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Sierens China: Der große Punch nach vorn

Frank Sieren22. Mai 2015

Eine neue Generation von Box-Stars macht den Sport in China immer populärer. Von dem Hype profitieren auch die internationalen Verbände, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

Der chinesische Boxer Zou Shiming Foto: imago
Bild: imago/Imaginechina

Die meisten kennen ihn bloß flüchtig als schlagkräftigen Gentleman aus dem Blockbuster Transformers 4, der mit einem Kurzauftritt für ein paar Sekunden einer der Hauptdarstellerinnen vor einem Fahrstuhl in Hongkong den Rücken freihält. Ansonsten dürfte der 33-jährige Zou Shiming (im Bild oben) außerhalb Chinas noch relativ unbekannt sein. Innerhalb Chinas hingegen ist er ein Star. 2005 gewann er als erster chinesischer Boxer aller Zeiten den Amateur-Weltmeistertitel. Zwar im Fliegengewicht (bis 48 Kilogramm), was im Westen wenig Interesse hervorruft - verglichen mit dem dort beliebten Schwergewichtsboxen - in Asien ist das Fliegen- und Leichtgewicht allerdings die beliebteste Form des Sports.

2007 gewann Zou die Weltmeisterschaft erneut und qualifizierte sich so für die Olympischen Spiele 2008 in Peking, bei denen er auch wieder Geschichte schrieb und die erste Boxer-Goldmedaille überhaupt nach China holte. Im April 2013 hatte Zou dann sein Debüt als Profiboxer im internationalen Boxverband. Schon ein Jahr später, im Juli 2014, sicherte er sich daraufhin den Profi-Weltmeistertitel. Bisher hat Zou sieben Verbandskämpfe bestritten und sechs davon gewonnen, davon einen durch KO. Für den milliardenschweren internationalen Box-Zirkus ist Zou dabei von ganz besonderer Bedeutung. Er ist zwar ein neues Gesicht in der Szene, aber erreicht schon jetzt Zuschauerzahlen von rund 350 Millionen pro Kampf.

Potenziell rekordverdächtige Werbeeinnahmen

Den Box-Verbänden ist deshalb natürlich klar: Gelingt es ihnen, ähnliche chinesische Talente wie Zou aufzubauen und zu vermarkten, werden TV- und Werbeeinnahmen alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Wie gut die Vermarktung chinesischer Sportler funktioniert, sieht man in vielen Sportarten - auch in der Fußball-Bundesliga. Seit sich der VFL Wolfsburg in der Winterpause mit Mittelfeldmann Zhang Xizhe verstärkt hat, schalten auch in der Volksrepublik immer mehr Fans den Fernseher ein, wenn die Werkself in Deutschland kickt. Und auch die Trikotverkäufe in China ziehen für die Wolfsburger an.

Doch Talente, die auf Weltniveau mithalten können, wollen auch im Riesenreich erstmal gefunden werden. Das gilt für Fußball genau wie für Boxen. Der philippinische Box-Weltstar Manny Pacquiao hofft dabei, dass er die Talente nicht erst suchen muss, sondern sie schon zu ihm kommen werden. Zu diesem Zweck will Manny nun eine Kette von Boxschulen in China eröffnen. Die erste Filiale der "Manny Pacquiao Box-Erziehungsanstalt" soll Mitte 2015 in Peking starten. Der US-Box-Promoter Golden Boy setzt dagegen alles auf einen Quereinsteiger und nahm im vergangenen Jahr den Chinesen Dong Taishan unter Vertrag, eines der in der Volksrepublik raren Schwergewichts-Talente.

DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Künftiger Boxstar: "Die große Mauer"

Der 2,13-Meter-Hüne - selbst für ein Schwergewicht eine enorme Größe - fand über den Umweg vom Basketball zum Wrestling, Kung Fu und Kickboxen schließlich zum Boxen. Und der Start als Profi bei Golden Boy in Los Angeles verlief für "Die große Mauer" schon mal vielversprechend. Dong gewann seine ersten drei Kämpfe ohne Probleme und wird nun schon als Kandidat für einen Titelkampf ins Spiel gebracht. Bevor es soweit ist, wird er sich aber sicher noch das ein oder andere Mal profilieren müssen. Und bis dahin bleibt Leichtgewicht Zou der unangefochtene Star an Chinas Box-Himmel.

Was die Einkünfte angeht, ist er das ohnehin. Auch US-Boxlegende Floyd Mayweather, der mit einem Jahreseinkommen von 78 Millionen US-Dollar bislang bestbezahlte Boxer der Welt, wird sich bald wohl nach einem neuen Spitznamen umsehen müssen. Denn mit dem Namen "Money" wird man bald nur noch Zou in Verbindung bringen: Einnahmen von 110 Millionen Dollar werden ihm für 2015 prognostiziert.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.

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