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Politik

Sierens China: Kuscheln auf philippinisch

Frank Sieren
20. Oktober 2016

Bei seiner ersten Reise nach Peking geht es dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte nicht um Weltpolitik, sondern um die Lebensqualität seines Volkes. Deshalb kommt er direkt zur Sache, meint Frank Sieren.

China Peking Staatsbesuch Duterte Philippinen
Bild: picture-alliance/AP Photo/Ng Han Guan

Fuhren neu gewählte Präsidenten aus den Philippinen in der Vergangenheit meist zuerst in die USA, um sich dort ihrem Verbündeten gefällig zu zeigen, macht es der neue philippinische Präsident Rodrigo Duterte anders. Er fährt zuerst nach China, in das Land, mit dem Manila seit Jahren in einem erbitterten Streit steht. Seit Dienstag weilt Duterte auf Einladung von Chinas Staats- und Parteichefs Xi Jinping im Reich der Mitte. Noch nie hat eine Reise eines philippinischen Präsidenten weltweit so viel Aufsehen erregt. Kein Wunder - denn so wie es aussieht, wird bei dieser Reise das Kriegsbeil zwischen Manila und Peking begraben und damit einer der großen Konfliktherde Asiens merklich abgekühlt.

Der große Verlierer sind die USA, für die die Philippinen bisher ein strategischer Alliierter waren. Bereits in den vergangenen Wochen hatte Duterte Washington immer wieder zum Teil unflätig angegriffen und den US-Präsidenten Obama als "Hurensohn" bezeichnet. Im Rahmen seines Besuchs verkündete er nun offiziell den Bruch seines Landes mit dem langjährigen Partner USA: "Ich werde nicht mehr nach Amerika reisen. Wir werden dort nur beleidigt", sagte der 70-Jährige. Deshalb sei es Zeit für einen Abschied. Dass Duterte bald zurückrudert, ist nicht zu erwarten, auch wenn der Mann als aufbrausend und wechselhaft gilt. Eigentlich wäre es taktisch klüger gewesen sowohl mit den USA als auch den Chinesen gleichzeitig zu verhandeln, um so den besten Deal für sein Land herauszuholen.

Ziel: Ausbau der philippinischen Infrastruktur

Aber Duterte ist offensichtlich zu der Überzeugung gelangt, dass es für ihn und sein Land besser ist, nicht lange herumzutaktieren, sondern sofort auf den Punkt zu kommen: Infrastruktur für sein Land. Und dafür lässt er die Chinesen mit den umstrittenen Inseln in Ruhe. Dazu gehört für Peking auch, dass Manila mit dem von Dutertes Vorgänger Benigno Aquino III. errungenen Sieg in einem Rechtsstreit vor einem Schiedsgericht in Den Haag keine Politik mehr macht. Mit Unterstützung von Washington hatte Manila 2013 eine Klage gegen die Gebietsgewinne Chinas im Südchinesischen Meer eingereicht und im Juli dieses Jahres in Den Haag Recht bekommen. Doch das interessierte Duterte schon lange nicht mehr. Er hatte sich bereits entschieden.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit mehr als 20 Jahren in PekingBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Er will keine Außenpolitik machen und schon gar keine Weltpolitik. Er spricht auch nicht die Sprache der Außenpolitiker, sondern die Sprache, die sein Volk versteht. Klar, einfach, zu weilen derb. Duterte will sein Volk mit Taten überzeugen. Und neben Sicherheit ist Wirtschaftswachstum das wichtigste Argument, mit dem Duterte sich zu Hause Freunde macht, egal ob Obama verstimmt ist oder nicht. Deshalb hat er 250 Unternehmer und Manager nach Peking mitgenommen, um so schnell wie möglich ausloten zu können, wo Peking und Manila zusammen etwas aufbauen können.

Finanzhilfen von Entwicklungsbank

Duterte hat klare Vorstellungen: Für seine Heimat, die Provinz Mindanao, wünscht er sich, dass Peking dort ein Eisenbahnnetz baut, sowie eine Zugstrecke von Mindanao bis in die Hauptstadt Manila. Allein das philippinische Verkehrsministerium hat Bahnprojekte in der Pipeline im Umfang von 20 Millionen Dollar. Allerdings fehlt es an Geld und guten Bauunternehmen. Zudem möchte Duterte vor allem aus dem sogenannten „One Belt, One Road"–Topf Chinas Investitionsgelder schöpfen. China möchte eine moderne Version der ehemaligen Handelswege entlang der Seidenstraße und will bis Ende des Jahres durch seine Asian Infrastructure and Investment Bank (AIIB) 1,2 Milliarden US-Dollar für Projekte investieren.

Aus diesem Grund möchte Duterte auch Mitglied bei der jüngst von Peking gegründeten Entwicklungsbank AIIB werden, um die Infrastrukturfördergelder für sein Land zu bekommen. Washington hatte die Bank lange bekämpft, konnte sich aber nicht durchsetzen. 57 Länder gehörten im vergangenen Jahr zu den Gründungsmitgliedern der AIIB. Dutertes Handelsminister Ramon Lopez erwartet, dass die Reise seines 71-jährigen Präsidenten drei Milliarden US-Dollar an Krediten und Subventionen für den Inselstaat einbringen. Das ist viel Geld für die Philippinen, in denen über ein Viertel der 100 Millionen Einwohner unter der Armutsgrenze lebt. In China sind es bei 1,4 Milliarden Menschen nur 70 Millionen.

Ausbau der Handelsbeziehungen

Auch der Handel soll ausgebaut werden. China ist seit vergangenem Jahr der zweitgrößte Handelspartner der Philippinen. Peking will auf Platz eins. Und Manila hat nichts dagegen. Allerdings muss sich erst einmal zeigen, ob die Freundschaft zwischen dem impulsiven philippinischen Präsidenten und der eher bedächtigen zurückhaltenden Politikerkaste in Peking bestand hat. Der Testfall tritt ein, wenn Duterte mal nicht sofort das bekommt, was er sich wünscht. Denn Geduld ist seine Sache nicht. Hoffentlich reagiert er dann nicht wie ein Kind, das sein Spielzeug will und nicht bekommt.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit mehr als 20 Jahren in Peking.

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