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Filme über das Kriegsende

Jochen Kürten
7. Mai 2015

Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs beginnt das Kino, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Bekannt sind vor allem deutsche und US-Filme. Das historische Ereignis wurde aber auch in anderen Ländern aufgegriffen.

Die Brücke 1959 (Foto: imago/United Archives)
Bild: Imago/United Archives

Fast jede am Zweiten Weltkrieg beteiligte Nation hat ihre eigene Erinnerung an das Ende des Krieges. So steht der 8. Mai, der Tag der deutschen Kapitulation, in anderen Ländern naturgegeben nicht im Mittelpunkt cineastischer Verarbeitung. Der italienische Regisseur Roberto Rossellini dreht bereits 1946 seinen Episodenfilm "Paisà", in dem er eindrucksvoll die Befreiung Italiens von den deutschen Besatzungstruppen schildert.

Trümmer im Kino

Kurze Zeit später reist Rossellini in das von Bomben zerstörte Berlin und erzählt in "Deutschland im Jahre Null" die Geschichte des 12jährigen Edmund, der durch die Stadt streift um sich und seiner Familie das Überleben zu sichern. Doch das ist die Ausnahme. Die meisten Regisseure blicken in ihren Filmen auf das Schicksal ihrer eigenen Landsleute.

Deutschland liegt in Trümmern: Filmregisseure wie Roberto Rossellini nehmen das auf: Deutschland im Jahre NullBild: Koch Media

Der große polnische Regisseur Andrzej Wajda entwirft in vielen seiner Filme ein Panorama Polens in den letzten Kriegsmonaten. In "Der Kanal" nimmt er sich des Warschauer Aufstandes an, in "Landschaft nach der Schlacht" beschäftigt er sich mit den Gefangenen eines Konzentrationslagers, das unmittelbar zuvor von den Alliierten befreit wurde.

Polnische Ansichten

In seinem Meisterwerk "Asche und Diamant" beginnt die Filmhandlung zwar an eben jenem denkwürdigen 8. Mai, doch Wajda nutzt diesen Tag nur als Angelpunkt der Geschichte. Sein Held Maciek, der gerade noch gegen die Deutschen gekämpft hat, setzt den Widerstand nun gegen die kommunistischen Besatzer seiner Heimat fort.

Wendepunkt der Geschichte: "Asche und Diamant" von Andrzej Wajda mit Polens Star Zbigniew CybulskiBild: ARSENAL

In russischen Filmen ist das natürlich kein Thema. Viele sowjetische Filme, die sich mit dem Kriegsende befassen, geraten in den Sog der Propaganda. Das geschieht oft mit erheblichem Aufwand und unter Einbeziehung anderer Filmnationen. 1969 entsteht der fünfteilige Spielfilm "Befreiung", eine monumentale Koproduktion, an der auch Polen, die DDR und Italien beteiligt sind. Der letzte Teil des Epos zeigt den Häuserkampf in Berlin, Hitlers Selbstmord und endet mit dem Hissen der sowjetischen Fahne auf dem Reichstag.

Perspektive Kalter Krieg

Während des Kalten Krieges entstehen aber auch in Hollywood viele Filme, die das Ende des 2. Weltkrieges weniger nüchtern und dokumentarisch schildern, als vielmehr auf ideologische Werte setzen. Auch diese Werke werden oft mit einem Millionenbudget produziert. Schon die Titel deuten an, um was es ihren Machern auch geht: das Geschehen am Kriegsende wird dramaturgisch genutzt, der Spannungsaufbau der Filme auf möglichst große emotionale Wirkung beim Zuschauer fokussiert. Filme über das Ende des 2. Weltkriegs werden mit allen genretypischen Zutaten erzählt.

Kriegsspektakel à la Hollywood: Die Brücke von RemagenBild: picture-alliance/United Archives/IFTN

Titel wie "Entscheidung vor Morgengrauen" (1951), "Vor uns die Hölle" (1959), "Der längste Tag" (1962) oder "Die Die Brücke von Remagen" (1969) schildern mit großem Aufwand die Ereignisse unmittelbar vor, während oder kurz nach Ende des Krieges. Die oft mit Stars gespickten Hollywood-Dramen ziehen die Zuschauer in die Kinos, vor allem natürlich in den USA, aber auch in Europa. Nicht selten steht bei diesen Filmen das Spektakel im Vordergrund - die Unterhaltung triumphiert über historisch korrekte Geschichtsaufarbeitung.

