Beim Afrika Cup in Ägypten klagen viele Spieler über die große Hitze. Denn erstmals wird er im Sommer veranstaltet, statt, wie sonst, im Winter. Auch den Sicherheitskräften dürfte heiß sein.
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Marcel Tisserand schlurfte mit schweren Schritten in Richtung Mannschaftsbus. Fast eine Stunde hatte der Nationalspieler der Demokratischen Republik Kongo nach der Afrika-Cup-Partie gegen Uganda mit seinen Kollegen in der Kabine gesessen. 40 Grad Lufttemperatur waren im Stadion gemessen worden. "Wir waren total fertig, haben viel getrunken, Wasser mit Mineralien, vielen Vitaminen. Es ist schon hart, hier zu spielen", meinte der Verteidiger des VfL Wolfsburg.
Der Sohn einer kongolesischen Vaters und einer französischen Mutter spielt seit 2016 in der Bundesliga. Zunächst für den FC Ingolstadt, seit 2017 für den VfL Wolfsburg. Während er in Wolfsburg zuletzt meist nur Ersatzspieler war, ist der 26-Jährige beim Kongo wie schon vor zwei Jahren beim letzten Cup in Gabun eine feste Größe in der Innenverteidigung.
Europa-Legionäre sind die Hitze nicht gewöhnt
0:2 hatte Tisserand am Samstag im International Stadium von Kairo mit seinen Team gegen den Außenseiter aus Ostafrika verloren. Die erste Turnier-Überraschung. Während die Kongolesen im Glutofen von Kairo fast ausnahmslos mit Europa-Legionären antraten, kommen Ugandas Spieler zum Großteil noch aus der heimischen Liga. "Wir haben extrem schlecht gespielt. Aber uns hat diese ungewohnte Hitze wahrscheinlich mehr ausgemacht als dem Gegner", meinte Tisserand.
Beim Afrika-Cup in Ägypten ist die Hitze ein großes Thema. Nigeria musste bei seinem ersten Gruppenspiel am Samstag gegen Burundi (1:0) auf Angreifer Samuel Kalu verzichten, der tags zuvor beim Training im Training kollabiert war - wegen Dehydrierung. Während die Organisatoren die enorme Hitze durch zwei Trinkpausen von jeweils drei Minuten während der Partien für die Spieler erträglich machen wollen, fordert die Fußballergewerkschaft Fifpro: "Die Gesundheit der Spieler wird gefährdet. Es müssen mindestens vier Pausen während der Spiele eingerichtet werden."
Mehrfacher Heimvorteil Ägypten
Besonders heikel sind die Spiele, die schon um 16.30 Uhr nachmittags angesetzt sind. "Das ist natürlich fragwürdig. Aber damit haben hier ja alle Teams gleichermaßen ihre Probleme", sagt Tisserand. Wobei er nicht ganz richtig liegt, denn Gastgeber Ägypten spielt nie früher als um 21 Uhr - Heimvorteil.
Ein anderes Thema in Kairo ist das enorme Sicherheitspaket, das von den Veranstaltern geschnürt wurde. Offiziell sollen etwa 100.000 Sicherheitskräfte Spieler, Funktionäre und Zuschauer vor möglichen Terrorangriffen schützen. Gefühlt sind es weitaus mehr. Fan-Ausschreitungen in Fußballstadien sorgten 2012 und 2015 für insgesamt rund 100 Todesopfer. Vor wenigen Wochen wurde in der Nähe der Pyramiden von Gizeh ein Sprengstoffanschlag verübt. Die Angst vor einem Gewaltakt während des Turniers ist allgegenwärtig.
Kein Schritt ist möglich ohne die Beobachtung von bewaffneten Soldaten, orange gekleideten Sicherheitsleuten, weißen Polizisten oder Anzugträgern aus der Staatssicherheit. Beim Eröffnungsspiel zwischen Ägypten und Simbabwe wurde dreieinhalb Stunden vor Spielbeginn der Stadionbereich weiträumig abgesperrt - kein Durchkommen mehr. Tickets waren nur im Vorfeld und online zu erwerben. Im Stadion selbst ist die Bewachung lückenlos. Stolz vermeldeten die Organisatoren eine Komplett-Überwachung durch Kameras: "Jeder Besucher wird gescannt und kann auf Schritt und Tritt verfolgt werden."
