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Politik

Wie geht die koreanische Seifenoper weiter?

Frank Sieren
14. März 2018

Ein Treffen von Kim Jong Un und Donald Trump könnte Nordkoreas Abrüstung möglich machen - oder den Koreakonflikt noch chaotischer machen. Deswegen steht besonders für Peking viel auf dem Spiel, meint Frank Sieren.

Südkorea Lautsprecher Propaganda
Südkoreanische Propagandalautsprecher an der Grenze zu NordkoreaBild: Getty Images/Chung Sung-Jun

Nun, da Donald Trump seinen Außenminister Rex Tillerson entlassen hat, wird noch deutlicher, dass es ein Alleingang des US-Präsidenten ist: Er will sich mit Kim Jong Un treffen. Das hat er spontan nach einem Gespräch mit dem südkoreanischen Sicherheitsberater Chung Eui-yong beschlossen. Der ist die bisher einzige Quelle, die besagt, dass Kim Trump überhaupt treffen will. Kim selbst oder seine Sprecher haben sich bisher nicht dazu geäußert.

Doch Trump hat es offensichtlich eilig im Spiel zu bleiben, nachdem Südkorea und Nordkorea es geschafft haben, sich gegen den Willen Washingtons anzunähern. So eilig, dass er nicht einmal auf eine Bestätigung der Gesprächsbereitschaft oder gar eine Einladung warten wollte. "Es kam dann doch etwas überraschend, dass sich Kim Jong Un in den Gesprächen mit der Delegation aus Südkorea so vorwärts gerichtet präsentierte", erklärte Rex Tillerson vor wenigen Tagen noch skeptisch. Doch Tillerson ist nun weg.

Die USA wollen die Konditionen eines Friedens bestimmen

War das Ganze vielleicht doch nur eine sehr großzügige Interpretation des Südkoreaners, um die Annäherung  zu beschleunigen? Vergessen scheint jedenfalls, dass sich die beiden Staatsführer in den vergangenen Monaten wahlweise als selbstmörderischer Raketenmann oder geisteskranker US-Greis beschimpft und mit nuklearer Auslöschung bedroht haben. Bereits als sich die Entspannung während der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang im Februar anbahnte, kam weder Gratulation noch Ermutigung aus Washington. Denn klar ist: Die USA wollen keine friedliche Lösung zwischen Süd- und Nordkorea, bei der nicht sie die Konditionen bestimmen können. Doch das geht nur, wenn Trump jetzt dazwischengrätscht - koste es politisch, was es wolle.

DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Was könnte Kim zum Einlenken gebracht haben? Trump will seine Wählern nun glauben machen, es seien seine Sanktionen gewesen die den jungen, in der Schweiz ausgebildeten Diktator schließlich zum Einknicken gebracht hätten. Das lässt sich weder belegen noch dementieren. Die USA hätten im Konflikt mit Nordkorea "große Stärke" gezeigt, erklärte Trump vor Anhängern im US-Bundesstaat Pennsylvania. Seine Wortwahl zeigte aber auch, dass er nicht recht weiß, was er von Kims Kehrtwende halten soll: "Ich denke, sie wollen Frieden machen. Ich denke, es wird Zeit."

Dabei ist Nordkorea längst nicht so instabil, wie Trump glaubt. Unter dem Radar wird das Land ausreichend versorgt, zumindest so ausreichend, dass es nicht zusammenbricht - woran vor allem China kein Interesse hat. Russland und Japan aber auch nicht. Denn noch wichtiger als Nordkoreas nukleare Entwaffnung ist für Peking die Stabilität auf der benachbarten Halbinsel, vor allem weil US-Truppen im Falle einer erfolgreichen Invasion bis an die chinesische Grenze vorrücken könnten. Aber auch Flüchtlingsströme, Bürgerkriegszustände und in falsche Hände geratene Nukleartechnik sind Horrorszenarien. Deswegen ist Peking besorgt über den Alleingang Trumps, der ganz andere Interessen hat.

Peking und Pjöngjang sind sich näher als Peking und Washington

Auch wenn China die vom UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea verhängten Sanktionen mitträgt, sind sich Peking und Pjöngjang noch immer näher als Peking und Washington. China ist für Nordkorea im Zweifel noch immer der verlässlichere Partner. Peking kann zudem Nordkorea am besten helfen, sich wirtschaftlich zu öffnen. Was es einfacher macht: Nordkorea, das bis unter die Grasnarbe voll mit Bodenschätzen ist, kann sofort bezahlen.

Für Peking bleibt der Nordkorea-Konflikt deshalb in erster Linie ein amerikanisches Problem. "Wir rufen die Parteien auf, vor allem die Vereinigten Staaten und die Demokratische Volksrepublik Korea, eher früher als später einen Dialog aufzunehmen", insistierte Chinas Außenminister Wang Yi am vergangenen Donnerstag in Peking. Doch diese Art des Sponti-Dialogs, die Trump gerade auf den Weg bringt, schätzt Peking nicht. Allerdings ist es ja gar nicht sicher, ob das Treffen im Mai überhaupt zustande kommt.

Washington fordert nach wie vor die totale Denuklearisierung Nordkoreas. Kim Jong Un will sich dagegen nicht vorab maßregeln lassen, sondern den USA auf Augenhöhe begegnen. Sollte es tatsächlich ein Treffen geben,  stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich die beiden egomanischen Showmänner nicht etwa unter den Augen der Weltöffentlichkeit versöhnen, sondern ungebremst aufeinander prallen.

Wird Kim durch ein Treffen mit Trump aufgewertet

"Das ist kein Reality-TV-Event", kritisierte Bill Richardson, ehemaliger US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Es gehe hier um Verhandlungen mit einem "unberechenbaren Führer", der mit Atomwaffen drohe. Auch sonst mehren sich die Stimmen in den USA, dass man den autoritären Machthaber Kim mit bilateralen Verhandlungen unnötig zum weltpolitischen Schwergewicht aufwerte.

In China setzt man die Hoffnung nun zuallererst auf den Gipfel zwischen Kim Jong Un und dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In, der bereits im April, also noch vor einem möglichen Treffen Kims mit Trump, stattfinden soll. Am liebsten wäre Peking natürlich, die USA würden sich erst einmal raushalten und die beiden koreanischen Nachbarn langsam Vertrauen fassen lassen. Trump scheint unterdessen die Chance zu wittern, sich als neuer Annäherungspolitiker à la Nixon zu inszenieren. Ein weiterer Cliffhanger in einer Seifenoper, deren Zuspitzung vor allem Peking mit aller Kraft vermeiden möchte.

Unser Kolumnist Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.

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