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Siemens, die Jobs und die Politik

21. November 2017

Siemens plant massive Entlassungen - das hat jetzt auch die Politik erreicht. Während bei Siemens ein Streik droht, wird auch die Reaktion vieler Politiker kritisiert. Aber vielleicht ist ja bald wieder Wahlkampf.

Deutschland Siemens-Beschäftigte demonstrieren in Offenbach
Bild: picture alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Siemens ist wegen seiner Pläne für einen massiven Personalabbau am Dienstag im Bundestag von allen Parteien kritisiert worden. SPD-Chef Martin Schulz nannte die Pläne in einer Aktuellen Stunde im Parlament inakzeptabel, unverantwortlich und gefährlich für den deutschen Wirtschaftsstandort.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, warf Schulz "Siemens-Bashing" vor und äußerte Verständnis für den Schritt. Doch auch sein Fraktionskollege Andreas Lämmel ging mit dem Unternehmen hart ins Gericht. Siemens sei schlecht mit seinen Beschäftigten umgegangen, sagte der CDU-Politiker. Scharfe Kritik kam auch von den anderen Parteien, wobei die FDP und die AfD auch der großen Koalition mit ihrer Energiepolitik eine Mitschuld gaben.

Die Regierung hält sich zurück

Siemens will weltweit 6900 Stellen abbauen, davon die Hälfte in Deutschland, und mehrere Werke schließen. Am stärksten betroffen ist die Kraftwerkssparte, wo allein in Deutschland 2600 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Zwei Standorte in den sächsischen Städten Görlitz und Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden. Einschnitte sind auch in Berlin, Offenbach und Erfurt geplant.

Die von der SPD-Fraktion beantragte Aktuellen Stunde verfolgten auf der Zuschauertribüne des Bundestages auch einige Siemens-Mitarbeiter. Zuvor hatten Schulz und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles vor dem Reichstag Betroffene zu einem Gespräch getroffen. Ein Vertreter der nur noch geschäftsführenden schwarz-roten Bundesregierung griff in die Debatte nicht ein.

"Jobkahlschlag" wegen "Klimaschutzideologie"?

Hauptkritikpunkt an Siemens war bei Rednern verschiedener Parteien, dass der Konzern trotz hoher Gewinne nicht vom massenhaften Arbeitsplatzabbau zurückschrecke. "Wir schmeißen die Leute raus" - das sei für ein verantwortungsbewusstes Management der falsche Weg, sagte Schulz. Es gehe nicht an, dass ein Konzern, der jahrzehntelang direkt und indirekt vom Steuerzahler profitiert habe, seine Beschäftigten für Managementfehler bluten lasse.

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer forderte Siemens auf, Zusagen an die Beschäftigten einhalten, sozialverträglich vorzugehen und so viele Standorte wie möglich zu erhalten. Thorsten Herbst von der FDP nannte die Siemens-Entscheidung nicht nachvollziehbar.

Der Linken-Politiker Klaus Ernst forderte, Konzernen mit Riesen-Gewinnen Massenentlassungen gesetzlich zu erschweren und zu verbieten. Stephan Kühn von den Grünen sprach von einem "Job-Kahlschlag" in Ostdeutschland.

Der AfD-Politiker Tino Chrupalla machte maßgeblich die "Klimaschutzideologie", der sich vor allem die SPD und die Grünen verschrieben hätten, für den Personalabbau bei Siemens verantwortlich.

Auch im hessischen Offenbach war es nach Bekanntwerden der Entlassungen zu Protesten gekommen.Bild: picture alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Ruf nach der Kanzlerin

In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt protestierten am Dienstag Siemens-Mitarbeiter mit einem Schweigemarsch gegen den angekündigten Stellenabbau. Rund 1200 Menschen zogen laut Veranstalter vom Generatorenwerk in die Innenstadt. An der Demonstration nahm unter anderem auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) teil. "Es kann nicht sein, dass die Neuausrichtung des Konzerns vor allem auf dem Rücken Ostdeutschlands ausgetragen wird", sagte er.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, für die ostdeutschen Interessen einzustehen. "Merkel darf der Schwächung der ostdeutschen Wirtschaft nicht weiter untätig zusehen", sagte er. 

Die Gewerkschaft droht mit Streik

Unterdessen verwies ein Siemens-Sprecher auf Aussagen aus dem Kanzleramt vom Montag. Merkels Sprecher hatte erklärt, die Bundesregierung gehe davon aus, dass sich die Unternehmensführung nun um faire Regelungen für die betroffenen Standorte kümmere. Der Siemens-Sprecher sagte, das Unternehmen habe einen "fairen und offenen Dialog" zugesagt und die Arbeitnehmervertreter zu Gesprächen eingeladen. Diese seien bedauerlicherweise nicht gesprächsbereit.

Die für sie entscheidende Frage haben die Metaller schon bei der Jahrespressekonferenz von Siemens gestellt.Bild: Imago/DeFodi

Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn hatte gesagt, die Ankündigung des Vorstands sei "keine Basis für Verhandlungen". Ähnlich formulierte es IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner: "Wir werden dann mit der Siemens-Führung über die Schließungspläne verhandeln, wenn diese zurückgenommen werden. Vorher gibt es nichts zu besprechen." Als letztes Mittel schloss Kerner auch Streiks nicht aus, um den Konzern zum Einlenken zu bewegen.

In Berlin, Görlitz, Leipzig und an anderen Standorten protestieren Beschäftigte und Politiker seit Tagen gegen die Streichungspläne. Die IG Metall drohte mit Streik. Für Donnerstag rief die Gewerkschaft zu einer Kundgebung in Berlin auf, zu der sie 2500 Teilnehmer erwartet. Reden will dort auch SPD-Chef Schulz.

dk/uh (rtr, dpa, afp)

 

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