Leere Stadien - außer...
So viele müssen dabei gar nicht beobachtet werden. Mit Ausnahme des ausverkauften Eröffnungsspiels ist das Zuschauerinteresse enttäuschend. Rund 1.000 Fans wurden jeweils bei den drei Partien am Samstag gezählt. Das günstigste Ticket kostet zehn Euro, das kann sich kaum jemand leisten. So verkommt der Cup zunehmend zu einer TV-Veranstaltung. Wobei die Privatzuschauer in Ägypten in die Röhre schauen, denn die Spiele sind nur im Pay-TV zu sehen. So gerät das Turnier in der Hauptstadt Kairo zu einem riesigen Public-Viewing-Event. Zumindest, wenn Ägypten spielt.
Die Stimmung ist dabei ausgelassen und bislang ausschließlich positiv. Die heimischen Fans erwarten allerdings von ihrem Team nichts anderes als den Titelgewinn. Zentrum ihrer Hoffnungen ist dabei Mo Salah. Der Angreifer vom FC Liverpool hat sich zur Ikone des ägyptischen Fußballs emporgeschwungen. Er wird von den fußballverrückten Ägyptern als Heilsbringer verehrt und ist in Kairo allgegenwärtig. Sein Konterfei ziert unzählige Plakatwände, in den Supermärkten prangt sein Gesicht von jedem zweiten Produkt - Sportbekleidung, Waschmittel, Kekse, Cola, Milch, Handyvertrag - mit Salah verkauft sich alles besser.
Afrika Cup: Eine Tour durch die Städte und Stadien
60 Jahre nach der Premiere ist Ägypten zum sechsten zum Mal Gastgeber des Afrika Cups. 24 Teams kämpfen in sechs Stadien um den Titel. Wir stellen die Arenen und Städte vor.
Bild: DW/A. Essam
Ein legendäres Stadion
Das Kairo International Stadion ist für Afrika und Ägypten, was das alte Wembley-Stadion für England oder das Maracanã für Brasilien ist. Hier liefen schon Legenden wie Pelé, Beckenbauer, Zidane und Messi ein. Und Afrikas Idole Milla, Drogba und Eto'o vergossen ihre Tränen. Es wurde im Stil des Münchner Olympiastadions errichtet - allerdings schon Jahre vorher - 1960.
Bild: picture-alliance/Ulmer
Bühne der Eröffnungs- und Abschlussfeier
Im Cairo International Stadium wurden schon Eröffnungs- und Endspiele dreier Afrika Cups ausgetragen: 1974, 1988 und 2006. Das Stadion ist Gastgeber der Vorrunden-Gruppe A mit den Gastgebern, der DR Kongo, Uganda und Simbabwe. Das Eröffnungsspiel zwischen Ägypten und Simbabwe findet am 21. Juni statt, das Finale, ebenfalls hier, am 19. Juli.
Bild: picture-alliance/empics/BackpagePix
Dinge ändern sich mit der Zeit
Das Cairo International Stadium befindet sich in dem Stadtteil Nassr City im Osten der Stadt. Einst hatte es eine Kapazität von 120.000 Zuschauern, war das größte Stadion in ganz Afrika. Bei wichtigen Spielen war es meist randvoll, so wie hier bei der Partie gegen Algerien 2009. Nach Renovierung und Umbau ist die Kapazität offiziell auf 74.000 Zuschauer zurückgegangen.
Bild: picture-alliance/Pressefoto ULMER
Nil und Pyramiden
Neben dem Cairo International Stadium gibt es in der Hauptstadt zwei weitere Stadien, in denen die Spiele beim Afrika Cup ausgetragen werden. Und das Tourismusprogramm kommt auch nicht zu kurz: Pyramiden und Nilkreuzfahrten bieten sich da an. Es ist auch möglich, die vielen pharaonischen, koptischen und islamischen Museen und Denkmäler zu besuchen, die sich in ganz Kairo ausbreiten.
