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Sierens China: Schwierige Reform

Frank Sieren16. September 2015

Trotz der gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme sollen Pekings Staatskonzerne abspecken. Das wird nicht einfach, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

Skyline von Shanghai (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Song

Mehr als hundert Staatskonzerne will sich die chinesische Regierung nun vorknöpfen, um sie effizienter zu machen. "Die Verlustbringer sollen schlagkräftiger werden", so Zhang Xiwu, der Vizechef der zuständigen Aufsichtsbehörde SASAC. Doch selbst er räumt ein, dass es mit der Umsetzung nicht so einfach sein wird. Denn der Staat ist noch immer treibende Kraft der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. Ein Drittel des Wirtschaftswachstums in der ersten Hälfte dieses Jahres machen alleine dessen Investitionen aus. Und die werden über Staatsfirmen abgewickelt, die ohne die Staatsaufträge längst pleite wären.

Die Frage ist nun: Wie saniert man die, ohne dass Chinas Wachstum noch zusätzlich unter Druck gerät. Einerseits eine fast unlösbare Aufgabe. Anderseits ist jetzt der Zeitpunkt günstig, Druck auf die Unternehmen auszuüben. Nach dem Motto: Sorry, nicht alle werden die schwierigen Zeiten überleben in einer Zeit, in der Chinas Konjunktur immer mehr an Fahrt verliert, und die Anleger an den Börsen in Shanghai und Shenzhen stark verunsichert sind. Die ursprüngliche Idee, die Staatsbetriebe an die Börse zu bringen und damit Kapital für die Sanierung zu generieren, kann jedenfalls erst einmal als gescheitert angesehen werden.

Lähmung durch Antikorruptionskampagne

Die wichtigste Maßnahme nun: Erst einmal so wenig Geld wie möglich ausgeben. Budgets von knapp einer Billion Yuan (umgerechnet 139 Milliarden Euro) ließ Peking insgesamt festfrieren. Das Geld parkte bereits in den Provinzen für Großprojekte. Aber aufgrund der unter Staats- und Parteichef Xi Jinping durchgezogenen Antikorruptionskampagne trauten sich viele Lokalkader nicht mehr, durch Megaprojekte Pekings Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie wollten warten, bis die Antikorruptionskampagne erlahmt. Allein im vergangenen Jahr haben Provinzen 3,8 Billionen Yuan (526 Milliarden Euro) an staatlich zugesicherten Projektgeldern aus Angst vor Peking nicht ausgegeben. Dieses Jahr waren es 139 Milliarden Euro. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen, denn das Geld wird nun auf dringendere Projekte in anderen Teilen des Landes umverteilt.

Diejenigen, die wegen der Verzögerung der Projekte befürchten, dass dadurch die Konjunktur noch weiter abkühlen könnte, bekommen zur Antwort, dass es gerademal sechs Prozent des Jahresetats für Investitionen aus Peking sind. Das bedeutet aber wiederum: Die Maßnahmen der Regierung gegen die Verschleuderung von Staatsgeldern sind nicht so umfassend, wie es auf den ersten Blick aussieht. Eines ist jedoch offensichtlich: Der Mittelstand und der Privatsektor im Allgemeinen sind in China noch nicht stark genug, um die Einbrüche in den Staatsunternehmen aufzufangen. Die Zeche landet in jedem Fall am Ende in Peking. Peking kann sich das noch leisten, solange es nicht gezwungen ist, sich deswegen im Ausland zu verschulden. Dann wird es wirklich ernst.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.

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