliance
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Angeblicher "Schutz" vor sexualisierten Inhalten
Darauf folgte ein weiteres Gesetz, welches das erste Gesetz auf alle Klassenstufen ausweitete. Lehrer und Schüler dürfen laut dem zweiten Gesetz auch keine Pronomen benutzen, die nicht dem biologischen Geschlecht einer Person entsprechen. Ziel der Republikaner sei es, "Kinder vor sexualisierten Inhalten schützen". Klagen gegen Inhalte von Schulbüchern wurden ebenfalls erleichtert.
Im Bezirk Lake County nahe Orlando gab es in den vergangenen Wochen bereits Aufregung und einen Rechtsstreit rund um das Kinderbuch "And Tango Makes Three". Es erzählt von zwei männlichen Pinguinen, die gemeinsam ein Ei ausbrüten.
pj/pg (AP/tagesschau.de)
Dies ist eine aktualisierte Version des Artikels vom 09.08.2023.