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Sierens China: Das runde Gold

Frank Sieren22. Juli 2015

Der FC Bayern München hat eine Marketingoffensive in China gestartet. Das war überfällig. Denn die Bayern reisen den Engländern und Spaniern mit großem Abstand hinterher, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

Manuel Neuer bei Fans im Stadion in Peking (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Bild: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

So weit sind wir schon: Die chinesischen Fans bestimmen, wann die Deutschen ins Stadion dürfen. Anpfiff ab 14 Uhr ist in England, Spanien und Frankreich längst Routine. So können die Spiele abends zur Primetime live in China ausgestrahlt werden. Deutschland ist das nächste Fußball-Land, das sich anpassen muss. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) will ab der Saison 2016/17 fünf Spiele sonntags laufen lassen und sogar schon um 13.30 Uhr anpfeifen. Die deutschen Fans sind empört. Asien ist jedoch zu wichtig, als dass die DFL noch mit sich reden ließe. Es geht um viel Geld. Und die Bundesliga ist im Vergleich zu den englischen und spanischen Ligen ins Hintertreffen geraten. Das hat jetzt endlich auch der FC Bayern München erkannt und sich auf nach China gemacht.

Den Spielern wurde am vergangenen Freitag ein königlicher Empfang im Pekinger Flughafen bereitet: Über 1000 chinesische Fans stimmten deutsche Fan-Hymnen an. Peking war die erste Station auf der nur einwöchigen Tour durch China gemeinsam mit ihrem Sponsor Audi, dem deutschen Premiumhersteller, der die meisten Autos in China verkauft. Von ihrem Sponsor können die Bayern viel lernen. Denn ihre Tour ist der Auftakt einer Marketingoffensive. In drei Städten spielen die Bayern während ihrer Reise gegen drei Teams: in Peking gegen den FC Valencia, in Shanghai gegen Inter Mailand und in Guangzhou gegen den chinesischen Meister Guangzhou Evergrande - ein enger Zeitplan für die Bayern.

Künftig auch Büro in China?

Sie sollten sich eigentlich mehr Zeit nehmen für - nach Schätzungen des FC Bayerns - 90 Millionen chinesische Bayern-Fans, mehr als Deutschland Einwohner hat. Da nicht alle Autogramme bekommen können, haben die Bayern eine neue chinesische Webseite, eine neue App und Auftritte in Chinas wichtigsten sozialen Netzwerken, in denen Bayern allerdings erst fünf Millionen Fans folgen. Nach einem neuen Büro in New York ist jetzt auch eines in China im Gespräch. Erstaunlich ist, dass die Marketing-Abteilung des Vereins diesen Markt nicht schon früher erschlossen hat. Sind die deutschen Firmen doch Spitze unter den Europäern im chinesischen Markt.

DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Selbst Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hat bereits vor zwei Monaten festgestellt, dass sein Verein international gesehen ganz spät dran ist. Er war eigens nach Hangzhou gereist, um die Eröffnung des ersten chinesischen Online-Fanshops zu feiern, auf dem Chinesen nun Fanartikel ihrer Helden kaufen können. Dort können sie sicher sein, dass ihnen keine Raubkopien verkauft werden. Der Markt ist groß. Das Eröffnungsspiel der WM im vergangenen Sommer haben Millionen Chinesen geschaut, obwohl es um vier Uhr morgens lief. Und die Einschaltquoten ließen bis zum Finale nicht nach. Dass Deutschland Erster wurde, hat deutsche Spieler wie Thomas Müller und Philipp Lahm noch populärer werden lassen. Das wollen die Bundesligavereine jetzt ausnutzen. Während der BVB Dortmund vor kurzem nach Japan, Singapur und Malaysia reiste, konzentrieren sich die Bayern auf China.

Engländer und Spanier schon gut etabliert

Wie man das macht, können die Deutschen von den Engländern und Spaniern lernen. Besonders die englische Premier League ist ein chinesischer Kassenschlager. Internationale Fernsehrechte bringen 2016/17 um die 860 Millionen Euro ein, ein Großteil davon durch Ausstrahlungen auf dem asiatischen Markt. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) rechnet für diesen Zeitraum mit höchstens 162 Millionen Euro. Während der FC Bayern derzeit mit fixen TV-Einnahmen von 38 Millionen Euro rechnet, nimmt künftig selbst der Letzte der englischen Liga mehr als 130 Millionen ein. Damit können die Engländer auch mehr international investieren. Es besteht also durchaus die Gefahr, dass der Abstand zu Deutschland noch größer wird. Dabei haben die Deutschen in China das beste Image unter den europäischen Nationen.

Nicht nur die Senderechte bringen Geld, einzelne Mannschaften sind schon seit den neunziger Jahren immer wieder auf Tour durch China und wissen genau, wie sie sich vermarkten. In China hat Manchester United lange auf David Beckhams Ruhm gesetzt. Passende Trikots verkaufte der englische Club damals in Singapur. Inzwischen haben sie auch Fanartikel-Läden in China. Online ist United den Bayern um ganze vier Jahre voraus. Darüber hinaus betreibt Manchester mehrere Fußballschulen in Peking und Schanghai. Denn einen großen Schub bekommt der chinesische Markt für den europäischen Club, der den ersten chinesischen Spitzenspieler in der Mannschaft hat.

Mehr Chinesen können deutschen Fußball schauen

Auch der spanische Spitzenverein Real Madrid macht den Bayern vor, wie das Chinageschäft funktioniert. 2005 half er der Finanzgruppe Citic bei der Finanzierung des Pekinger Clubs Guoan. Im Gegenzug verpflichtete die Citic-Gruppe sich, Real Madrid beim Marketing in China unter die Arme zu greifen. Es scheint ein guter Deal für beide Seiten gewesen zu sein: Guoan gilt mittlerweile nach Guangzhou Evergrande als zweitbeste Mannschaft des Landes. Und Real ist die Mannschaft, die gemeinsam mit Manchester am meisten in China umsetzt.

Immerhin hat die DFL Anfang des Jahres die Übertragungsrechte wieder an den öffentlichen Staatssender China Central Television anstatt an einen PayTV Sender wie in anderen Teilen Asiens verkauft. Die Zusammenarbeit mit CCTV wurde ausgeweitet. Die Bayern haben sogar einen eigenen Vertrag mit CCTV 5 geschlossen. Nun erreicht die Bundesliga noch mehr Chinesen. Und damit geht es jetzt mehr denn je um die Frage, wann die Spiele generell beginnen. Das entscheiden schon heute die chinesischen Fans mit ihren Einschaltquoten. Die deutschen Fans werden nicht gefragt.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.

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