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Seidenstraßen-Promotour

Frank Sieren22. Juni 2016

Wenn Chinas Präsident durch Zentralasien und Osteuropa reist, versucht er, sein Projekt "Neue Seidenstraße" nach vorn zu bringen – und das in großen Schritten, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

Seidenstraße China von Alar bis Khotan
Bild: picture-alliance/dpa

Vor allem bei kleinen Ländern achtet Staats- und Parteichef Xi Jinping darauf, dass diese Länder "Gesicht bekommen“"– sich also besonders gewertschätzt fühlen. Deswegen klingt die Rede Xis am Dienstag auf dem Flughafen von Tashkent, kurz nachdem er auf seiner letzten von drei Stationen seiner Reise durch Zentralasien und Osteuropa gelandet ist, besonders bedeutungsschwanger. Diesmal geht es um Usbekistan. Dass das Land nun nicht gerade zu den wichtigsten außenpolitischen Partnern Chinas gehört, klingt mit keinem Ton durch. Im Gegenteil. Xi hofiert seine Gastgeber: China und Usbekistan blickten auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück, so Xi. Vor mehr als zweitausend Jahren hätten sie gemeinsam die damalige Seidenstraße eröffnet.

Wenn es nach Xi ginge, würden die beiden Länder die Geschichte wiederholen und seine Vision einer "Neuen Seidenstraße" quer durch Zentralasien bis nach Osteuropa aufleben lassen. Dafür ist Chinas Präsident vergangene Woche zu einer Promotour nach Serbien, Polen und jetzt schließlich Usbekistan aufgebrochen. Vier Tage bleibt er. Vordergründig, um am 16. Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, kurz SOZ, teilzunehmen. Doch ist Xi vor allem in Zentralasien unterwegs, um sein Seidenstraßen-Projekt nach vorn zu bringen. In Tashkent ist man stolz auf den hohen Besuch aber auch darauf bedacht, nicht von Peking überrollt zu werden. Immerhin gehörte Usbekistan zu den ersten Ländern, die Xis Seidenstraßen-Projekt öffentlich unterstützten. Und das SOZ ist eine gute Plattform für das Thema, werden sich bei dem diesjährigen Treffen doch die meisten Länder als Dialogpartner oder Beobachter in der Stadt tummeln, die es entlang der ehemaligen Seiden-Handelsstraße gibt.

Ziel: Gegenseitiges Vertrauen aufbauen

Fest eingeplant ist bereits ein trilaterales Treffen mit Russland und der Mongolei. Auch bei den anderen Treffen ist Xis Ziel, das gegenseitige Vertrauen aufzubauen, was für den Riesen China im Umgang mit den vielen kleineren Ländern keine leichte Aufgabe ist. Wie führt man, ohne zu überrollen? Das ist die entscheidende Frage, die Peking sich stellen muss. Im Gepäck hat Xi auf seinen Reisen attraktive Investitionspläne für die Gastgeber. In Serbien besichtigte er etwa eine Stahlfabrik, die für über 51 Millionen Dollar von der chinesischen Hebei Iron and Steel Group aufgekauft wurde. Wann immer es um die „Neue Seidenstraße“ geht, kann sich das betreffende Land auf Investitionen in die Infrastruktur aus Peking einstellen. In Serbien wurden dazu mehr als zwanzig Verträge unterzeichnet.

DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Polen, wo Xi zu Beginn der Woche war, ist für China schon jetzt der wichtigste Exportpartner Osteuropas. 2015 erreichte der Handel über eine der längsten Zugverbindungen der Welt – zwischen Chengdu und dem polnischen Lodz – 17 Milliarden Dollar. Auch in den Bereichen Kommunikation, Handel, Finanzen und Landwirtschaft soll die gute Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden. Dazu sagte Xi Jinping passend, dass China und Polen das gegenseitige politische Vertrauen nachhaltig in pragmatische Kooperationsergebnisse umwandeln sollten. Und sein polnischer Amtskollege Andrzej Duda erklärte daraufhin gleich, dass Polen für die Volksrepublik als Fenster nach Europa diene.

Milliardeninvestitionen in "Neue Seidenstraße"

Auch für Usbekistan hat sich die Hinwendung zu China schon ausgezahlt. In den vergangenen drei Jahren stand China auf Platz eins der Investoren in dem 31-Millionen-Einwohner-Land. Über 600 chinesische Firmen sind im Land tätig. Insgesamt belaufen sich die Investitionen auf über 6,5 Milliarden US-Dollar. In den Gesprächen diesmal soll es unter anderem um eine Erdgas-Pipeline zwischen Zentralasien und China gehen. Genau rechtzeitig zum Staatsbesuch ist vor etwa vier Wochen mit nur 20 Kilometer Länge der längste Zugtunnel Zentralasiens fertig geworden – gebaut von einem chinesischen Unternehmen und nach drei Jahren Bauzeit etwa drei Monate früher fertig als geplant.

Kaum einer baut noch so schnell wie die Chinesen. Und das schafft Vertrauen und sorgt vor allem langfristig für mehr Aufträge für Chinas Firmen. Der Qamchiq-Tunnel ist Teil des neuen Schienennetzes, das auch für die Transporte auf der „Neuen Seidenstraße“ genutzt werden soll. Langsamer, als er will, aber stetig kommt Xi voran. Den Serben schmeichelt er, sie seien ein „Meilenstein für die Seidenstraße“. In Polen eröffnet er einen „Schlüsselbahnhof“. Und Usbekistan ist ein „alter Seidenstraßenpartner.“ Keine Formulierung kommt doppelt vor. Damit versucht er, die Einzigartigkeit dieser Verbindungen in den Mittelpunkt zu stellen. Das schmeichelt den dortigen Politikern. Aber am Ende werden Xi und seine Counterparts daran gemessen, inwieweit die Projekte die Lebensqualität der Menschen in den jeweiligen Ländern verbessern. Durchfahrende Züge reichen nicht. Selbst, wenn sie durch einen neuen Bahnhof fahren.

Unser Kolumnist Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.