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Nabil
Das älteste ägyptische Stadion
Gruppe B mit Nigeria, Guinea, Madagaskar und Burundi wird im Alexandria-Stadion spielen. 1929 von König Fouad I. in der Küstenstadt eröffnet und nach ihm benannt, wurde es nach der Revolution 1952 Kommune-Stadion genannt. Entworfen von einem russischen Architekten, inspiriert, wie beim Eingang zu sehen, vom griechisch-römischen Charakter Alexandrias mit islamischen Einschlägen.
Bild: DW/A. Essam
Die ersten Flutlichter
Das Alexandria-Stadion war das erste in Ägypten, in dem Flutlicht eingesetzt wurde. Über Jahrzehnte fand hier das "Sommerturnier" statt, ein Freundschafts-Cup zwischen ägyptischen und anderen arabische Vereinen. Hier wurden auch einige Spiele des Afrika Cups 2006 ausgetragen. Es wurde erneuert, um eine Kapazität von 20.000 Plätzen zu erreichen.
Bild: DW/A. Essam
Die mediterrane Meerjungfrau
Alexandria wird die "mediterrane Meerjungfrau" genannt und von vielen als die schönste ägyptische Stadt angesehen. Sie gilt als kosmopolitisch, mit Einwohnern unterschiedlichster Abstammung. Hier hielten sich traditionell die ägyptischen Herrscher im Sommer auf. Davon zeugen prächtige Paläste wie der Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Montaza-Palast.
Bild: picture-alliance /akg-images/H. Champollion
Traurige Geschichte
Das Air Defense Stadium, erbaut im Jahre 2012, befindet sich im "The 5th Settlement" in Neu-Kairo. Das Stadion bietet Platz für 30.000 Zuschauer. 22 Fußballfans starben hier im Februar 2015 bei einem Gedränge bei Ausschreitungen mit der Polizei. Hier werden die Spiele der Gruppe C mit den Teams Senegal, Algerien, Kenia und Tansania ausgetragen.
Bild: gemeinfrei
El Salam (Frieden) Stadion
Gruppe D mit Marokko, Elfenbeinküste, Südafrika und Namibia wird ihre Spiele im El Salam-Stadion, auch als "Military Production Stadium" bekannt, austragen. Es gehört, ebenso wie das Air Defense Stadion, zu den ägyptischen Streitkräften und befindet sich in El Salam City, östlich von Kairo. 25.000 Zuschauer finden hier Platz, und es gibt sogar eine Landebahn für VIPs.
Bild: gemeinfrei
Neuer Name nach der Revolution
Die Spiele der Gruppe E mit Tunesien, Mauretanien, Mali und Angola, werden im "Armeestadion" in Suez stattfinden. Von hier aus kann man die Schiffe auf dem Suez-Kanal beobachten. Es wurde 2009 fertiggestellt und hieß zunächst "Mubarak International Stadium", bevor es nach dem Fall des Präsidenten im Jahr 2011 umbenannt wurde. Das Stadion bietet Platz für 40.000 Zuschauer.
Bild: Getty Images/K. Desouki
Arterie des Welthandels
Der Suez-Kanal ist seit seiner Eröffnung 1869 die wichtigste Verbindung zwischen östlicher Hemisphäre und dem Mittelmeer. Er ist zugleich globale Handelsader wie auch Zeuge vieler schicksalhafter Kriege. Als der Kanal nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 geschlossen wurde, litt die Welt schwer, bis Sadat ihn 1975 wiedereröffnete.
Bild: DW/Khalid El Kaoutit
Derwische des Fußballs
Im Ismailia-Stadion werden Spiele der Gruppe F mit Kamerun, Ghana, Benin und Guinea-Bissau ausgetragen. Es wurde 1939 im Herzen von Ismailia, einer der schönsten Städte des Landes, eröffnet und ist Heimat des Vereins Ismaily, dessen Spieler "Die Derwische" genannt werden. Sei werden von den bis zu 18.500 Zuschauern mit Tönen aus der "Simsimea", einem typischen Musikinstrument, angefeuert.