Realistisches Kriegsgemetzel

Blüht das Kriegsfilmgenre in den '50er und '60er Jahren auf, so verebbt das Interesse der Produzenten und auch der Zuschauer später und wird auf der Leinwand von einem anderem Schauplatz abgelöst: Die Verarbeitung des Vietnam-Traumas erscheint vielen US-Regisseuren drängender. 1998 ist es dann niemand geringeres als Steven Spielberg, der mit "Der Soldat James Ryan" das Thema mit aller Macht wieder in die Kinos bringt.

Ankunft in Frankreich - gleich beginnt das große Schlachten in "Der Soldat James Ryan"Bild: Uip

Im Mittelpunkt des Films steht die Landung der Alliierten an der französischen Küste. Selten zuvor hat sich das Medium Kino auf eine derart grausam-realistische Weise mit dem Sturm gegen Hitlers Truppen beschäftigt. Der Zuschauer wird mit allen modernen Mitteln des Kinos geradezu hineingesogen in das Geschehen am Strand der Normandie und erlebt den Tod tausender Soldaten hautnah mit.

Freie Interpretation des Kriegsendes

Eine weitere Variante in Sachen Kriegsfilm steuert dann US-Kultregisseur Quentin Tarantino 11 Jahre später mit "Inglourious Basterds" bei. Seine sehr freie Interpretation der Ereignisse setzt bereits in den ersten Kriegsjahren ein, führt dann aber bis in die Jahre 1944/45. Das Ende ist spektakulär: Ein Kino, in dem Hitler und Goebbels einen Film schauen, wird zum Schauplatz des Geschehens. Hitler wird erschossen, das Filmtheater geht in Flammen auf. Hollywood hat sich damit endgültig frei gemacht von der authentischen historischen Nacherzählung.

Und das deutsche Kino? Da gilt es zu unterscheiden. Der bundesdeutsche Film versucht sich nach dem verlorenen Krieg - wenn er denn nicht gleich im Heimatfilm auf hemmungslosen Eskapismus setzt - mit einer weichgespülten Aufarbeitung. Die Filme, die im anderen Teil Deutschlands gedreht werden, stehen in späteren Jahren oft im Schatten der Propaganda. Doch direkt nach dem Krieg entstehen in der DDR zunächst eine Reihe bemerkenswerter Werke.

Geschichtslektion aus DDR-Perspektive: Die Abenteuer des Werner HoltBild: picture-alliance/United Archives/IFTN

Blick in das KZ-Grauen

Frank Beyers Buchenwald-Film "Nackt unter Wölfen", der in den letzten Tagen vor der Befreiung des Konzentrationslagers spielt, ist der erste deutsche Film, der überhaupt das Thema KZ offen anspricht. Arbeiten wie "Ich war 19" von Konrad Wolff oder "Die Abenteuer des Werner Holt" von Joachim Kunert greifen die Geschehnisse des Kriegsendes auf und betteten sie überzeugend in ein Handlungsgerüst. Es sind Antikriegsfilme, meisterlich in Szene gesetzt und darüberhinaus von einer handwerklichen Perfektion und gedanklichen Tiefe, auf die man im bundesrepublikanischen Kino jener Zeit nur selten trifft.

Eine Ausnahme dort ist Bernhard Wickis Film "Die Brücke" von 1959 (unser Bild oben), in dem der Regisseur den Irrsinn des Krieges wirkungsvoll auf den Punkt bringt: In den allerletzten Kriegstagen wird eine Handvoll heranwachsender Jungen zur Wehrmacht eingezogen und buchstäblich als "Kanonenfutter" verheizt. Doch Filme wie "Die Brücke", die selbstkritisch auf die nationalsozialistische Kriegspolitik blicken, sind die Ausnahme.

Deutschlands erster Nachkriegsfilm "Die Mörder sind unter uns"Bild: picture-alliance/KPA

Gemeinsames Filmerbe

Dabei hat es unmittelbar nach dem 8. Mai 1945 so hoffnungsvoll begonnen: Regisseur Wolfgang Staudte dreht noch als gesamtdeutsches Projekt "Die Mörder sind unter uns". Der Film entsteht wie schon Rossellinis "Deutschland im Jahre Null" in den Trümmern Berlins. Er spiegelt ein realistisches Bild deutscher Befindlichkeiten der damaligen Zeit wider.

In den Jahren, die folgen, ist der Blick west- und ostdeutscher Filmproduzenten häufig geprägt von politischen oder gesellschaftlichen Vorgaben. Erst 1989 soll sich das ändern. Der 8. Mai steht wieder häufiger im Mittepunkt - vor allem auch beim Fernsehen.

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