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Sieg des politischen Kinos

17. Februar 2003

Filmemacher und Publikum haben auf der Berlinale den Sieg des politischen Kinos gefeiert. Der britische Regisseur Michael Winterbottom (Foto) erhielt für sein Flüchtlingsdrama "In This World" den Goldenen Bären.

Die siebenköpfige Berlinale-Jury unter Vorsitz des kanadischen Regisseurs Atom Egoyan zeichnete damit am Samstag (15.2.) einen Film aus, der auf unsentimentale Weise die Folgen von Krieg und Terror auf den Alltag der so genannten kleinen Leute schildert.

Die dramatische Geschichte, die Winterbottom erzählt, nimmt ihren Ausgang in der pakistanischen Stadt Peshawar, wo mehr als eine Million afghanische Flüchtlinge leben. Wie viele von ihnen, denken auch der Mittzwanziger Enayatullah und sein halbwüchsiger Cousin Jamal an Flucht: Sie wollen nach Großbritannien, um dort Geld für ihre Familie zu verdienen, und vertrauen sich Menschenschleusern an. Der Fluchtweg führt sie über die Türkei bis nach Italien. Dabei erleiden sie Unmenschliches, sind zum Beispiel eingesperrt mit dutzenden anderen Menschen in einem engen Frachtcontainer. Nur einer der Beiden erreicht sein Ziel.

Friedenspreis

Der siegreiche Film der 53. Internationalen Filmfestspiele in Berlin beruht auf Recherchen unter Migranten und hunderten Erlebnisberichten. Winterbottom bedient sich eines fast dokumentarischen Stils, um die erschütternde Geschichte glaubwürdig zu erzählen. Bei den Dreharbeiten in Pakistan gab der Regisseur bei den offiziellen Stellen an, er wolle einen Film über historische Handelswege realisieren, sonst hätte er keine Dreherlaubnis bekommen. "In This World" erhielt nicht allein den Hauptpreis, sondern ebenso den Friedenspreis und den Preis der Ökumenischen Kirchenjury.

Schauspieler u. Regisseur George ClooneyBild: AP

Insgesamt 22 Filme aus aller Welt waren im offiziellen Berlinale-Wettbewerb am Start. Auch der Silberne Bär für den besten Schauspieler ging an den Darsteller eines Films mit politischem Gewicht: Sam Rockwell wurde für seine Leistung in George Clooneys (Foto) Regiedebüt "Confessions of a Dangerous Mind" geehrt. Darin spielt Rockwell den TV-Gameshow-Erfinder Chuck Barris, der nach eigenen Angaben jahrelang nebenberuflich als Killer für den US- amerikanischen Geheimdienst CIA arbeitete.

Unstrittige Entscheidungen

Unstrittig wie diese Entscheidung ist auch die Auszeichnung der Hollywoodstars Nicole Kidman (Foto unten), Julianne Moore und Meryl Streep als beste Schauspielerinnen. Sie spielen in Stephen Daldrys, bereits für neun Oscars nominierter Romanverfilmung "The Hours". Der Film verknüpft auf raffinierte Weise Leben und Werk von Virginia Woolf (Kidman) mit dem Schicksal einer in den 50er Jahren lebenden Hausfrau (Moore) und einer in der Gegenwart lebenden Lektorin (Streep).

Die australische Schausielerin Nicole KidmanBild: AP

Die deutschen Filmemacher fühlten sich dieses Mal gut aufgehoben und fair behandelt auf dem neben Cannes und Venedig größten Filmfestival der Welt. Mit viel Anerkennung und Respekt wurden ihre Filme vom einheimischen und ausländischen Festivalpublikum aufgenommen, auch wenn sie im Bären-Rennen nicht die ganz großen Preise bekamen. Wolfgang Becker wurde für die DDR-Komödie "Good Bye, Lenin!" mit dem "Blauen Engel" für den besten europäischen Film geehrt. Hans-Christian Schmids "Lichter" erhielt die Auszeichnung des internationalen Filmkritikerverbandes FIPRESCI. Oskar Roehlers "Der Alte Affe Angst" ging leer aus.

Freude der Fans

Zur Freude der vielen Fans am roten Teppich holte Festivaldirektor Dieter Kosslick in seinem zweiten Jahr als Berlinale-Chef die ganz Großen des Filmgeschäfts in die Hauptstadt. Hollywoodschauspieler wie George Clooney, Nicole Kidman, Dustin Hoffman (Foto), Richard Gere, Michael Douglas, Catherine Zeta Jones und Nicolas Cage wurden bei den Filmpremieren begeistert gefeiert.

Trotz ausgelassener Stimmung war während des Festivals auch die Angst vor einem drohenden Irak-Krieg zu spüren, was sich nicht nur in den Jury-Entscheidungen spiegelt. Kaum eine Pressekonferenz ohne Fragen zur aktuellen politischen Situation: Vor allem die US-amerikanische Prominenz, darunter Gere, Clooney, Hoffman und Spike Lee, nutzte die Berlinale demonstrativ zur Kritik an den Kriegsvorbereitungen von US-Präsident George W. Bush. (dpa/mas)

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